In der ehemaligen Veranstaltungshalle Königsallee im Gewerbegebiet Fahrental in Güntersleben werden von 1. Oktober an geflüchtete Menschen ein vorübergehendes Dach über dem Kopf finden, denn das Landratsamt plant die Einrichtung der Halle als Notunterkunft. Die Nachricht darüber, die die Gemeinde Güntersleben vor circa drei Wochen auf ihrer Homepage veröffentlichte, sorgte zunächst für einigen Wirbel in der Bevölkerung und es wurde eine Unterschriftenaktion zur Verhinderung der Notunterkunft initiiert.
Seitdem brodelt die Gerüchteküche. Die Redaktion hat sich mit Anwohnern im Fahrental getroffen, um sich ein Bild über deren Anliegen zu machen. Weiter gab es ein Gespräch der Redaktion mit Landrat Thomas Eberth und dem zukünftigen Bürgermeister von Güntersleben, Michael Freudenberger, über die aktuelle Situation, Richtigstellungen von Gerüchten und, wie es in den nächsten Woche weitergeht. Eine Einordnung.
Wo soll die Notunterkunft in Güntersleben entstehen?
Die Notunterkunft soll am Ortsrand von Güntersleben im Gewerbegebiet Fahrental entstehen. Und zwar in der ehemaligen Veranstaltungshalle Königsallee, die schon seit Corona nicht mehr als solche genutzt wird. Im Fahrental haben auch verschiedene Firmen und Gewerbe ihren Sitz, manche Gewerbetreibende leben vor Ort mit ihren Familien. Nach Angaben von Klaus Götz, Inhaber des Betriebs Kaffeetechnik Götz und Peter Killinger vom Malerbetrieb Manufatture e Colori leben dort etwa 30 Anwohner.
Warum ist das Landratsamt auf der Suche nach Unterkünften?
Dem Landratsamt werden von der Regierung von Unterfranken weiterhin Asylsuchende und Flüchtlinge zugewiesen, der Landkreis verfügt aber nicht über genügend Gebäude, die angemietet werden können, erklärt Landrat Thomas Eberth bei einem Gesprächstermin im Landratsamt. Man sei also ständig auf der Suche nach leerstehenden Büroräumen, Logistikhallen, Gewerbehallen oder weiteren geeigneten Alternativen.
Wann geht es los mit der Notunterkunft in Güntersleben?
Wie Landrat Thomas Eberth berichtet, hat das Landratsamt die Räumlichkeiten in der Königsallee ab 1. Oktober angemietet. Dann wird die ehemalige Veranstaltungshalle als Notunterkunft hergerichtet. Wann dann wirklich erste Geflüchtete dort einziehen, hängt laut Eberth davon ab, wann "uns von der Regierung von Unterfranken weitere Asylsuchende aus dem Ankerzentrum in Schweinfurt zugewiesen werden". Notunterkünfte bestehen derzeit im Landkreis Würzburg je eine in Ochsenfurt, in Rottendorf und Unterpleichfeld. Aktuell sind 404 Plätze vorhanden.
Wer zieht in die ehemalige Königsallee ein?
Entgegen der Gerüchte in der Gemeinde, dass 70 Männer in die Unterkunft einziehen sollen, stehen weder das Geschlecht der Menschen noch die genaue Anzahl fest, erklärt Thomas Eberth. "Ob es Familien sein werden oder vermehrt junge Männer, das wissen wir nicht. Das hängt in dem Moment der Zuweisung davon ab, wer da im Bus sitzt", so Eberth.
Die Zahl 70, so der Landrat, sei von Anfang an eine ungefähre maximale Belegungszahl gewesen. Es könne sein, dass aufgrund von verschiedenen Faktoren wie beispielsweise Brandschutz oder der Unterbringung von Familien weitaus weniger Menschen dort untergebracht werden.
Was sind die Sorgen der Anwohner?
Klaus Götz, Inhaber des Betriebs Kaffeetechnik Götz und Peter Killinger vom Malerbetrieb Manufatture e Colori, arbeiten und wohnen 30 Personen mit ihren Familien im Gewerbegebiet. Sie hätten eine faire Informationspolitik seitens der Gemeinde vermisst, sagt Peter Killinger. "Wir haben erst von der Gemeindeseite erfahren, dass es die Notunterkunft direkt neben uns geben soll."
