"Kompakte Kühlbox für den Beifahrersitz oder für den Fußraum", heißt es im Internet. Sie "kühlt bis minus 18 Grad", hat einen "vollthermetischen Kompressor mit integrierter Steuerelektronik", eine "digitale Temperaturanzeige" und "zwei integrierte Getränkehalter". So wird "CoolFreeze CF 11" des schwedischen Herstellers Dometic online beworben. Und, heißt es da, sie mache "mobiles Kühlen und Gefrieren von Lebensmitteln und Getränken kinderleicht". In Bayern aber kamen die Camping-Kühlboxen jetzt zu einem anderen Zweck zum Einsatz: zum Transport des empfindlichen Corona-Impfstoffs, der bei Temperaturen um minus 70 Grad gelagert werden muss.
Zuerst hatte das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" darüber berichtet. Eine Sprecherin von Dometic erklärte dem Magazin gegenüber: "Dieses Produkt ist nicht für den Transport von Arzneimitteln kreiert worden." Inzwischen hat das bayerische Gesundheitsministerium bestätigt, 305 elektrische Kühlboxen beschafft zu haben, 93 seien zum Einsatz gekommen. Auch in Unterfranken wurde der Impfstoff bei den ersten Lieferungen in Dometic-Boxen transportiert, wie Recherchen der Redaktion ergeben.
Rhön-Grabfeld will die Kühlboxen austauschen
So wurde nur in Stadt und Landkreis Würzburg eine spezielle Impfstoff-Transportbox des Herstellers B Medical Systems genutzt, wie Fotos zeigen. Laut Landratsamt hatte das Gesundheitsministerium auch diese Boxen zur Verfügung gestellt. Dagegen bestätigten am Donnerstag die Stadt Schweinfurt sowie die Landratsämter Bad Kissingen, Rhön-Grabfeld, Haßberge, Main-Spessart, Miltenberg und Kitzingen auf Nachfrage, dass bei ihnen bislang für die Corona-Impfungen die Dometic-Boxen im Einsatz seien. Sie seien vom Ministerium gestellt worden, Probleme habe es keine gegeben.
Dennoch heißt es aus Rhön-Grabfeld, man werde auf Grund der Berichterstattung "sicherheitshalber auf andere Kühlboxen, welche wir noch als Reserve vorrätig haben, umsteigen". Das Landratsamt Aschaffenburg bestätigte, vom Ministerium gestellte Boxen verwendet zu haben, um welches Modell es sich handelte, wisse man nicht. "Wir haben nun aber die Regierung von Unterfranken gefragt, ob wir die Kühlboxen weiter verwenden sollen", so ein Sprecher. Eine Antwort stehe noch aus.
Gesundheitsministerium: Boxen haben "einwandfrei funktioniert"
Das Gesundheitsministerium wies unterdessen Kritik zurück, wonach die verwendeten Boxen nicht für den Impfstoff geeignet seien. Pannen wie in Schwaben und vor allem in Oberfranken, wo es rund um den Impfstart nach Weihnachten in mehreren Landkreisen Probleme mit der Kühlung gab und 1000 Dosen unbrauchbar wurden, seien nicht durch die Boxen verursacht worden. Schuld seien "Fehler" bei der Handhabung der beigelegten Temperaturmessgeräte gewesen, betont ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage der Redaktion. Wegen der Camping-Boxen selbst sei keine einzige Impfdose vernichtet worden. Die Boxen seien zudem nur für den kurzen Transport des Impfstoffs zwischen Impfzentren und Alten- und Pflegeheimen gedacht. Vorschriften zu den Transportbehältnissen gebe es nicht. Die Boxen hätten "nach vorliegenden Erkenntnissen einwandfrei funktioniert".
