
Paul van Dyk ist ein großer Name in der Techno- und Elektro-Szene. Als DJ und Musikproduzent ist er seit Jahren auf der ganzen Welt bekannt. Am 9. September kommt der 51-Jährige in die Würzburger Posthalle und stellt dort sein neues Projekt Venture X vor. Im Gespräch erzählt er von den Unterschieden zwischen dem Publikum in einer Großstadt und dem in kleineren Orten. Außerdem berichtet er, was es mit seinem neuen Projekt auf sich hat und was sich in den letzten drei Jahrzehnten Musikbusiness am meisten verändert hat.
Paul van Dyk: Zunächst einmal geht es mir darum, meine Musik den Leuten näherzubringen und zu vermitteln, warum ich genau diese Musik mag und mache. Da ist es im Zweifelsfall egal, wie groß und weitläufig ein Gelände ist, oder ob es sich um einen kleinen Club handelt. Ich stelle mich dann immer individuell darauf ein. Früher war ich sehr häufig in Würzburg und jetzt ganz lange nicht, insofern freue ich mich sehr darauf und denke, dass das sehr schön werden wird. Es wird viele neue Erinnerungen geben, aber vielleicht kommen auch zwei, drei alte Erinnerungen auf.
van Dyk: Ich habe da keine Präferenz. Natürlich kommt einem bei einem großen Festival durch die pure Masse der Leute eine wahnsinnige Energie entgegen. Im Club hingegen hat man eine sehr intime Atmosphäre. Ich mag beides. Ich habe immer eine klare Vorstellung von dem, was ich musikalisch darbieten möchte. Aber was es dann letztlich wird, da kommt es dann auf die ganze Situation und die Atmosphäre und das Miteinander an. Gerade bei dem Konzept Venture X, wo es mehr um die Essentials der Musik geht, ist es noch wichtiger, dass man die direkte Inspiration vom Publikum bekommt. Und dann entwickelt sich das mit uns allen gemeinsam irgendwohin.
van Dyk: Unterschiede gibt es auf jeden Fall. Wobei man sagen muss, dass Berlin durchaus auch provinzielle Züge hat, da muss man gar nicht aus der hochnäsigen Hauptstädter-Sicht ins Umland schauen. Ich kann zum Beispiel in derselben Stadt zweimal hintereinander spielen und es wird zweimal eine völlig unterschiedliche Veranstaltung sein, weil eine andere Atmosphäre herrscht. Ich denke, jeder kennt die Atmosphäre, wenn man einen Raum betritt, in dem sich gerade zwei Menschen gestritten haben, da sagt man ja auch "oh hier ist gerade dicke Luft" - man fühlt das irgendwie. Und so kann man sich das auch ins Positive gedreht vorstellen: diese guten Energien, diese Vorfreude und dieses Excitement auf den Abend, das spürt man natürlich. Deswegen ist es mir in dem Moment egal, wo es ist, ich lass' mich da komplett auf die Situation ein.
van Dyk: Ich habe nie mit CD-Playern oder wie früher mit Vinyl gespielt. Seit es möglich war, habe ich Produktionselemente aus dem Studio mit auf die Bühne genommen - so spiele ich grundsätzlich immer. Ich habe meine Computer und mehr oder weniger ein mobiles Produktionsstudio immer mit dabei. Das erlaubt mir, Musik komplett zu dekonstruieren, also auseinanderzunehmen und anders wieder zusammenzusetzen. Das hat den Vorteil, dass ich irgendeinen Track nehmen kann und mehr oder weniger live remixen und neu produzieren kann, sodass er in dem Moment noch viel besser funktioniert, als er ursprünglich gedacht war. Das ist ein sehr intensives musikalisches Erlebnis.
van Dyk: Es gibt in der Tat DJs, die kommen mit ihrem USB-Stick, stecken ihn rein, drücken Play und los geht's. Das war für mich jedoch nie eine Herausforderung. Ich sehe mich in allererster Linie als Musiker und als Künstler, und ich hatte schon immer den Anspruch, die Musik, so gut es geht, zu produzieren, insofern war es mir immer wichtig, die Produktionselemente in das Live-Erlebnis mit einzubeziehen. Dieser individuelle Moment, den wir da alle gemeinsam an einem Abend erzeugen, ist ja genau das, was in Erinnerung bleibt. Wenn man nur einen USB-Stick abspielt, dann wird das relativ schnell langweilig - nicht nur für mich als Künstler, sondern auch für das Publikum.
van Dyk: Ich beginne mal von vorne. Am Anfang gab es ein paar Freaks - zu denen ich auch gehört habe - die eine Idee hatten, wie Musik klingen soll. Die Musik gab es aber noch nicht, also mussten wir sie in gewisser Weise selbst kreieren. Dann wurde elektronische Musik auf einmal zur größten Jugendmusikkultur auf dem Planeten. Nach wie vor arbeiten daran ganz viele kreative Leute, aber ein Stück weit ist die Musik umgeschwungen. Marketingteams haben große Managements übernommen, dann wurde ein hübsches Mädchen oder ein hübscher Junge gecastet, der dann mit dem berühmten USB-Stick hingestellt wurde - ringsum wurde dabei eine riesen Kampagne gestrickt. Die Musik haben derweil irgendwelche Großproducer gemacht, die dann dem Zeitgeist entsprach. Das ist mittlerweile leider Teil des normalen Musikzirkusses. Umso wichtiger ist es meiner Meinung nach, sich auf gute Musik zu fokussieren, mein Anspruch ist es beispielsweise, mich immer weiterzuentwickeln. Im Zweifelsfall ist mir die Zusammenarbeit mit einem jungen, unglaublich talentierten Künstler wichtiger, als die mit irgendeinem Popstar, nur weil er viele Klicks auf TikTok hat.
van Dyk: Für gute Musik gibt es immer ein Publikum. Mir war schon immer egal, wo der DJ herkommt, wie er aussieht oder welches Geschlecht er hat - das ist alles irrelevant. Was mich interessiert, ist einzig und allein die Musik. Mittlerweile sieht man auf vielen großen Festivals auch immer mehr weibliche DJs. Doch auch früher gab es sie schon, ich erinnere mich gerne an die Zeiten in den 90ern. Da gab es zum Beispiel Miss Djax, die schon früher wegweisende Musik gemacht hat und nach wie vor wunderbare Musik auf den Markt bringt. Wie gesagt, mir ist es egal, wie wer aussieht oder wie er oder sie sich präsentiert. Für mich zählt, wie die Musik ist, denn dafür bin ich da und darum geht es in dem Moment.
van Dyk: Leider ist das meistens ein Rein und Raus. Das ist aber nicht nur in Würzburg so, das ist in den meisten Städten so. Sagen wir mal, dass das der nicht so schöne Teil meines Berufs ist. Auf der anderen Seite ist es natürlich schön, dass ich überall auf der Welt ein Publikum finde und die Möglichkeit habe, überall meine Musik zu präsentieren. Wenn es dann irgendwo besonders schön war, dann komm' ich halt wieder.
Paul van Dyk stellt sein neues Projekt Venture X am 9. September in der Würzburger Posthalle vor. Tickets gibt es an den üblichen Vorverkaufsstellen oder an der Abendkasse.