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Würzburg
Erotische Fotos auf dem Handy: Warum sich Jugendliche mit Sexting häufig strafbar machen
Der Austausch von Nachrichten und Fotos mit sexuellem Inhalt unter Jugendlichen ist erlaubt - das Verbreiten nicht. Ein Würzburger Sexualpädagoge erklärt, wo die Grenze ist.
Ein erotisches Foto für Freund und Freundin? Der Austausch auf dem Handy ist erst unter Jugendlichen erlaubt und ausschließlich zum persönlichen Gebrauch und mit Einwilligung der dargestellten Person. 
Foto: Julian Stratenschulte, dpa | Ein erotisches Foto für Freund und Freundin? Der Austausch auf dem Handy ist erst unter Jugendlichen erlaubt und ausschließlich zum persönlichen Gebrauch und mit Einwilligung der dargestellten Person. 
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 01.09.2024 02:35 Uhr

Nacktbilder der Freundin auf dem Handy: Das ist unter Jugendlichen nicht strafbar, wenn die Fotos ausschließlich zur persönlichen Verwendung und mit Einwilligung der dargestellten Person gemacht wurden. Die Verbreitung dieser Fotos ist dagegen strafbar. Ist die Freundin noch keine 14 Jahre alt, dann fällt die Verbreitung unter den juristischen Begriff "Kinderpornografie" - und dann ist auch der Besitz strafbar.

Jugendliche sind sich dessen häufig nicht bewusst, ist die Erfahrung von Hans-Peter Breuner von der Würzburger Fachberatungsstelle von pro familia.

Der Gender- und Sexualpädagoge geht häufig an Schulen: Er informiert Jugendliche über das sogenannte Sexting, den Austausch von Nachrichten und Fotos mit sexuellem Inhalt, und über Cyber-Grooming, das gezielte Ansprechen von Minderjährigen übers Internet, um sexuellen Kontakte anzubahnen. Auch über die Strafbarkeit der fotorealistischen Darstellung sexueller Handlungen von, an oder vor Kindern klärt Breuner auf. 

Sexualpädagoge Hans-Peter Breuner vom Team der Beratungsstelle pro familia Würzburg informiert Jugendliche unter anderem in Schulen über Sexting, den Austausch von Nachrichten und Fotos mit sexuellem Inhalt.
Foto: Thomas Obermeier | Sexualpädagoge Hans-Peter Breuner vom Team der Beratungsstelle pro familia Würzburg informiert Jugendliche unter anderem in Schulen über Sexting, den Austausch von Nachrichten und Fotos mit sexuellem Inhalt.

"Sexuelle Bildung ist ein wichtiger Baustein zur Prävention von sexuellem Missbrauch", sagt Breuner. Aufklärung entlaste am Ende auch die Justiz, denn das Ziel sei "die echten Pädokriminellen zu identifizieren". 

Antworten auf zentrale Fragen zum "Sexting" und den Folgen:

Wann machen sich Jugendliche strafbar?

Hans-Peter Breuner schildert ein typisches Beispiel: Ein 14-Jähriger und seine 13 Jahre alte Online-Freundin schicken sich gegenseitig Nacktbilder zu. Sie ist also noch ein Kind. Ein Nacktbild hat der 14-Jährige an seinen besten Freund geschickt, dieser hat es an andere aus der Freundesgruppe weitergeleitet. Eltern wurden darauf aufmerksam und stellten Strafanzeige gegen den 14-Jährigen. Sexting ist erst ab 14 Jahren gesetzlich erlaubt, die Verbreitung gar nicht.

Was wissen Jugendliche über das Thema "Sexting"?

Der Aufklärungsbedarf ist laut Hans-Peter Breuner hoch. Viele Menschen hätten kein Bewusstsein dafür, dass der Austausch von erotischen Fotos, Nacktbildern oder Nacktvideos von einem Kind über Messenger oder Apps wie Snapchat oder WhatsApp - auch wenn es einvernehmlich geschieht - strafbar ist. 