Beim Würzburger Isolier- und Logistikspezialisten va-Q-tec, reagiert man darauf mit Unverständnis. "Wer Vakzine mit diesen Boxen transportieren lässt, der zeigt für mich eine erschreckende Ahnungslosigkeit", so Unternehmenschef Joachim Kuhn. Schließlich müsse der Impfstoff kurz vor der Verwendung nach Angaben des Herstellers Biontech stabil in einem Temperatur-Bereich zwischen zwei und acht Grad gehalten werden. Bei winterlichen Außentemperaturen müsse eine Transport-Box deshalb auch wärmen können, erklärt Kuhn: "Doch eine Camping-Box kann das nicht." Die bayerische Staatsregierung mache sich mit dem Einsatz dieser Freizeit-Boxen daher weltweit zur Lachnummer: "Ich habe gerade mit Kollegen in Singapur telefoniert, die lachen sich tot über Bayern", berichtet Kuhn: "Kein Mensch auf der Welt transportiert diesen Impfstoff in einer Camping-Box."
Va-Q-Tec selbst beliefert mit seinen Impfstoff-Transportboxen derzeit viele Länder weltweit. Die US-Armee etwa gibt laut Kuhn den nun auch in Europa zugelassenen Moderna-Impfstoff an seine Soldaten in Transportboxen aus Würzburg aus. Auch viele Bundesländer in Deutschland hätten bei va-Q-Tec bestellt, erklärt der Firmenchef: "Wir machen derzeit ziemlich viel, aber nicht in Bayern." Warum ausgerechnet das eigene Bundesland nicht auf Hightech-Kühlung aus Unterfranken setzen wollte, "das weiß ich nicht", sagt Kuhn.
va-Q-tec hätte auch kurzfristig geliefert
Dabei habe man das bayerische Gesundheitsministerium im Herbst zum Transport der Corona-Impfstoffe noch umfangreich beraten, dann aber sei der Kontakt abgebrochen. "Wir haben dann vor Weihnachten nochmal nachgefragt, ob sie wirklich nichts brauchen", berichtet Kuhn. Eine Antwort habe va-Q-Tec nicht bekommen. Dabei habe man trotz hoher Nachfrage auch kurzfristig liefern können: "Für unser Heimat-Bundesland hätten wir natürlich noch geeignete Boxen gefunden." Diese wären zudem deutlich billiger gewesen als die vom Ministerium beschafften gut 400 Euro teuren Camping-Boxen, erklärt Kuhn.
Der va-Q-Tec-Chef legt großen Wert darauf, dass es ihm bei seiner Kühlbox-Kritik an der Bayerischen Staatsregierung nicht um persönlichen Ärger über ein verpasstes Geschäft geht: Auch die schwedische Firma Dometic habe eine für Vakzine geeignete Transport-Box im Programm. "Doch die hat das Gesundheitsministerium leider auch nicht bestellt", kritisiert Kuhn.
Warum das Ministerium nicht bei bayerischer Firma eingekauft hat
Warum der Freistaat Camping-Boxen anstatt besser geeigneter Spezialbehälter für den Transport der Corona-Impfstoffe gekauft hat, kann das zuständige Gesundheitsministerium jedoch auf Nachfrage genau so wenig beantworten wie die Frage, warum ausgerechnet Bayern eine weltweit gefragte Spezialfirma aus Unterfranken bei der Beschaffung von Kühlboxen ignoriert: Beide Fragen seien durchaus berechtigt, räumt ein Ministeriumssprecher ein. Man werde sich intern um eine Klärung bemühen. Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) wollte sich gegenüber der Redaktion nicht dazu äußern.
Und irgendein Politiker in Bayern kennt bestimmt Herrn Kuhn von VaQTec
Sonst hätte die Maßnahme das Dreifache gekostet, der erste Impftermin wäre der 1.12.2023 und am Ende hätte sich herrausgestellt, dass der Andi statt Covid19 Vaccine aus Versehen Anti-Thrombose Spritzen gekauft hätte. Natürlich hätte er dann behauptet, dass das so beabsichtigt gewesen sei, da man durch den Bewegungsmangel im Lockdown anfällig für Thrombosen geworden wäre.
Geld und Gold wird auch in gepanzerten Fahrzeugen und mit Sicherheitspersonal transportiert und nicht vom "Nachbarn Mustermann mit 1 Promille auf dem Fahrrad!"
