"Die sehen quasi aus wie die Originale", sagt Historiker und Stadtarchivar Georg Menig und betrachtet die Riemenschneider-Replikate auf dem Tisch in den Räumen des Archivs. Die beiden Werke sind seit kurzem im Besitz der Stadt. "Bei mir würden sie nur im Keller stehen", sagt Christoph Maria Schülling. Dafür seien die gut erhaltenen Replikate aber zu schade. Deshalb hat der gebürtige Ochsenfurter sie nun seiner Heimatstadt vermacht.
Bei den beiden Werken handelt es sich um hochwertige Kopien vom Relief "Anbetung der Könige" und um eine Skulptur von Johannes aus der Zwölf-Apostelgruppe. Tilman Riemenschneider, der 1531 in Würzburg gestorben ist, gilt heute als einer der berühmtesten Bildschnitzer und Bildhauer der deutschen Spätgotik. Die beiden Nachbildungen habe ein als "Riemenschneider-Müller" bekannter Künstler in den 70er Jahren gefertigt, sagt Schülling. Dieser Künstler sei auf Replikate spezialisiert gewesen und habe in Kooperation mit dem Mainfränkischen Museum, dem heutigen Museum für Franken, verschiedene Kunstwerke in limitierter Auflage nachgebildet.
Schülling führte ein Restaurant im Riemenschneider-Haus
Von einem "perfekten Abguss" spricht Georg Menig beim Betrachten der Replikate. Auch das Gewicht der Werke aus einem Holz-Kunststoff-Verbund käme dem der ursprünglichen Werke sehr nahe, sagt Schülling.
Den gebürtigen Ochsenfurter hatte seine gastronomische Karriere in den Besitz der Kopien gebracht. Er habe in verschiedenen europäischen Ländern als Koch gearbeitet sowie nach seiner Rückkehr nach Deutschland auf Sylt und in Heilbronn, sagt Schülling. "Damals habe ich in der Presse gelesen, dass in Würzburg das Riemenschneider-Haus wieder aufgebaut werden soll. Und dass es darin Gastronomie geben soll." Das habe er zum Anlass genommen, den Kontakt zu den Investoren zu suchen, so Schülling. "Ich war schon immer historisch interessiert", begründet er diesen Schritt.
So habe es sich ergeben, dass er im Riemenschneider-Haus über mehr als vier Jahre ein Restaurant bewirtschaftete. Er habe das Haus damals – Ende der 70er – mit dem auf historische Objekte spezialisierten Architekten Günter Garenfeld eingerichtet - angelehnt an die Spätgotik -und mit einigen Riemenschneider-Replikaten ausgestattet, sagt Schülling. Aus familiären Gründen habe er das Restaurant später zunächst verpachtet und dann verkauft.
Die Johannes-Skulptur muss noch in die Werkstatt
Es folgten ein Umzug in die Schweiz und zurück. "Ich habe in meiner Wohnung jetzt keinen Platz mehr dafür", sagt Schülling, der jetzt in Würzburg lebt. Umso mehr freue er sich, wenn die Werke einen Platz in seiner Heimatstadt bekommen. Ein drittes Replikat – ein Leuchterengel – sei beim Transport verschwunden, so Schülling.
Wo die beiden Werke schlussendlich landen sollen, ist noch unklar. Fest steht nur: Es soll ein "würdiger Platz" sein, betont Ochsenfurts Bürgermeister Peter Juks. "Sie sollen natürlich nicht irgendwo im Archiv verschwinden", betont der Bürgermeister. Nun steht aber erstmal die Reparatur der Johannes-Skulptur an. Beim Transport hat der nämlich einen Finger verloren und auch der symbolhafte Kelch ist abgebrochen. Eine Restauratorin soll die Teile wieder anfügen, sagt Georg Menig.
Das Relief und die Skulptur sind nicht die einzigen Riemenschneider-Replikate in Ochsenfurt und Umgebung. Da ist etwa der sogenannte „Bürgermeister-Kopf“ am Rathaus. Das Original, welches nachweislich schon um 1505 von Riemenschneider in seiner Werkstatt gefertigt wurde, befindet sich heute im Museum für Franken. Mit einer Nikolaus-Holzfigur im Seitenschiff der Kirche St. Andreas ist in der Stadt aber auch ein originales Werk von Riemenschneider zu finden.