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WÜRZBURG
Der Aufreger am Marktplatz wird zehn Jahre alt
Licht und Schatten auf dem Marktplatz: Das wegen seiner Dimension und Gestaltung umstrittene Forum-Haus wurde vor zehn Jahren eröffnet. Die Kritik ist geblieben.
Foto: Thomas Obermeier | Licht und Schatten auf dem Marktplatz: Das wegen seiner Dimension und Gestaltung umstrittene Forum-Haus wurde vor zehn Jahren eröffnet. Die Kritik ist geblieben.
Holger Welsch
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:36 Uhr

„Das Gebäude funktioniert. Architektonisch, städtebaulich und funktional“, sagt Bankvorstand Joachim Erhard. Es ist ein klares Statement zu einem der umstrittensten Gebäude der jüngeren Stadtgeschichte, das an diesem Dienstag, 24. April, zehn Jahre alt wird: das Forum-Haus der VR-Bank Würzburg auf dem Marktplatz. Wie sie das schon als „Schandfleck“ bezeichnete Haus heute finden, fragte die Redaktion Beteiligte von damals sowie Experten für Architektur und Stadtgeschichte.

Erhard als Vertreter des Bauherrn will solche Fragen bei einem Rundgang über den Marktplatz beantworten. Erhard zeigt am Portal der Marienkapelle, dass es trotz des Forum-Hauses noch den oftmals vermissten Blick zur Festung gibt, er spricht über die seiner Ansicht nach gelungene Platzabrundung durch das Haus und lobt dessen Architektur. Diese sei modern und herausstechend – ein Kontrapunkt zur Umgebung, den man auch bewusst setzen wollte.

Der Entwurf mit seinen vielen Lamellen über der Glasfassade soll Leichtigkeit und Transparenz, signalisieren, was auch den Bauzwängen geschuldet ist: Das Haus auf der Tiefgaragendecke durfte nicht zu schwer werden. „Aus meiner Sicht könnten es ein paar Lamellen weniger sein“, antwortet Erhard auf die Frage, ob man aus heutiger Sicht anders bauen würde. „Viel Zustimmung“ zum Forum hat Erhard bei den Kunden ausgemacht, wobei die Gestaltung nicht mehr das große Thema sei.

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„Eine Chance verpasst“

„Es gibt noch immer negative Kommentare zu diesem Gebäude. Aber sie sind seltener geworden“, sagt Gästeführer Rudi Held. Wenn Teilnehmer seiner Führungen über das Haus diskutieren, seien der Viertel von ihnen davon nicht begeistert.

Held gefällt das Forum nicht. „Vielen Würzburgern und auch mir hätte eine historisierende Architektur gefallen“, sagt er. Nicht zuletzt in Bezug zum Petrini-Haus, das bis zum Krieg dort stand, hätte sich Held die Verblendung des modernen Innenbaus „mit einer repräsentativen Barockfassade im Petrini-Stil“ gewünscht.

So sieht er „die Chance verpasst, die Aufenthaltsqualität in der ohnehin recht tristen Südwestecke des Marktplatzes zu verbessern“. Das Beispiel zeige, dass bei Neubauten an wichtigen öffentlichen Plätzen wie dem Marktplatz mehr Bürgerbeteiligung sinnvoll wäre.

„Ein schlechter Kompromiss“

„Öffentliche Partizipation garantiert noch keine gute Architektur“, sagt Stadtheimatpfleger Hans Steidle. Die Opposition gegen den Forum-Bau sei aber berechtigt gewesen, ein Konflikt zwischen Bauplanung an sensiblen Standorten und einer interessierten Bürgerschaft legitim. Projekte in der Altstadt müsse man, was Dimension und Formensprache angeht, „integrativ und nicht solitär“ planen.

Petrinihaus um 1900       -  Das Wohnhaus des fränkischen Baumeisters Antonio Petrini war ein Vorläufer des Forum-Hauses. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Aufnahme entstand um 1900.
Foto: Stadtarchiv | Das Wohnhaus des fränkischen Baumeisters Antonio Petrini war ein Vorläufer des Forum-Hauses. Es wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Die Aufnahme entstand um 1900.

Der Forum-Bau ist für Steidle „ein schlechter Kompromiss von traditionellem Traufseitenhaus mit Walmdach und einem Glasbau“. Die Glasfassaden könnten die historischen Bauten um den Markt spiegeln. Das aber verhinderten „die unpassenden Muschelkalk-Riegel“ am Haus. Und das Glasdach verdecke den Festungsblick und passe nicht in die altstädtische Dachlandschaft.

„Ein Fremdkörper geblieben“

Zu den Forum-Gegnern zählt auch Architektur-Historikerin Suse Schmuck. Sie hatte einst schon gegen die Planung in einem Brief an die damalige Oberbürgermeisterin Pia Beckmann interveniert: „Der jetzt geplante Solitär des Bankgebäudes nimmt zu viel Fläche ein, ist zu hoch, zu isoliert, in seiner Architektursprache mit Glas-Steildach und Steinlamellen hoffnungslos modisch, kurzum, er wird den Marktplatz massiv verschandeln.“

Auch nach zehn Jahren hat Schmuck ihre Meinung nicht geändert: „Das Bankgebäude ist ein Fremdkörper geblieben.“ Man spüre an dem Haus, dass alles „Fassade“ sei: beliebig und durch beliebig anderes ersetzbar. Schmuck spricht von einem „Karnickel-Kisten-Outfit“. „Das Gewand des Hauses ist modisch. In 20 Jahren wird es hoffnungslos altmodisch sein“, prognostiziert sie.

