
Als "moralische Instanz" und als "Glücksfall für unsere Stadt und unser Land" hat Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, gewürdigt. Die Stadt zeichnete den 69-jährigen Arzt am Montagabend mit der Ehrenbürgerwürde aus. Schuster nutzte seine Dankesrede, um einmal mehr vor der AfD zu warnen.
Der vergangene Sonntag habe in ihm "ambivalente Gefühle" ausgelöst, so der Zentralratspräsident. Dass im thüringischen Sonneberg - "gar nicht so arg weit weg von Würzburg" - erstmals in Deutschland ein Vertreter der rechtsextremen Partei zum Landrat gewählt wurde, beunruhige ihn sehr. Die Wählerinnen und Wähler müssten sich fragen, ob der temporäre Frust auf die politischen Kräfte "eine solche moralische Entgleisung, die unserer Demokratie nachhaltig schaden kann und wird", rechtfertige.

Gleichzeitig, sagte Schuster, habe ihn am Sonntag "zutiefst beeindruckt", dass sich mehrere hundert Menschen aus der Zivilgesellschaft in seiner Heimatstadt Würzburg dem Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke und seinen Parteifreunden lautstark und mit Sitzblockaden in den Weg gestellt haben, um sie an einer Kundgebung mitten auf dem Marktplatz zu hindern.
Höcke und Co. mussten ihren Aufzug aufgrund der Proteste abbrechen. Das sei eine Botschaft, die ihn zuversichtlich stimme, so Schuster unter dem Beifall der Ehrengäste im Ratssaal.
Würzburger Ehrenbürger Josef Schuster: Menschen nicht in die Arme von Rattenfängern laufen lassen
Was die AfD betrifft, sagte der Zentralratspräsident weiter, die demokratischen Parteien müssten Antworten finden, "in denen sich die Bürgerinnen und Bürger wiederfinden". Sie dürften die Menschen nicht "den Rattenfängern und Populisten in die Arme laufen lassen". Die AfD bezeichnete Schuster als eine "rassistische und menschenhassende Partei".
Einmal mehr war es also die aktuelle politische Entwicklung, die Josef Schuster beim Festakt im Rathaus beschäftigte. Er wolle nicht nur Mahner sein, hat der 69-Jährige immer wieder betont, seit er 2014 das Amt des Zentralratspräsidenten übernommen hatte. Viel lieber würde er über die Vielfalt jüdischen Lebens in Deutschland, die Feste, die Bräuche, reden.
Doch das eine geht nicht ohne das andere. "Wer weiß, wie Juden glauben, feiern und leben, der ist eher gefeit gegen antisemitische Vorurteile und Verschwörungstheorien." Dieses Schuster'sche Credo betonte auch Oberbürgermeister Christian Schuchardt in seiner Laudatio.
Schusters Engagement prägt die Stadt Würzburg
Josef Schuster, der 1954 in Haifa geboren ist, aber seit seinem zweiten Lebensjahr in Würzburg lebt, mehre durch sein Wirken das Ansehen der Stadt, begründete Schuchardt die hohe Ehrung.
Als konkrete Würzburger Projekte, die eng mit Schusters Namen verbunden sind, nannte der Oberbürgermeister die Integration der jüdischen Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion in die jüdische Gemeinde und das Stadtleben sowie den Bau des Kulturzentrums Shalom Europa. Außerdem erwähnte er die Gestaltung des mehrfach preisgekrönten "DenkOrt Deportation" am Würzburger Hauptbahnhof, der an die während der NS-Zeit ermordeten mainfränkischen Jüdinnen und Juden erinnert.
Unvergessen bleibe Schusters Appell zum Zusammenhalt, nachdem die Stadtgesellschaft in Würzburg am 25. Juni 2021 durch die mörderische Messerattacke am Barbarossaplatz erschüttert worden war.
Schuster sei ein "besonders glaubwürdiger Anwalt eines pluralistischen und weltoffenen, toleranten und demokratischen Deutschlands", sagte Schuchardt weiter, weil er nicht nur die jüdischen Interessen in der Gesellschaft vertrete. Schuster melde sich immer zu Wort, wenn er gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Angriffe gegen die Menschenwürde oder die Demokratie ausmache.
Dass neben der evangelischen Regionalbischöfin Gisela Bornowski und den katholischen Bischöfen Franz Jung und Friedhelm Hofmann mit Ahmed Bastürk auch ein Vertreter der Muslime in Würzburg beim Festakt dabei war, unterstrich diese Worte.
Josef Schuster spricht in seiner Dankesrede als Ehrenbürger über Pogrome im Mittelalter
In seiner Dankesrede ging Josef Schuster auf fast 900 Jahre jüdische Geschichte in Würzburg ein. Dabei wurde einmal mehr deutlich, welchen Brüchen das Zusammenleben zwischen nichtjüdischer und jüdischer Bevölkerung immer wieder ausgesetzt war.
Schon im Mittelalter gab es Pogrome, beispielsweise 1348, als auch in Würzburg das Gerücht gestreut wurde, die Juden hätten die Brunnen der Stadt vergiftet, was zur Pestepidemie geführt habe. Ein Großteil der jüdischen Bevölkerung wurde daraufhin ermordet.
