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Würzburg/Bad Kissingen
"Eine Entkriminalisierung bringt die Prävention voran": Wie zwei Cannabis-Clubgründer das Cannabisgesetz bewerten
Elmar Daniel und Samuel Lindl wollen zeigen, dass im Anbauverein kontrollierter Cannabiskonsum möglich ist - und ab Juli gleich starten. Was jetzt ihre Befürchtung ist.
Elmar Daniel aus Schweinfurt (links) und Samuel Lindl aus Bad Kissingen haben bereits im vergangenen Jahr ihren Cannabis Social Club 'MainBud' als Verein eintragen lassen. In der Halle hinter ihnen wollen sie bald legal Cannabis anbauen.
Foto: Anand Anders | Elmar Daniel aus Schweinfurt (links) und Samuel Lindl aus Bad Kissingen haben bereits im vergangenen Jahr ihren Cannabis Social Club "MainBud" als Verein eintragen lassen.
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Julia Rüther
 |  aktualisiert: 04.04.2024 02:48 Uhr

Für Elmar Daniel und Samuel Lindl hatte das lange Hoffen im Februar endlich ein Ende: Der Bundestag beschloss das Cannabisgesetz (CanG), das ab Juli 2024 auch den gemeinschaftlichen Cannabis-Anbau in Vereinigungen legalisieren soll. Die Freude der beiden war groß, die Freunde aus Schweinfurt und Bad Kissingen steckten bereits mitten in den Vorbereitungen für einen Cannabis Social Club:  Mit "MainBud" wollen Daniel und Lindl gleich loslegen, sobald es das neue Gesetz möglich macht. Dabei heißen sie nicht alles daran gut und haben auch Bedenken, ob die Umsetzung wie geplant klappt.

Mit Anbauvereinigung in den Startlöchern: Cannabislegalisierung "war überfällig"

"Als letztes Jahr das Eckpunktepapier für ein Cannabisgesetz vorgestellt wurde, sind wir vorgeprescht und haben die Vereinsgründung in die Wege geleitet", sagt Elmar Daniel, der als Krankenpfleger in Würzburg arbeitet. Seit September 2023 ist die Anbauvereinigung "MainBud" beim Amtsgericht Würzburg eingetragen. Mittlerweile zählt sie 20 aktive und 50 angemeldete Mitglieder aus Unterfranken. Eine Anbauhalle in der Region stehe auch in Aussicht.

Dass der Bundestag den Gesetzentwurf verabschiedete, sei überfällig gewesen, finden Daniel und Lindl. "Alkohol ist schließlich auch eine Droge, die sich negativ auf die kognitiven Leistungen und die Entwicklung des Gehirns auswirkt – gerade bei jungen Menschen", sagt Daniel. Dass er bereits ab 16 Jahren erhältlich sei, darüber rede niemand. Dafür umso mehr über die negativen Auswirkungen von Cannabis. "Es ist aber ein Unterschied, ob ich gelegentlich mal einen Joint rauche oder ob ich intensiv konsumiere", meint der 32-Jährige. 

Clubgründer: Bisheriges Verbot hat den Präventionsgedanken vernachlässigt

Laut Bundesgesundheitsministerium konsumierten zwischen 2020 und 2021 circa 4,5 Millionen Volljährige Cannabis, die meisten von ihnen zwischen 18 und 24 Jahre alt. "Das zeigt, dass die bisherige Prohibition, die auf Kriminalisierung setzt und die Suchtprävention vernachlässigt, nicht erfolgreich war", sagt der Krankenpfleger. Im Gegenteil, sie würde sogar schaden.

Denn statt Menschen, die Cannabis konsumieren oder besitzen, an eine Suchtberatungsstelle zu vermitteln, seien bislang gegen sie Strafverfahren eingeleitet worden – in Bayern sei es besonders streng. Bei "Gelegenheitskonsumenten" halten die beiden Clubgründer dies für nicht gerechtfertigt, eine Verurteilung habe weitreichende Folgen: "Man gilt automatisch als Straftäter und bekommt Probleme bei der Jobsuche, das steht in keinem Verhältnis", sagt Samuel Lindl, der in Bad Kissingen als Industriemechaniker arbeitet.

In Cannabis-Clubs soll ab diesem Sommer gemeinschaftlich Cannabis angebaut werden können.
Foto: Christian Charisius, dpa | In Cannabis-Clubs soll ab diesem Sommer gemeinschaftlich Cannabis angebaut werden können.

Viele Konsumenten würden sich bei einem Suchtproblem aus Angst nicht an eine Beratungsstelle wenden. Zu groß sei die Befürchtung, ihre Daten könnten weitergegeben werden. Deshalb sei der Präventionsgedanke beim bisherigen Umgang mit Cannabis überhaupt nicht zum Tragen gekommen, meint Daniel.

Kontrollen in Cannabis Social Clubs, Pflicht zu Präventionskonzept und Dokumentation

Das gerade verabschiedete Cannabisgesetz hingegen bringe den Präventionsgedanken unmittelbar dorthin, wo das Rauschmittel konsumiert wird. Die gemeinschaftlichen Anbauvereinigungen müssten ein Präventionskonzept herausarbeiten und mindestens einen Präventionsbeauftragten haben, der regelmäßig an einer staatlich anerkannten Schulung zur Suchtberatung teilnimmt, erklären die beiden Clubgründer.

