Mehr Kinder als früher haben in diesem Schuljahr vom Gymnasium an die Realschule gewechselt oder suchen dort gerade einen Platz. Das berichten Schulleiterinnen und Schulleiter in Unterfranken. Eine offizielle Statistik über die Wechsel wird laut dem unterfränkischen Ministerialbeauftragten für Realschulen, Marcus Ramsteiner, nicht geführt. Aber es gibt Eindrücke, einen Trend erkennen lassen. Und eine immer gleichlautende Erklärung: Corona.
Schwierig wird es, wenn das eigene Lerntempo langsamer ist als von der Schule gefordert
"Wir haben aktuell deutlich mehr Kinder als sonst, die an die Realschule wechseln oder wechseln wollen – vorausgesetzt, sie finden einen Platz", sagt Andrea Schneider, die stellvertretende Schulleiterin des Würzburger Röntgen-Gymnasiums. "Wenn Kinder klar überlastet sind, vom Tempo her einfach nicht mitkommen und ihr eigenes Tempo bräuchten, ist so ein Wechsel auch sinnvoll", sagt Schneider.
Sie spricht da auch von Kindern, für - um den anspruchsvollen Gymnasialstoff zu bändigen - so viele Stunden am Nachmittag lernen müssten, "dass sie die Lust verlieren". Typischerweise würden diese Schülerinnen und Schüler mit der Einführung der zweiten Fremdsprache in der 6. Gymnasialklasse vom Lernstoff überwältigt, sagt Schneider. Viele orientierten sich aber erst in der 7. Klasse um. "Je später der Wechsel erfolgt, umso schwieriger wird es", sagt die stellvertretende Leiterin des Röntgen-Gymnasiums.
David-Schuster-Realschule hat in diesem Schuljahr rund 40 Ex-Gymnasiasten aufgenommen
Wer hat noch Plätze, wer nimmt die Kinder auf, für die das Gymnasium nicht mehr passt? "Deutlich mehr Quereinsteiger als in den Vorjahren" sieht heuer etwa die Würzburger David-Schuster-Realschule. Mit insgesamt 416 Schülerinnen und Schülern ist sie nicht besonders groß. Die rund 40 Neuzugänge, die zum Schuljahresbeginn oder während des ersten Halbjahrs vom Gymnasium kamen, machen da einiges aus. "Wir hatten Neueinsteiger am 7. und am 28. November, am 1. und am 8. Dezember, am 9. und am 16. Januar – und einen ganzen Schwung nach dem Zwischenzeugnis", berichtet Schulleiter Dieter Schanzer.
Auffällig in diesem Jahr sei, dass die Schulwechsler oft aus höheren Klassen kämen, der 8. oder 9. Klasse etwa. "Und das macht es schwierig", sagt Schanzer. Denn in der Realschule muss man sich in der 6. Klasse für einen Fächerzweig entscheiden, der in der 7. Klasse startet: Wirtschaft etwa, Mathematik oder Sozialwesen. "Wenn der Wechsel vor oder zur 7. Klasse stattfindet, haben es die Kinder leichter. Kommen sie aus höheren Klassen, müssen sie nachlernen."
Typischerweise meldeten sich Wechsler aus höheren Jahrgangsstufen am ehesten für den Zweig Sozialwesen an, sagt der Realschul-Leiter. Da seien die Inhalte leichter nachzulernen als etwa im Wirtschaftszweigs. "Aber lernen muss man", warnt Schanzer. "Zu glauben, Gymnasiasten müssten an der Realschule nicht lernen, ist ein Irrtum."
Während der Pandemie gab es Sonderregelungen fürs Vorrücken
Wie die Würzburger Schulleitungskollegen sieht Thorsten Stöhr, Leiter der Johann-Rudolph-Glauber- Realschule Karlstadt (Lkr. Main-Spessart), in der Pandemie die Ursache des Wechsel-Trends: "Klar sind das Corona-Nachwehen." Durch die Sonderregelungen sei "während der Pandemie ja kaum ein Kind sitzengeblieben", sagt Stöhr. "Probleme sind da nicht so aufgefallen." Jetzt, wo der Unterricht überall wieder normal laufe, würden die Lernprobleme mancher Kinder sichtbarer.
Der Karlstadter Schulleiter Stöhr hat nachgeschaut, wie viele ehemalige Gymnasiasten heuer in seiner Realschule Aufnahme gefunden haben: "24 Schüler aus umliegenden Gymnasien kamen zu uns, davon neun schon zu Schuljahresbeginn. So viele wie schon lange nicht mehr."
Studien bestätigen hohe coronabedingte Lerndefizite
Dass Kinder während des digitalen Fernunterrichts in der Pandemie teilweise das Lernen verlernt haben und Lerndefizite in Höhe von bis zu 35 Prozent entstanden sind, haben mittlerweile etliche nationale oder internationale Studien bestätigt. Nachvollziehbar also, dass nicht nur überforderte Gymnasiasten am Realschultor stehen, sondern auch überforderte Realschüler an die Mittelschule wechseln wollen. Das berichtet etwa der Leiter der Marktheidenfelder Realschule, Matthias Schmitt: "Auch an unserer Schule kommen Gymnasiasten neu, gleichzeitig gehen aber Kinder an die Mittelschule, so dass unsere Schülerzahl eigentlich stabil ist."