"Wir finden, dass die Königsallee zu klein ist, um 70 Menschen aufzunehmen", sagt Klaus Götz. Wenn so viele Menschen auf engstem Raum aufeinander leben, "egal welcher Nationalität", sei Ärger vorprogrammiert. Das bereite ihnen Sorgen, vor allem auch wegen ihrer Kinder und der älteren Menschen, die vor Ort leben.
Warum wurde eine Unterschriftenaktion initiiert?
Unter dem Namen "Zur Verhinderung einer menschenunwürdigen Notunterkunft in Güntersleben/Fahrental" startete eine Unterschriftenaktion von Anwohnern im Fahrental. Die Liste lag in Günterslebener Geschäften aus. Zur Begründung hieß es auf der Liste: "Wir – die Anwohner – betrachten diese Unterbringung als menschenunwürdig und sehen massive Probleme auf die Bewohner und Anwohner sowie die Gemeinde zukommen."
Die Befürchtung einer "menschenunwürdigen Unterbringung" wies Landrat Eberth zurück, "wir räumen jedoch ein, dass Notunterkünfte hinsichtlich Komfort und Privatsphäre unterhalb des Niveaus liegen, das in regulären Unterkünften für Geflüchtete erreicht wird". Eberth machte deutlich, dass die Gemeinde und die Bürger keinen Einfluss darauf hätten, ob die Notunterkunft komme. Das Landratsamt handle in diesem Falle staatlich für den Bund beziehungsweise den Freistaat Bayern.
Für die Anwohner, so Götz und Killinger, sei es wichtig, dass mit ihnen zum weiteren Vorgehen kommuniziert werde. "Wir fordern einen Kümmerer, der jederzeit erreichbar ist und sich für unsere Belange einsetzt, wenn es Probleme gibt."
Für wen sind Security und Kümmerer zuständig?
Weil "Bedenken, Ängste und Nöte der Bevölkerung ernst genommen werden sollen", wird ein Security-Team durchgehend vor Ort sein und ein so genannter "Kümmerer" als Ansprechpartner für die Bewohnerinnen und Bewohner der Unterkunft zur Verfügung stehen, informiert Landrat Thomas Eberth. Auch für die Anwohner soll es einen direkten Ansprechpartner als "Kümmerer" geben, versichert er. Zusätzlich sei die Polizeiinspektion Würzburg-Land über den Standort und die Kapazität der Notunterkunft informiert.
Wie sind die Gegebenheiten vor Ort in der Königsallee?
Die Königsallee hat eine Fläche von circa 250 Quadratmetern. Für die Bewohnerinnen und Bewohner werden - wie auch in der Notunterkunft im Palatium Ochsenfurt - Dusch- und WC-Container installiert. Der Vorwurf, es könne innen nicht belüftet werden, stimmt nicht. Das Landratsamt informiert, dass der Hauptraum der Königsallee auf der linken Seite über mehrere Glastüren verfügt, die sich auch zum Lüften öffnen lassen. Eine Heizung sei vorhanden.
Landrat Eberth erklärt, dass nach der Leitlinie über die Beschaffenheit von Unterkünften sieben Quadratmeter pro Bewohner "regelmäßig nicht unterschritten werden sollten". Je nach konkreter Einzelsituation vor Ort sei aber auch eine Abweichung nach unten nicht ausgeschlossen.
Wie soll die Informationspolitik weitergehen?
Der bereits gewählte Bürgermeister Michael Freudenberger (CSU) wünscht sich nach seinem Amtsantritt am 8. Oktober bezüglich der Notunterkunft einen engen Austausch mit dem Landrat. "Es ist ein großes Thema in der Gemeinde, zumal wir ja in der vergangenen Zeit auch schon über 140 Geflüchtete dezentral aufgenommen haben", schildert er. Die Sorgen der Anwohner müsse man ernst nehmen, die Lage sei angespannt.