Am Freitag befanden sich 35 Patienten im Klinikum Würzburg Mitte in Corona-Isolation, davon werden neun auf den Intensivstationen behandelt: fünf in der Missioklinik, vier im Juliusspital. Vier Patienten sind beatmet, ein Patient erhält eine Sauerstoffunterstützung mit Beatmung im Wechsel. Eine Patientin ist aus dem Landkreis Kitzingen übernommen worden. Die Tendenz der letzten Tage lässt zwar eine geringe Rückläufigkeit bei der Zahl der Covid-Patienten erkennen, aber die Zahl der intensivmedizinisch betreuten Betroffenen ist gestiegen.
Das operative Programm haben wir im Gesamtklinikum weiterhin reduziert. Die Notfallversorgung ist gewährleistet, dringend notwendige Operationen werden durchgeführt. Das wird jedoch von Tag zu Tag, von Fall zu Fall entschieden, um der hohen Nachfrage nach Intensivkapazitäten für Corona-Patienten entsprechen zu können. Wir hoffen, dass wir diese über die nächsten Wochen weiter stemmen und organisieren können.
Gefreut hat mich ein Gespräch mit einer Kollegin. Die Oberärztin ist eigentlich in Teilzeit in der Kardiologie im Juliusspital beschäftigt, arbeitet aber momentan zusätzlich im Impfzentrum. Die Stimmung und Zusammenarbeit bezeichnet sie als "sehr gut".
Natürlich gibt es auch Dinge, die einen bedrücken. Dazu gehören Gespräche, die man außerhalb der Klinik mitbekommt. Da schildern Personen ihre Krankheitssymptome, scheinen das aber nicht an der richtigen Stelle zu kommunizieren. Damit nehmen sie in Kauf, dass sie andere gefährden. Nachdenklich stimmt mich zudem, dass Menschen sich nicht richtig informieren - etwa über die Impfung und die Impfstoffe. Sie übernehmen - wohl aus Unsicherheit - leichtfertig und unreflektiert Spekulationen und Floskeln und schüren so Zweifel. Das ist nicht seriös.
Kritisch sehe ich zudem die Klagen über die Impfkapazitäten. Es wird das Versagen regionaler und nationaler Strukturen angeprangert ohne zu erkennen, wie groß die Herausforderung ist. Sicher war wohl die Euphorie, dass eine Impfung die Pandemie schneller beendet, etwas zu groß gewesen. Dennoch: Die Strategie hierzulande, auf mehrere Impfstoffe zu setzen, ist gerechtfertigt. Es bestätigt sich, dass diese Entscheidung richtig war.
In der Klinik habe ich Menschen erlebt, die wie selbstverständlich den Anspruch auf eine dringliche Operation wahrnehmen. Sie brachten aber kein Verständnis dafür auf, dass sie zuvor einen Coronatest machen müssen. Das können wir nicht tolerieren.
Zu den traurigen Momenten der letzten Tage gehört, dass ein Mitarbeiter seinen Vater verloren hat. Der Mann hat bis zuletzt in einer Arztpraxis mitgearbeitet, war zuvor nicht krank und ist an einer Coronainfektion gestorben. Der Mitarbeiter konnte sich kaum verabschieden, denn sein Vater wurde auf einer Intensivstation in einem anderen Bundesland behandelt und beatmet. Auch das muss man verarbeiten und sich gegenseitig unterstützen.
Priv.-Doz. Dr. Matthias Held (50) ist Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte. Dort ist der Lungenspezialist für die Covid-19-Patienten zuständig. Per Tagebuch gibt er seit vielen Wochen regelmäßig Einblicke in den Klinikalltag: www.mainpost.de/corona-tagebuch