Am zweiten Tag der Berufungsverhandlung im sogenannten Eisenheim-Prozess stand die Aussage des leitenden Ermittlers im Mittelpunkt. Ausführlich berichtete der Polizeibeamte vor dem Landgericht Würzburg über die Untersuchungen im Fall der tödlichen Alkoholfahrt im April 2017, der die 20-jährige Theresa Stahl zum Opfer fiel. Die Verhandlung findet aus Platzgründen in der umfunktionierten Festscheune im Gut Wöllried bei Rottendorf statt. Das große öffentliche Interesse sowie die vielen Prozessbeteiligten hatten das nötig gemacht.
Die wohl wichtigste Aussage des Chef-Ermittlers: Gerüchte, dass jemand anderes als der Hauptangeklagte Niclas H. am Steuer des dunkelblauen VW Golf saß, als dieser die Fußgängerin bei Untereisenheim (Lkr. Würzburg) erfasst hat, "haben sich alle nicht bestätigt".
Hartnäckig hielt sich der Verdacht – auch in Ermittlerkreisen –, dass es nach der tödlichen Kollision einen Fahrerwechsel zwischen den drei Mitangeklagten und Niclas H. gegeben habe. Diese Frage ist für den Chef-Ermittler und wohl auch für das Gericht endgültig zweifelsfrei geklärt. Andere Zweifel und Ungereimtheiten bleiben jedoch.
So hätten die drei damals 19-Jährigen Mitangeklagten in ersten Vernehmungen ausgesagt, dass sie gar nicht mit in dem Auto gesessen hätten. Später räumten sie es doch ein, machten allerdings widersprüchliche Angaben darüber, wo sie den Golf nach dem Unfall verlassen haben.
Zunächst hieß es, die beiden Mitfahrer auf der Rückbank wären vor einer Bank-Filiale in Untereisenheim ausgestiegen, Beifahrer Marius H. dagegen vor dem Anwesen seiner Großmutter, wo ursprünglich alle nach dem Weinfestbesuch übernachten wollten. In früheren Verhandlungen sagten sie dagegen aus, sie seien alle "bei der Oma" ausgestiegen. Doch warum versuchte dann einer der Mitangeklagten zwischen 3.49 Uhr und 3.59 Uhr – rund eine Viertelstunde nach dem Unfall – Beifahrer Marius H. zweimal anzurufen? Das habe jedenfalls die Auswertung der sichergestellten Handys ergeben, so der Ermittler.
Auf Theresa zugefahren, "weil er cool tun wollte"?
Der Polizeibeamte hält es außerdem für möglich, dass Niclas H. das Auto nach dem Unfall nicht selbst in den Graben gesteuert hat, wo er letztlich zum Stehen kam und von einem Anwohner gefunden wurde. Auf Fotos des Wagens, die vor Gericht gezeigt wurden, sind zwar deutlich die brutalen Spuren der Kollision mit der 20-Jährigen erkennbar – vor allem die auf der rechten Seite zertrümmerte Windschutzscheibe. Auf der linken Fahrzeugseite, auf der das Auto halb liegend gefunden wurde, hätten sich jedoch "keine Spuren gefunden", die auf eine Fahrt in den Straßengraben hindeuten würden. Der Verdacht des Ermittlers: Die Mitangeklagten könnten den Golf samt dem volltrunkenen Niclas H. auf dem Fahrersitz in den Graben geschoben haben.
Größere Bedeutung für den weiteren Prozess könnte unterdessen eine Sprachnachricht haben, die auf dem sichergestellten Handy eines der Mitangeklagten gefunden wurde. Darin erzählte der heute 23-Jährige am Tag nach dem Unfall einem Kumpel von der Alkoholfahrt. Demnach sei Niclas H. "übelst die Schlangenlinien gefahren" und "weil er cool tun wollte", habe er, als Theresa Stahl ins Blickfeld kam, "auf sie zu gelenkt". Das deckt sich laut dem Ermittler mit der Polizeivernehmung eines weiteren Mitangeklagten, der aussagte, Niclas H. habe "nach rechts gelenkt". Bereits am Dienstag hatte Theresas Freund, mit dem sie in der Nacht auf der dunklen Straße zu Fuß unterwegs gewesen war, ausgesagt, der Golf habe "eher ruckartig einen Schlenker nach rechts gemacht".
Mordverdacht noch einmal Thema vor Gericht
Und dann ist da noch die Frage: War es Mord? Der "heftige Verdacht", so Richter Michael Schaller, war im Herbst 2020 aufgekommen, als eine neue Zeugin der Polizei berichtete, Beifahrer Marius H. habe ein halbes Jahr nach der Todesfahrt erzählt, er habe Niclas H. "im Spaß" mit den Worten "Fahr sie um!" angestiftet, die Fußgängerin zu überfahren. Der damals schon laufende Berufungsprozess wurde deshalb für Nachermittlungen ausgesetzt. Diese waren offenbar nicht sehr ergiebig – so konnte man jedenfalls den Ermittler im Zeugenstand verstehen. Obwohl erneut Handys und Laptops der Angeklagten und auch von Zeugen ausgewertet wurden, konnten die Ermittler die Vorwürfe der Anstiftung zum Mord gegen Marius H. und des Mordes gegen Niclas H. nicht erhärten.
Wenn die Verhandlung an diesem Freitag, 24. September, fortgesetzt wird, geht es jedoch noch einmal um die Mord-Frage. Dann wird unter anderem die neue Zeugin aus dem vergangenen Herbst gehört.
Hinweis: Der Autor dieses Textes steht trotz Namensgleichheit mit der Familie des Opfers in keinem verwandtschaftlichen Verhältnis.
Eine Strafmilderung für vorsätzliches "Saufen" oder "Zudröhnen" ist unsäglich!
da wird jetzt ein gewaltiger Bohai veranstaltet, um am Ende zu dem Schluss zu kommen, dass alle vier (maximal) mit einem Witz von einer Geld"strafe" wg. fahrlässiger Tötung bzw. unterlassener Hilfeleistung belegt werden und sich (prinzipiell) schon morgen wieder ins Auto setzen dürfen um zum nächsten Weinfest zu fahren... wetten?
Kein Wunder dass es in D im Straßenverkehr jedes Jahr ca. 1 mio. Unfälle, über 350.000 Verletzte und ca. 3.000 Tote gibt, wenn man machen kann was man will und so billig davonkommt!