Über Wochen hatte das Thema die Menschen in Bayern bewegt: Bienen retten! Landwirte tobten, Umweltschützer jubelten, 18,3 Prozent der Wahlberechtigten im Freistaat hatten im Februar 2019 beim Volksbegehren für mehr Artenschutz unterschrieben. Am 17. Juli schließlich wurde das Volksbegehren samt Begleitgesetz im bayerischen Landtag verabschiedet. Was hat sich seitdem in der Region getan?
Der Aufruf „Rettet die Bienen“ hatte viele Menschen wachgerüttelt. Und mancher schlief danach recht bald wieder ein. „Wir hatten vergangenes Jahr 30 Menschen, die eine Blühpatenschaft übernommen haben. Dieses Jahr gab es nur eine Anfrage“, sagt Kreisbäuerin Maria Hoßmann aus Eußenheim im Landkreis Main-Spessart. „Wir haben die Blühpatenschaften dann nicht mehr aktiv angeboten.“
Ähnliches gibt auch der Wiesenfelder Landwirt Frank Röder an: „Die Leute haben das alles schon wieder vergessen.“ Vereinzelt buche noch jemand auf seiner Webseite www.bluehwiesenbauer.de eine Blühpatenschaft. Aber, sagt Röder: „Letztes Jahr hatte ich über 40 Anfragen, heuer sind es höchstens zehn.“
Kreisbäuerin Maria Hoßmann unterstützt die Insekten dieses Jahr auf andere Weise. Sie sät heuer in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde auf einigen Äckern nur jede zweite Reihe mit Getreide ein. Mohn, Kornblumen und Ackerstiefmütterchen haben so 30 Zentimeter Platz zwischen den Getreidereihen, sagt Hoßmann: „Es wächst, was hier heimisch ist.“
Es ist ein Schritt in die Richtung, die das im Sommer 2019 beschlossene Artenschutzgesetz vorgibt. Mindestens 30 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen im Freistaat sollen bis 2030 ökologisch bewirtschaftet werden. 2018 lag ihr Anteil bei elf Prozent.
„Die staatliche Förderung für Landwirte, die umstellen würden, wurde jedoch kaum geändert“, sagt Elmar Konrad, Geschäftsführer im Bayerischen Bauernverband (BBV) für die Landkreise Main-Spessart, Aschaffenburg und Miltenberg. Die Bereitschaft bei den Landwirten sei da, sagt Konrad. Doch die Verkaufspreise für Produkte aus der zweijährigen Umstellungsphase von konventionell zu bio sinke: „Das Getreide kann vielfach nur noch zu dem Preis konventioneller Ware verkauft werden. Das sind etwa 18 Euro für 100 Kilo.“
Konrad kritisiert einen weiteren Punkt des Artenschutzabkommens: den Schutz von Gewässerrandstreifen. Nur noch bis zu einem Abstand von fünf Metern zu einem Gewässer dürfen Landwirte ihre Felder beackern. Ziel der Regelung: Lebensräume für Arten sollen so vernetzt, der Eintrag von Dünger in Fluss oder Teich verhindert werden.
Der Verzicht auf diese Flächen bedeute für die Landwirte einen spürbaren Einkommensverlust, sagt der BBV-Geschäftsführer: „Leider duckt sich unsere Politik weg und zahlt – wenn überhaupt – ein kleines Almosen.“ Schuldzuweisungen an die Landwirte hält Konrad nicht für gerechtfertigt, Kläranlagen oder die Industrie spielten für den Nährstoffeintrag in Gewässer ebenso eine Rolle. Die aber würden „bewusst nicht genannt“.
Patrick Friedl, der Grünen-Landtagsabgeordnete aus Würzburg, schätzt indes die Rolle der Landwirte beim Artenschutz als enorm ein. Über 46 Prozent der Fläche Bayerns, und somit der größte Anteil, werde landwirtschaftlich genutzt: „Kulturlandschaft hat die Artenvielfalt erst erzeugt. Gerade die Streuobstwiesen und die Wanderweidewirtschaft sind ökologisch extrem wichtig“, sagt Friedl. Und postuliert ein Jahr nach dem Volksbegehren noch immer: "Die Staatsregierung hat beim Artenschutz versagt!“
Bereits 2008 habe die Bayerische Biodiversitätsstrategie festgelegt „Bis zum Jahr 2020 soll die biologische Vielfalt in Agrarökosystemen wieder deutlich erhöht werden.“ Das genaue Gegenteil sei passiert, so der Grünen-Abgeordnete. „Und trotzdem hat der neue Umweltminister nichts Besseres zu tun, als das neue Artenschutzrecht gleich wieder auszuhöhlen, wie mit der Streuobstwiesenverordnung passiert.“
Thorsten Glauber (FW), so Friedl, habe trotz Kritik von Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV) für Bäume auf Streuobstwiesen, die geschützt werden müssen, festgelegt: Stammumfang mindestens 50 Zentimeter, Kronenansatz auf mindestens 1,80 Metern bei über drei Viertel des Bestandes, Baumabstand von nicht weniger als 10 Metern und nicht mehr als 20 Meter. Dies, sagt der LBV, treffe quasi auf keine bayerische Streuobstwiese zu. Viele Streuobstbestände würden nun nicht mehr geschützt. Der LBV bereitet gerade eine Klage vor.