Wenn sich Jugendliche ab 14 Jahren sogenannte Posing-Fotos gegenseitig zusenden, sei das zwar erlaubt, sagt der Würzburger Sexualpädagoge. Es bestehe jedoch immer das Risiko, dass sie an andere Personen weitergeleitet werden - ob aus Versehen oder mit Absicht. Wer Bilder ohne Zustimmung des oder der Abgebildeten weiterleitet, macht sich strafbar.

Wie oft machen sich Jugendliche strafbar?

Insgesamt lag die Zahl der erfassten Fälle bei der Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung kinderpornografischer Inhalte (nach Paragraf 184b des Strafgesetzbuchs) in Deutschland im Jahr 2023 bei 45.191. 

Laut der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) von 2023 waren bundesweit 42,1 Prozent der Tatverdächtigen in den aufgeklärten Fällen der Verbreitung von Material mit kinderpornografischen Inhalten über das Internet oder IT-Geräte jünger als 18 Jahre. 2022 waren es 40,7 Prozent. Erfasst wurden laut Sonderauswertung der Polizei 2952 Kinder und 4406 Jugendliche, die Missbrauchsdarstellungen über Smartphones oder ähnliche Endgeräte verschickt hatten (2022: 2690 Kinder, 4010 Jugendliche).

Was sollen Eltern tun, wenn sie kinderpornografische Bilder auf dem Handy ihrer Kinder sehen?

Die Polizei empfiehlt: Strafanzeige stellen, keinen Screenshot machen, kein Video weiterleiten, auch nicht um andere zu warnen. Damit macht man sich selbst strafbar.

Da der Besitz von kinder- und jugendpornografischen Bildern strafbar ist, sollten sie gelöscht und dem Absender klar und deutlich kommuniziert werden, dass man sie nicht will und dass die Verbreitung strafbar ist. Außerdem sollte man eine Meldung beim jeweiligen Messenger Dienst machen, sagt Breuner. Er empfiehlt, dann auch andere Eltern oder die Schulleitung zu informieren, dass solche Bilder kursieren.

Gibt es für Jugendliche nach einer Strafanzeige wegen Kinderpornografie Beratung?

Jugendliche werden von der Jugendgerichtshilfe an Beratungsstellen verwiesen, wenn gegen sie ein Ermittlungsverfahren wegen Besitzes und Verbreitung von "Kinderpornografie" läuft. Laut Sexualpädagoge Breuner werden die Jugendlichen beim ersten Gesprächstermin oft von ihren Eltern begleitet. Die Betroffenen seien meist voller Scham, aber im Gespräch offen und kooperativ. Der Schock über die Ermittlungen sei bei den Jugendlichen und den Eltern groß, sagt der Berater von pro familia. Wenn Ermittlungsbeamte an der Haustüre klingeln und die Wohnung durchsucht wird, "wirbelt das das Familienleben ordentlich durcheinander".

Informationen gibt es im Internet unter www.soundswrong.de/. Die Präventions-Kampagne der Polizei klärt junge Menschen über die strafbare Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen auf. Sexualpädagoge Hans-Peter Breuner ist erreichbar unter www.profamilia.de/wuerzburg , Tel. (0931) 460 650.

 
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Kommentare
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  • Emilie Krenner
    "Kinder"- per Definition im Gesetz unter 14 Jahre- und "machen sich strafbar" schließt sich aus. Kinder unter 14 sind strafunmündig. Die einzig richtige Antwort auf die Frage in der Überschrift und im Artikel lautet "gar nicht".
    Hier sind die Eltern gefragt. Wer seinem Kind ein Smartphone gibt sollte es gut im Auge behalten.
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  • Susanne Roos
    Ich lese da "Jugendliche", nicht "Kinder", und die können sich meines Wissens nach sehr wohl strafbar machen.
    Ich gebe Ihnen aber recht, die Eltern sollten so oder so ein Auge darauf haben.
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  • Emilie Krenner
    Ja, weil die MP das nach meinem Kommentar freundlicherweise geändert hat
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