Franz Wohlfart und Monika Vögele sind in den 50er Jahren geboren und in der Kaiserstraße aufgewachsen. "Ich bin sogar in der Kaiserstraße geboren", erzählt Rudolf Weißmantel. "Im Haus Nummer 27 war eine Arztpraxis mit Belegbetten." Dort ist er vor 84 Jahren in Würzburg auf die Welt gekommen.
Wolfart lebt seit 70 Jahren in der Kaiserstraße in dem Haus, in dem seine Eltern einst eine Metzgerei hatten. Die drei Hauseigentümer haben die Entwicklung der Straße in den vergangenen Jahrzehnten miterlebt. Mit der Redaktion haben sie sich getroffen, um zu erzählen, wie die Geschäftsstraße früher war und wie sie sich verändert hat.
Rudolf Weißmantel ist Seniorchef des Café Kiess. Bäckerei und Konditorei mit Café gibt es seit 1910. Mittlerweile ist mit Weißmantels Enkelsohn die fünfte Generation im Familienbetrieb aktiv.
In der Metzgerei wurden zeitweise auch Bücher verkauft
Aus Familienbetrieben stammen auch Monika Vögele und Franz Wohlfart. Seine Großeltern haben 1939 von der Metzgermeisterwitwe Sans das Geschäft in der Kaiserstraße erworben und umgebaut. "Wir waren nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg die ersten in der Straße, die wieder intakte Schaufenster hatten", erinnert sich Wohlfart.
Neben Wurst und Fleisch gab es in der Metzgerei damals auch Bücher der ausgebombten Buchhandlung Knodt zu kaufen. Auch das Haus mit dem Café Kiess wurde im März 1945 von einer Bombe getroffen. Doch schon Ende des Jahres wird wiedereröffnet. Rudolf Weißmantel erinnert sich noch gut an die zerstörte Straße. "Wir haben zwischen den Trümmern der Häuser gespielt."
"Mit sechs Jahren begann ich Päckchen auszutragen", erzählt Wohlfart. Es klingt nicht so, als hätte er die Lieferung an die Stammkundschaft der Metzgerei als "Kinderarbeit" empfunden: "Ich bin gerne in der Nachbarschaft rumgeflitzt, besonders zum Spielwarenladen Ott in der Haugerpfarrgasse." Der Familie hat er oft Leber und Filet gebracht und manchmal ein Kartenspiel bekommen.
Auf dem Heimweg eine Eiskugel für fünf Pfennig
Auch Monika Vögele hat schon als Kind im elterlichen Feinkostgeschäft "Lorenz Vollkommer" mitgeholfen. "Wir haben auch Weine der Spitäler verschickt und Lebensmittel an Großküchen geliefert", erinnert sich die Würzburgerin.
"Habt ihr auch so gerne auf dem Heimweg noch eine Bratwurst vom Eckart gegessen?", fragt Monika Vögele beim Treffen im Wohnzimmer von Franz Wohlfart in der Kaiserstraße. "Oder eine Eiskugel für fünf Pfennig beim Lazzaris?," erinnert sich dieser.
Die Namen der Geschäfte und ihrer Inhaber fliegen nur so über den Tisch: Die Rohrwassers vom "Würzburger Hofbräu", der Kurt Weigand vom Café Ludwig, bei Holm-Pälz gab es die neusten Schallplatten, bei Roth Briefmarken und Münzen für Sammler und bei Wolzdorf alles für Raucher... Zu allen Namen fallen ihnen Geschichten ein. Die Geschäftsleute in der Straße waren damals wohl eine große Familie.
"Langsam aber ständig änderte sich das", berichtet Wohlfart. Viele kleine Geschäfte wurden aufgegeben. "Das Geschäft war nicht mehr rentabel", erzählt Monika Vögele, die Bankerin geworden ist. Die Metzgerei Wohlfart machte 1965 zu.
Bis Anfang der 1990er Jahre gab es eine gute Mischung von Geschäften
Die Lücken wurden durch Filialisten ersetzt. Trotzdem war die Geschäftswelt in der Kaiserstraße laut Weißmantel bis Anfang der 90er Jahre eine gute Mischung. "Doch die Einführung der Fußgängerzone 1992 war für die Kaiserstraße schlecht und der Wegfall der Straßenbahn-Haltstelle 1998 machte es noch schlimmer", sagt der Seniorchef vom Café Kiess. Seitdem sei die Straße von der restlichen Innenstadt abgeschnitten.