Auch bei der Biotopkartierung, so Friedl, „kommt es immer wieder zum Zwist.“ Naturschützer wollten die Streuobstwiese geschützt sehen. Landwirte wollen sich nicht reinreden lassen. Die beiden Knackpunkte des Artenschutzabkommens für den Grünen-Abgeordneten: zu hohe oder niedrige Hürden für Schutz und staatliche Förderung sowie zu wenig Personal, um die Umsetzung kontrollieren zu können. „Der Bereich der Naturschutzbehörden ist seit Jahrzehnten unterfinanziert.“
Der Bayerische Landtag hat zwar 62 neue Berater-Stellen beschlossen. Doch nicht alle Landkreise werden laut Umweltministerium neues Personal bekommen. Insgesamt erhalten die unteren Naturschutzbehörden im Regierungsbezirk Unterfranken acht zusätzliche Stellen. Die Landkreise Haßberge, Miltenberg, Rhön-Grabfeld und Schweinfurt jeweils eine Stelle für eine Fachkraft für Naturschutz und Landschaftspflege. Die Landkreise Aschaffenburg, Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld sowie Würzburg jeweils eine Stelle für einen Biodiversitätsberater.
Erwin Scheiner, Vorsitzender des BUND Naturschutz in Main-Spessart ist enttäuscht, dass der Landkreis keine neue Stelle bekommt. „Die Anforderungen vor Ort nehmen zu und sind sicher sehr zeitintensiv und auch notwendig. Vielen Mitbürgern fehlt teilweise der Bezug zu unserer Natur und dafür ist dann Zeit für die Vermittlung notwendig.“
Das Volksbegehren beeinflusst auch die Natur in den Städten. Mal mehr, mal weniger. „Hier kommt es stark auf das Engagement der Verantwortlichen wie die Mitarbeiter der Bauhöfe und Stadtgärtner an", sagt Hilmar Keller vom Landschaftspflegeverband in Karlstadt. Es sei schon immer sein Ziel gewesen, die Grünanlagen ökologisch wertvoll zu gestalten. „Das Volksbegehren hat unser Tun als richtig und wichtig bestätigt.“
Auch Keller sieht in den Streuobstwiesen einen wichtigen Baustein zum Artenschutz. Doch in den Gemeinden komme es immer wieder zum gleichen Konflikt: Streuobstwiese oder Neubaugebiet? Der wichtige ökologische Gürtel rund um die Orte werde zu oft geopfert, sagt Keller.
Im eigenen Garten indes könne jeder Einzelne selber Positives bewirken. „Es muss nicht gleich ein kompletter Naturgarten sein. Ein wildes Eck im Garten hilft auch schon.“. Stukturvielfalt sei wichtig: Trockenmauern, Totholz, ein ungemähtes Stück Wiese und der Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und künstliche Dünger. „Vor allem Blaukorn wird leider immer noch gern verwendet.“ Das Interesse am biologischen Gärtnern habe durch die Volksabstimmung zugenommen. „Obst- und Gartenbauvereine fragen nun öfter nach Beratungen wie sie Flächen insektenfreundlicher gestalten können.“ In Kellers Augen reichen die Förderungen für ökologisches Handeln nicht aus. Da müsse einfach mehr vom Umweltministerium kommen. „Eine Prämie pro Baum auch für Privatleute wäre gut angelegtes Geld. Da könnte die Staatsregierung etwas bewegen.“
Sollten auch Verpflichtungen für alle gleich sein? Egal ob Flächen landwirtschaftlich oder privat genutzt sind? Elmar Konrad, Bezirksgeschäftsführer des Bauernverbandes, sagt: „Wenn es nur um die Sache geht, dürfte es keinen Unterschied geben.“
„Die Leute wollen alles gleichzeitig. Eine intakte Natur, aber bitte: Ordentlich und sauber! Das funktioniert so nicht“, sagt auch Kreisbäuerin Maria Hoßmann. Als Beispiel nennt sie die jährlich wiederkehrende Diskussion über das Unkraut auf dem Friedhof: „Viele haben für Rettet-die-Bienen unterschrieben, würden dann aber doch gerne zur Chemie greifen.“ Und auch die Steingärten gäbe es immer noch. Der Konflikt zwischen Naturschutz und Landwirtschaft sei nicht nötig findet die Landwirtin: „Wenn jeder regional, saisonal und nach Möglichkeit biologische Produkte einkauft, haben wir keine Probleme mehr.“
„Eine zähe Geschichte“, zieht Hartwig Brönner, Kreisgruppenvorsitzender des LBV Main-Spessart, seine Bilanz zum ersten Jahr mit dem neuen Artenschutzgesetz. Dabei seien manche Dinge einfach zu lösen. Mit einer Änderung der Leitfäden in den Kommunen könne man zum Beispiel schnell einen Schutz von Gebüschen und den letzten verbliebenen Hecken erreichen. Auch die „Steinwüsten“ in Vorgärten, mit denen die Eigentümer wertvollen Lebensraum zerstören, könnten verhindert werden, sagt Brönner. Ein positives Beispiel im Landkreis Main-Spessart sei hier der Markt Zellingen.