Blütezeit des Miteinanders mit Juden in Würzburg an der Schwelle zum 20. Jahrhunderts
Eine Blütezeit des Miteinanders mit der christlichen Mehrheit erlebten Jüdinnen und Juden in Würzburg an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Mehr als 2000 Mitglieder zählte die Gemeinde. 1922 wurde ein Denkmal für die Würzburger Juden eingeweiht, die im Ersten Weltkrieg im Einsatz für ihr Vaterland gefallen waren.
Wenig später begannen die Repressalien, die schließlich im Holocaust mündeten.
Und dennoch: Nur vier Monate nach dem Zivilisationsbruch der Shoah gründeten 59 Überlebende, die aus den Vernichtungslagern zurückgekommen waren, wieder eine jüdische Gemeinde in Würzburg.
Heute zählt die Jüdische Gemeinde Würzburg und Unterfranken rund 1000 Mitglieder, seit 1998 steht ihr Josef Schuster vor.
Wie schaut’s denn mit den Unruhen in Dr Schusters Geburtsland aus? Wird da auch alles kommentiert?
und der Würzburger Bürger sollte sich sogar mit den Geschehnissen in seiner Stadt auseinander setzen.
Aber warum meinen Sie, Dr. Schuster hätte sich zu Ereignissen und Politik in der Republik Israel zu äußern?
Da klären Sie mich bitte mal auf.
Sie bringen hier den Begriff 'Geburtsland'
ins Spiel,
um was auch immer damit auszudrücken.
Zu anderen Zeiten,
wenn nicht das gesamte Deutsche Reich dem kollektiven Wahnsinn verfallen gewesen wäre,
würde die Geburtsstadt von Josef Schuster höchstwahrscheinlich Bad Brückenau in Unterfranken sein und eben nicht Haifa im heutigen Israel.
Über die Ursachen des Wegzuges der Familie aus Franken können Sie sich informieren,
und dass sich solches Schlamassel in Deutschland kein weiteres mal zutragen soll, das erklärt für Sie möglicherweise auch,
warum viele Menschen die AfD samt braunen Flügel nicht schätzen.
Shalömle und Tschüß
Sie wissen aber schon, dass Dr. Schuster deutscher Staatsbürger ist und der Geburtsort von einer Partei verursacht wurde, der die Apokalypse für Deutschland heute nacheifert. Die Familie Schuster hat ja nur durch die Flucht überlebt, fast alle jüdischen Mitbürger Frankens wurden von den ideellen Vorgängern der AfD deportiert und umgebracht.
Doch,
alle jetzt lebenden Deutschen haben die Verantwortung dafür, dass die idellen Nachfolger der Nazis, die Apokalypse für Deutschland, nicht wieder die Chance bekommen, rassistische Politik in Deutschland umzusetzen!
Doch sicher nicht dafür, dass er Bürgern in Thüringen meint vorschreiben zu dürfen / müssen wie diese zu wählen haben, oder?
Ich habe nichts gegen Hr. Schuster, bitte nicht falsch verstehen, aber mir geht dieses "Auszeichnung für dies, Auszeichnung für das" auf die Nerven. Jeder von uns, egal ob Müllwerker, Krankenschwester oder Fabrikarbeiter trägt seinen Teil zum Funktionieren der Gesellschaft bei, engagiert sich vielleicht noch irgendwie irgendwo und wird nie eine Auszeichnung bekommen.
Das Hr. Schuster eine moralische Instanz ist, bezweifle ich. Warum? Er hat seine Meinung, andere eine andere. Ist die der anderen weniger wert?
Sind sie vielleicht einfach nur neidisch?
Jeder, der sich in Deutschland traut ein Amt wie das des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden zu übernehmen ist durchaus eine moralische Autorität!
Dass dieses Amt nicht ohne Gefahren ist, werden Sie bestimmt auch anerkennen. Und sicherlich die wenigsten hier im Forum sind mutig genug sich solchen Gefahren auszusetzen.
und Würzburg kann stolz darauf sein, dass der aktuelle Präsident des Zentralrats aus seiner Mitte stammt. Besonders in Anbetracht der Tatsache, dass quasi alle Juden aus Franken im 3. Reich ausgelöscht wurden.
Neidisch? Nein wieso?
Mich ärgert nur, dass überall gejammert wird, dass kein Geld mehr da ist, aber für das gegenseitige Auszeichnen und den entsprechenden Feerlichkeiten ist immer Geld da.
Das Hr. Schuster sich traut, diesen Posten anzunehmen und dieser vielleicht nicht ungefährlich ist, dessen war er sich sicher bei der Übernahme des Postens bewusst und hätte es auch nicht machen müssen.
Das er deshalb eine moralische Instanz ist, nein bestimmt nicht. Polizisten und viele andere auch setzen sich für weniger Geld auch Gefahren aus und das für weniger Geld. Sind diese dann auch moralische Instanzen?
Ich bin stolz darauf, dass es Leute (wie in meinem Kommentar genannt), die tagtäglich alles dafür tun, dass in unserem Land noch alles so läuft wie es läuft. Leider werden diese aber immer weniger, die Nutznießer aber immer mehr.