Noch kann der Würzburger Kreistag aus dem Vollen schöpfen, auch wenn mahnende Stimmen lauter werden. Bei nur einer Gegenstimme verabschiedete das Gremium in der letzten Sitzung vor der Kommunalwahl den Haushalt 2020 mit einem Rekordvolumen von 185 Millionen Euro und gab einer Reihe von zusätzlichen Anträgen der Fraktionen statt. Neben Investitionen in Schulen, Straßen und medizinische Versorgung zählen Überlegungen zum Bau geschützter Wohnungen für von häuslicher Gewalt betroffene Frauen zu den markantesten Punkten in dem umfangreichen Planwerk.
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Diskussionsstoff im Vorfeld der Entscheidung bot die Höhe der Kreisumlage. Das ist der Anteil, mit dem sich der Landkreis an den Steuereinnahmen der Gemeinden bedient, und mit knapp 67 Millionen Euro der wichtigste Aktivposten im Kreishaushalt. Weil die Steuereinnahmen der Gemeinden nicht mehr so kräftig sprudeln wie in den Vorjahren und der Bezirk Unterfranken eine Erhöhung seiner Umlage um 1,5 Punkte angekündigt hat, hatte die Verwaltung vorgeschlagen, auch die Kreisumlage von 37 auf 38 Prozent zu erhöhen.
Kreisumlage bleibt bei 37 Prozent
Am Ende war man sich im Kreistag weitgehend einig darüber, die Kreisumlage nicht zu erhöhen. Zum einen, weil die Erfahrung lehrt, dass am Jahresende in der Vergangenheit stets mehr Geld übrig geblieben ist als geplant, zum zweiten, weil angesichts der Auftragsflut im Baugewerbe wahrscheinlich ohnehin nicht alle Investitionsausgaben zum Tragen kommen. Ochsenfurt als der größten Stadt des Landkreises bleiben durch die Entscheidung immerhin 120 000 Euro mehr in der Kasse.
Dass für die kommenden Jahre eine erhöhte Umlage eingeplant ist, nennt CSU-Fraktionsvorsitzender Manfred Ländner eine Vorsichtsmaßnahme. "Mir ist es ein Anliegen, den Gemeinden nicht im vorauseilenden Pessimismus Geld abzuverlangen, wenn der Grund dafür eine Prognose ist und nicht die aktuelle Haushaltslage", so Ländner.
Für Landrat Eberhard Nuß (CSU) war es nach zwölf Jahren im Amt der letzte Kreishaushalt, den er zu verantworten hat. Dass die Kreisumlage in dieser Zeit um zehn Punkte sank und der Kreis dennoch seine Schuldenlast von 37 Millionen Euro auf 13,6 Millionen Euro drücken konnte, schreibt Nuß nicht nur der guten Konjunktur zu, sondern auch den auf Nachhaltigkeit bedachten Entscheidungen seines Kreistags. "Wir haben unseren Generationenauftrag erfüllt und nicht zu Lasten nachfolgender Generationen investiert", so Nuß. Trotzdem habe der Kreistag seinen Gestaltungsspielraum über die Pflichtaufgaben hinaus gut genutzt.
Vier Millionen Euro freiwillige Leistungen
Unter anderem drückt sich dieser Gestaltungsspielraum in den freiwilligen Leistungen des Landkreises aus. Auf vier Millionen Euro ist ihre Summe inzwischen gestiegen. Anlass für den Sprecher von UWG/FW, Hans Fiederling, mehr Sorgfalt bei der Vergabe walten zu lassen. Schon in den Vorberatungen hatte Grünen-Kreisrat Christoph Trautner die Freigiebigkeit des Landkreises moniert.
Trautners Fraktionkollegin Karen Heußner sieht denn auch die Grünen als Garanten einer sparsamen und verlässlichen Haushaltspolitik. Dem vorliegenden Etat hielt Heußner unter anderem zugute, dass die längst fällige Sanierung der Förderschulen endlich beginnen soll. Mit den geplanten Verbesserungen beim öffentlichen Nahverkehr erfülle der Landkreis Forderungen der Grünen. Trotzdem fehle noch immer ein Gesamtkonzept, das eine verbesserte Tarifstruktur und die Ausstattung der Haltestellen und Umsteigepunkte mit einbezieht. Einen "großen Wurf für ganz Unterfranken" fordert hingegen Wolfgang Kuhl (FDP).
Gemeinsamer Mobilitätsausschuss von Stadt und Land
Entscheidenden Anteil an Verbesserungen beim ÖPNV macht auch die SPD-Fraktion für sich geltend. Mit dem Workshop, den die SPD 2019 angeregt hatte, sei Schwung in die Debatte gekommen, so Fraktionschef Stefan Wolfshörndl. Vorläufiger Höhepunkt der Entwicklung ist die bevorstehende Gründung eines gemeinsamen Mobilitätsausschusses von Stadt und Land. Grundsätzlich begrüße die SPD auch den CSU-Vorstoß, verstärkt Bürgerbusse zur Anbindung kleinerer Ortsteile einzusetzen. Allerdings müsse der Einrichtung solcher Linien eine genau Bedarfsanalyse vorausgehen.
Weniger zufrieden mit dem Zahlenwerk ist Matthias Henneberger von der ÖDP. Der Steuerfachmann kritisiert, dass der Landkreis betriebswirtschaftlich gesehen im laufenden Jahr ein Minus von knapp sieben Millionen Euro machen wird. Das liegt vor allem an den Abschreibungen auf Gebäude und Anlagen, führe aber vor Augen, dass der Kreis von der Substanz lebt, so Henneberger.
Wohnungen für Opfer häuslicher Gewalt
Eine Überraschung hatte sich Landrat Eberhard Nuß für seine letzte Haushaltssitzung aufgespart. Weil die Zahl von Wohnplätzen für Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt wurden, nicht ausreiche, schlägt Nuß den Bau einer geschützten Wohnanlage für sechs bis acht Frauen mit ihren Kindern vor. Eine Million Euro sind dafür in den Jahren 2020/21 vorgemerkt.
Ein erstes Konzept für den Bau eines Frauenhauses im Landkreis hatte die Gleichstellungsbeauftragte Carmen Schiller bereits im Kreis der Fraktionsvorsitzenden vorgestellt. Sie sieht in der Bereitstellung der Mittel eine Vorentscheidung, für die sie dem Kreistag dankte. Dort war man sich einig, dass das Projekt nur in enger Abstimmung mit der Arbeiterwohlfahrt und dem Sozialdienst katholischer Frauen umgesetzt werden kann, die bereits in Würzburg jeweils ein Frauenhaus mit sechs Wohnplätzen betreiben.
Das ist alles Auslegungssache. Wenn man nämlich jede Position einzeln betrachtet könnte man nämlich genauso gut behaupten dass der Radverkehr überproportional viel bekommt.