Zudem seien Anbauvereinigungen dazu verpflichtet, ein Jugendschutz-, Hygiene- und Anbaukonzept vorzulegen und das angebaute Cannabis regelmäßig von einem unabhängigen Labor testen zu lassen. Woher das Vermehrungsmaterial stammt, müsse dokumentiert und der zuständigen Behörde, die regelmäßig Kontrollen durchführen kann, gemeldet werden. Auf diese Art sei ein kontrollierter Umgang möglich: "Ich glaube, eine Entkriminalisierung bringt auch die Prävention voran", sagt Daniel.

Schwarzmarkt durch unkontrollierten "privaten Eigenanbau"?

Worin sie ein Problem sehen: Diejenigen, die nur ab und zu Cannabis konsumieren, könnten eine Clubmitgliedschaft als zu teuer empfinden und ihr Cannabis deshalb schwarz kaufen. Die  "MainBud"-Gründer befürchten, dass sich der Schwarzmarkt hinter dem privaten Eigenanbau "verstecken" könnte: Privat sind laut neuem Gesetz bis zu drei Cannabispflanzen erlaubt – damit könne mehr Cannabis erzeugt werden als die gesetzlich erlaubte Besitzmenge von maximal 50 Gramm, sagen Daniel und Lindl. 

Befürchtung der Club-Gründer: Staatsregierung könnte behindern

Ihren Mitgliedern wollen sie einen möglichst günstigen, zugleich sicheren Zugang zu Cannabis ermöglichen, sagen sie. Seit Monaten arbeiten sie daran, alle rechtlichen Vorgaben zu erfüllen und ihren Cannabis Social Club zum 1. Juli sofort eröffnen zu können. Derzeit befürchten sie aber, dass die bayerischen Behörden ihnen Steine in den Weg legen.

"Zum Beispiel könnten sie ab 1. Juli großangelegte Kontrollen durchführen und erst einmal alles von uns konfiszieren", sagt der 28-jährige Industriemechaniker Lindl. So sei es vielerorts den CBD-Shops ergangen. "Dann würden wir mit nichts außer einem Berg an Schulden dastehen. Auch unser Vermieter wird die Halle nicht ewig für uns reservieren." 

Dass die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) eine zentrale Kontrolleinheit für Anbauvereinigungen ankündigte und meinte, der Freistaat werde "kein lauschiges Plätzchen zum Kiffen" werden, vergrößerte die Sorge der Clubgründer. 

 
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Kommentare
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  • Alfred Mahler
    Würde sich Gerlach um echte Probleme kümmern, statt ständig diese ewig gestrigen Phrasen zu dreschen, wäre schon viel erreicht.
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  • Thomas Hemmerich
    Sie kümmert sich, denn die geplante Freigabe von Cannabis ist bzw wird zu einem Problem. Das Argument der "Investoren", dass Alkohol ja auch eine Droge ist und zudem schon ab 16 frei erhältlich ist, kann ich teilen. Das ist so und braucht auch nicht schön geredet zu werden. Aber weil Alkohol nicht verboten ist, muss doch nicht auch noch eine weitere Droge legalisiert werden.
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  • Martin Deeg
    Man könnte ja auch "tauschen" - Cannabis legalisieren und Alkohol verbieten.

    Die Legalisierung macht tatsächlich Sinn und ist längst überfällig - die Argumente sind denke ich bekannt.

    Natürlich sollte man trotz Legalisierung die Finger von Cannabis lassen - aber dies strafrechtlich (!) zu sanktionieren und zu kriminalisieren ist ein Irrweg.

    Nur die CSU kapiert das offenbar nicht.
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  • Herbert Zorn
    Ich denke , diejenigen welche dieses Rauschmittel legalisieren wollen, kapieren nicht das Cannabis ein Rauschmittel ist! Nur weil die Politik/Gesellschaft nicht im Stande ist ein Problem zu lösen oder zu beseitigen, macht man es frei zugänglich und hofft. Dann hofft man gleichzetig, dass die Gesellschaft bzw. Konsumenten sooo vernünftig sind um dieses Rauschgift freiwillig nicht zu nehmen oder nur ganzzzz wenig, und sowas vertritt ausgerechnet ein angeblicher Arzt (Hr. Dr. Gesundheitsm.). Vermutlich will er selbst dies konsumiern?!??
    Mit Alkohol ist es das selbe, dies müßte auch verboten werden. Aber die Gesellschaft ist seit langer Zeit schon damit verseucht, deshalb muss man aber nicht eine neue Seuche freigeben!
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  • Dietmar Eberth
    Viel bohei um nichts. Wer vorher kein Cannabis konsumiert hat, wird auch danach kein Cannabis konsumieren. Mich reizt das überhaupt nicht. Und wer jetzt schon Cannabis konsumiert, wird dann nicht mehr zum Straftäter.
    Und Polizei und Staatsanwaltschaft können sich dann um die wirklich wichtigen Dinge - zb Raser auf Autobahnen - kümmern.
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  • Alfred Mahler
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Dietmar Eberth
    Jugendliche ab 14 Jahren dürfen nur in Begleitung der Eltern oder einer erziehungsbeauftragten Person Alkohol in der Öffentlichkeit trinken.
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