Allerdings haben aktuell nicht alle Realschulen für alle wechselwilligen Schüler unbegrenzte Kapazitäten: Die stellvertretende Leiterin des Röntgen-Gymnasiums, Andrea Schneider, weiß von Würzburger Gymnasiasten, die sich gerade sehr anstrengen müssten, um noch einen Platz zu finden.
Es gibt in Bayern viele Wege zum Abitur
Für die Kinder am wichtigsten ist, dass die Schulart zu ihnen passt. Es gebe mittlerweile sehr viele Wege zur Mittleren Reife oder zum Abitur, sagt Andrea Schneider vom Würzburger Röntgen-Gymnasium. Kinder seien nicht alle gleich, manche bräuchten nach der Grundschule erst ein langsameres Tempo, lernten mit zunehmendem Alter dann aber immer besser. Sie könnten etwa über Einführungsklassen wieder von der Realschule ins Gymnasium wechseln. Und auch an Fachoberschulen streben gute Mittel- oder Realschüler den Weg zum Abitur an.
Wer heute noch dem Irrglauben anhängt, dass die Art des Abschlusses etwas über Intelligenz aussagt, dem ist nicht mehr zu helfen.
Die Noteninflation, die sich seit Jahren beobachten lässt, führt doch sowieso dazu, dass man schulische Leistungen nicht mehr so ernst nehmen kann.
Dinge, die fürs Leben, beruflichen Erfolg eingeschlossen, wichtig sind, lernt man doch am ehesten außerschulisch.
Unser Kind kam mit einem Notendurchschnitt von 1,0 aufs Gymnasium. Dort ging es dann mit einem Schnitt von etwas 1,5 bis 2 recht gut weiter.
Jetzt, in der 11 Klasse, nach langen Schulschließungen in der 8. und 9. Klasse, sind wir bei ca. 3,5. Das ist schon ein krasser Unterschied, der sicherlich nicht vorhanden wäre, hätte man die Kinder nicht aus der Schule ausgesperrt.
Schüler die vor der Aussperrung vielleicht etwas schlechter waren als unser Kind, liegen jetzt vielleicht bei 4-5 und müssen deshalb die Schule wechseln. Womöglich müssten sie das ohne den Bildungsabbruch durch die Schulschließugen nicht machen.
Ein Abi von 1.6 und nicht mal ein Brett an ne Wand schrauben können 😂
Kenne einige so Spezialisten.
Mit jedem neuen Lehrplan wird „Stoff entrümpelt“ - am Ende bleibt immer weniger übrig!
Es fehlt bei vielen eine Bereitschaft, dich anzustrengen, Leistungswille - alles Fremdwörter geworden! Und - was hier schon mehrfach angemerkt wurde: es sind teilweise Kinder schlicht auf der für sie falschen Schule!
Soll der Stoff reduziert werden - dass er sich dem sinkenden Leistungsniveau anpasst? Oder sehen wir endlich ein, dass nicht für jedes Kind das Gymnasium die richtige Schule ist!?
Vielleicht sollte man auch sehen, nicht nur Noten sind wichtig - sondern auch zu lernen mit schweren Lebensumständen umzugehen. Da brauchen die Jugendlichen etwas das ihnen aufgezeigt wird. Man sieht doch anhand der Ukraine wie sich Lebensumstände völlig verändern können.
Wohl nur für die vielen toten Menschen und für die Menschen mit körperlichen Spätfolgen!
Wer intelligent ist geht auf das Gymnasium und schafft das ohne Elternhilfe, ohne Nachhilfe, schafft die Schuljahre ganz allein und macht letztendlich ein gutes Abitur. So sollte das sein! Alles andere ist Drill! Das auch während und nach der Coronazeit Kinder versetzt werden und sogar Abitur geschrieben haben bzw schreiben werden zeigt, dass dies auch in und nach einer Pandemie möglich ist. Es fallen schliesslich nicht alle durch oder wechseln auf die Realschule. Es fallen nur die durchs Raster die sowieso die falsche Schulform besucht haben.
Wenn man Dinge nicht ordentlich beigebracht bekommt, kann man es auch nicht lernen.
Aber Pauschale Aussagen sind hier ja des öfteren zu lesen.
Kommt der Schulwechsel zur rechten Zeit oder gehen die Schüler*innen gar einen Jahrgang zurück, so wird es sicherlich etwas leichter - und lebensnaher.
Um in der Welt da darußen zu bestehen, braucht es kein Abitur. Es braucht vielmehr Realitätsnähe und lebensnahen Unterricht.
Wer sich nicht alles mit dem Geld der Anderen leisten kann, muss selber zum Handwerkszeug greifen. Theoretisches Wissen über Goethe, Schiller, Gott und die Welt hilft da nicht weiter.
Vielleicht hatte Corona in diesem Sinne sogar was Gutes.