Auch an Wegesränder sei es einfach, die Insekten zu schützen, so Brönner: mähen ohne zu mulchen, um die Tiere nicht zu zerhäckseln. Die Kommunen machten es sich hier, so Brönner, oft zu einfach. „Die geben die Pflege an die Landwirte ab und die mulchen lieber.“
- Lesen Sie hier: Blühende Feldränder - Unkrautschleudern oder Ökosysteme?
Auch Hoßmann weiß von diesem Problem. Immerhin, sagt die Kreisbäuerin, würden die Bauern die Wegränder aber zeitlich und räumlich versetzt bearbeiten - und auch nicht mehr in der vollen Breite. „Früher hatte jeder Traktor einen Balkenmäher zum Mähen der Wegränder. Der war insektenfreundlicher.“
Und wie geht es der Honigbiene? Das kleine Insekt war im vergangenen Jahr zum Symbol für ein umweltfreundlicheres Bayern geworden. Hilft ihm das Artenschutzabkommen wirklich? Inga Klingner, Pressesprecherin des Landesverbandes Bayerischer Imker, blickt hoffnungsvoll in die Zukunft: „Das erste Mal sitzen alle an einem Tisch und sprechen miteinander: Landwirte, Imker, Arten- und Naturschützer, Politiker. Das alleine ist bereits ein Erfolg.“
"Grund und Boden"
extrem daneben.....aber Sie können Ihr Eigentum benennen wie Sie wollen !
So hab ich mir das vorgestellt: Erst große Klappe und dann schläfts ein, das persönliche Engagement, das j e d e r eingehen k ö n n t e.
Warum sollten Leute auf Ihrem Grundstück etwas machen, was sie gar nicht möchten?
Fragen Sie das ernsthaft?
Die Antwort ist einfach:
Selbst wenn Irgendwer glaubt, über eigenes Land verfügen zu können nach Gutsherrenart....Es handelt sich trotzdem und immernoch um unser aller Lebensgrundlage, die Erde...und da sollte man auch von Besitzdenkenden etwas Solidarität einfordern dürfen... verstanden? Ich hoffe es !
Bei mir sinds in der Nachbarschaft Junge (U 40!) mit zwei dicklichen Kindern....
Ein verwilderter Garten ist zwar schön für die Umwelt aber nichts fürs Auge und das spielt gerade in Siedlungen eine entscheidende Rolle. Verwildert ist dort ein Dorn im Auge! Dann lieber einen nett angelegten Steingarten.
Die Gründe dafür sind vielfältig. Angefangen von alten Leuten die ihren Garten nicht mehr allein pflegen können aber niemand haben der hilft oder jemand wüssten den aber nicht bezahlen könnten bis hin zu Menschen die viel unterwegs sind (wir haben bekanntlich einen Wohnmobilboom) und nur nach Hause kommen müssten um den Garten wieder herzurichten. Auch da ist so ein hübsch angelegter Steingarten die weitaus bessere Lösung.
Solange die Bauern meinen jedes störende Unkraut auf den Feldern vernichten zu müssen, solange Gemeinden blühende Randstreifen rigoros abmähen die weder stören noch irgendwie den Verkehr/Fussgänger behindern - so lange sollte es auch Steingärten geben dürfen.