Ähnliche Sorgfalt und Achtsamkeit darf man auch beim Impfstopfftransport erwarten! Ist ja nicht so, dass es ihn in jedem Supermarkt massenhaft zu fünf Cent die Dosis für jedermann zu kaufen ist... Zudem handelt es sich um ein medizinisches Produkt, da sind die Anforderungen zurecht hoch.
Meinen Sie Ihren Kommentar wirklich ernst?
Die größeren Mengen vom Hersteller in die Impfzentren werden doch jetzt schon mit Polizeibegleitung transportiert. Sie wollen dazu auch noch gepanzerte Fahrzeuge?
Wie kommen Sie darauf, dass der Impfstoff vom
„Nachbarn Mustermann mit 1 Promille auf dem Fahrrad!"
transportiert wird.
Diese Aussage ist eine Beleidigung für alle Ärzte, Pfleger und Helfer, die den Impfstoff von den Impfzentren in die Alten- und Pflegeheime bringen.
Gerade diesen Ärzten, Pfleger und Helfern gehört ein besonderer Dank.
Die Grundaussage von mir lautet: der (wertvolle) Impfstoff muss nicht nur von geschulten Personal (medizinisches Personal) transportiert werden sondern es muss auch in geeigneten Behältern geschehen - und das mit den geeigneten Behältern ist bisher nur unzureichend geschehen.
So, das war ein „etwas flapsiger Vergleich“
Hätten Sie sich vorher schlau gemacht, dann wüßten Sie, dass Medikamente, auch Betäubungsmittel, Packungen die mehrere Zehntausend Euro kosten oder bei den Kühlketten eingehalten werden müssen, mit Speditionen und Kurierdiensten transportiert werden.
Glauben Sie ernsthaft, dass auf jedem Fahrzeug das Medikamente vom Großhandel zur Apotheke bringt medizinisches Personal sitzt? Die müssen Auto fahren können aber doch nichts über Medikamente wissen.
Diejenigen, die den Impfstoff von den Impfzentren in die Alten- und Pflegeeinrichtungen bringen um dort zu impfen sind medizinisches Personal.
falls Sie nicht wissen, wohin mit den nicht mehr gebrauchten Dometic Bierkühlern: ich würde euch für den halben Neupreis gerne einen abnehmen. Das schafft Platz im Keller.
Fragen Sie bitte bei den Experten vom Ministerium für Digitalisierung (oder wer auch immer dafür zuständig ist) nach. Die schauen kurz in der Vorratsdatenspeicherung meine Kontaktdaten nach.
In freudiger Erwartung, Hochachtungsvoll
...
(nach Diktat verreist)
Was soll die dämliche Aussage:
„Bei winterlichen Außentemperaturen müsse eine Transport-Box deshalb auch wärmen können, erklärt Kuhn“
Die Boxen werden doch in einem Auto transportiert und nicht offen auf dem Dach.
In welchem Auto git es winterliche Außentemperaturen die so tief sind, dass die Box auf 2 – 8 Grad „aufgewärmt“ werden muss?
Der Artikel ist jedoch irreführend, liebe MainPost. Es wird so dargestellt, als ob die Kühlbox den geforderten Temperaturbereich von minus 70 grad nicht einhalten kann.
Dies ist jedoch für den unmittelbaren Transport zum Impftermin auch nicht notwendig, da braucht der Impfstoff weitaus wärmere Temperaturen, die diese Box auch grundsätzlich schafft.
Jedoch nicht zuverlässig und auch nicht im Winter, siehe Aussage von Herrn Kuhn.
Einige Kommentare zeigen jedoch, dass dies aufgrund der Formulierung der MainPost missverstanden wird.
das steht aber deutlich im Text: "Die Boxen seien zudem nur für den kurzen Transport des Impfstoffs zwischen Impfzentren und Alten- und Pflegeheimen gedacht." (Gesundheitsministerium) / "Schließlich müsse der Impfstoff kurz vor der Verwendung nach Angaben des Herstellers Biontech stabil in einem Temperatur-Bereich zwischen zwei und acht Grad gehalten werden." (Herr Kuhn)
Viele Grüße
Benjamin Stahl