Dass die 2018 umgebaute Straße inzwischen mit den meisten Leerständen das Sorgenkind der Stadt ist, bedauern die Hausbesitzer. Der Ersatz des alten Straßenbelags sei notwendig gewesen, aber das heutige Erscheinungsbild gleichförmig. Es fehlten zum Beispiel eine ordentliche Beleuchtung, Blumenschmuck, Mülleimer und eine Ecke mit einem Spielgerät, wie es sie in der Eichhornstraße gibt. Monika Vögele, Franz Wohlfart und Rudolf Weißmantl hoffen, dass sich bald etwas tut, damit ihre einst pulsierende Geschäftsstraße wieder etwas vom früheren Glanz zurückbekommt.
Das Thema Leerstand in der Kaiserstraße bewegt offenbar die Gemüter sehr.
Da die Stadt Wzbg. schon seit Jahren den innerstädtischen PKW-Verkehr bewusst unattraktiv machen will, verstehe ich die jetzige Verwunderung über Leerstand nicht.
Liebe Stadtplaner (oder wer dafür zuständig ist), an eurer Stelle würde ich noch mehr Parkflächen entziehen (Kardinal-Faulhaber-Platz), die Parkgebühren noch mehr erhöhen, noch mehr kostenlose Parkflächen kostenpflichtig machen (Talavera) und dann mal schauen ob das dem städtischen Innenleben guttut!!! ....Mann, Mann, Mann... Ich würde mich nicht wundern wenn auch andere Straßen in Würzburg bald vom Geschäfteschwund betroffen sind.
Bin schon jetzt gespannt auf das Konzept und die Parkgebühren im neu entstehenden Parkhaus am Hauptbahnhof, das ja bekanntlich auch Nähe Kaiserstraße liegt!-?
Die Hausbesitzer sollten die Läden in Wohnungen umbauen.
Kaufen Sie diese grossartige Handwerkskunst bevor Sie meckern.
Wohnraumbewohner wohnen nicht nur, sie essen auch.
Cafe Kiess immer ein Genuss.
Zum Geburtstag gab es immer etwas Ausgefallenes vom Vollkommer. Getrocknete Bananen z.B.
Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass sich vllt doch i-wann mal ein oder mehrere Liebhaber als Investoren findet und zumindest das ein oder andere Gebäude mit der Vorkriegsfassade rekonstruiert. Völlig unsinnig ist dieser Gedanke nicht, wie man zB an Dresden, Berlin, Potsdam und Frankfurt sehen kann. Aber dazu müsste es auch den entsprechenden Willen im Stadtrat geben, den Weg hierfür freizumachen, indem man solche Projekte gezielt fördert und/oder für Neubauten eine entspr. Gestaltungssatzung erlässt. Anfangen sollte man mit den Eckgebäuden, damit das Ganze einen Rahmen bekommt. Und zwar mit dem hässlichen grauen Gebäude Ecke Kaiserstr./Röntgenring. Da allerdings die Stadtbild-Kommission vor einiger Zeit die anfangs angedachte historisierende Fassade der neuen „Marktbärbel“ abgelehnt hat, scheint dies zurzeit nicht gewollt
Wie menschenfeindlich moderne Architektur sein kann, sieht man an immer mehr Orten in Berlin, nicht nur am Potsdamer Platz.
eigener Erfahrung, habe bei einem fünfstöckigen Mehrfamilenhaus die Fassade incl. Sandsteinbalkons sanieren lassen und zahle noch im Grab daran ab.
Ich will mir gar nicht vorstellen wie beengt und laut es heute wäre, wenn noch PKW durch die Kaiserstraße fahren würden. Der Lieferverkerkehr jeden Morgen ist schon schlimm genug
Ich kann mir schon vorstellen das es damals ok funktioniert hat, heute würde das aber definitiv nicht mehr funktionieren. Das sieht man schon an den Konflikten mit dem Lieferverkehr