„Die Architektur ist durchaus gelungen“

Stadtbaurat Christian Baumgart dagegen hatte und hat kein Problem mit dem Haus. Bei der Eröffnung vor zehn Jahren forderte er angesichts der heftigen Diskussionen von den Kritikern „etwas mehr Gelassenheit, mehr Sachlichkeit, liebe Würzburger!“ Man müsse das Haus nicht lieben, es müsse aber möglich sein, ein solches Gebäude „ohne eine letztlich nicht mehr kontrollierbare Schmäh-Debatte“ zu bauen.

Petrinihaus       -  Großbaustelle unterer Markt im Jahr 2007: Das Forum-Haus ist teilweise noch ohne Lamellen, die Zufahrt zur Marktgarageneinfahrt ist noch zu erkennen.
Foto: Thomas Obermeier | Großbaustelle unterer Markt im Jahr 2007: Das Forum-Haus ist teilweise noch ohne Lamellen, die Zufahrt zur Marktgarageneinfahrt ist noch zu erkennen.

Baumgart heute: „Nach wie vor halte ich aus fachlicher Sicht eine Fassung des Marktplatzes nach Westen für wichtig, den städtebaulichen Abschluss durch das Forum für sehr gut und die Architektur für durchaus gelungen.“

„Architektur ist Geschmacksache“

„Das Forum war weder damals ein Augenstern von mir noch ist es das heute. Aber es war das fundierte Ergebnis eines Investoren-Wettbewerbs. Und Architektur ist Geschmacksache.“ Das sagt die damalige Oberbürgermeisterin Pia Beckmann, in deren Amtszeit der Bau genehmigt wurde.

Beckmann erinnert an die Zwänge vor zehn Jahren: Die Stadt hatte kein Geld für die nötige Tiefgaragen-Sanierung und war auf private Investorenhilfe wie vom Forum-Haus-Bauherrn VR-Bank angewiesen. So wurde der untere Markt autofrei und größer, erhielt wieder den historischen Platzcharakter – und „eine neue Qualität als Veranstaltungsort und Treffpunkt“, wie Beckmann betont. Ihr Fazit: „Ich würde das Haus wieder bauen lassen, wenn die Sachzwänge die gleichen wären wie damals.“

 
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  • kej0018@aol.com
    Sah Scheußlich aus, sieht scheußlich aus.
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  • vrimmoservice
    Ein „historisierendes Gebäude“ hätte hier jemand besser gefallen?!
    Na klar. Am besten die ganze stadt wäre wieder wie vor dem Krieg und überhaupt war früher alles besser!
    Hat sich eigentlich mal jemand die anderen Gebäude angesehen, die den Marktplatz umgeben. Wer hat die denn in den 50ern und 60ern genehmigt??
    DIE sind hässlich!
    Mann, Mann, Mann. Gabs vor 10 Jahren eigentl. keine BI? So wie heute. Wo in Würzburg keine 3 rasensteine mehr verlegt werden können, ohne dass sich eine BI gründet, die dagegen ist.
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  • chrihand
    Es ist hässlich...es bleibt hässlich.
    Richtig schlimm ist allerdings, dass der Blick auf die Festung verbaut wurde.
    Neben der unpassenden Architektur ist dies die meistgehörte Kritik an diesem Bau.
    Geäussert vor allem von Menschen, die nach langer Zeit wieder einmal Würzburg besuchen. Der Klotz hätte ja zumindest niedriger ausfallen können.
    Und im Winter kommt auch die Sonne nicht mehr auf den Platz.
    Naja...Provinz auf Weltniveau.
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  • reutjo
    " Neue Qualität "....... hat sie gsocht !

    des stimmt und drum is sie u.a. nimmer gewählt worden. Genauso wie des ene Stimmle pro. Die demokratischen Wahlbürger ham beim "Forum richtig entschieden.
    Seinerzeit danach ....
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  • rebnik
    Die Würzburger sollten froh und dankbar für das Forumshaus sein, denn es ist das ideale Ventil für ihr unaufhörliches Motz- und Jammerbedürfnis.

    Ich finde das Forumshaus stark. In einem bunt zusammengewürfelten Marktplatzensemble (gotische Marienkapelle, Falkenhausrokoko, Barock, Renaissance des Hofes Castell, Nachkriegsarchitektur) ist es der angemessene und selbstbewusste Beitrag unserer zeitgenössischen Architektur.

    Ja, wo isse denn, die Fesdung??? Ich seh se fei nimmer! *heul heul heul* grinsen grinsen grinsen
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  • sepele
    Danke für diesen Kommentar, volle Zustimmung. Auch zeitgenössische Architektur darf und muss ihren Platz haben, gerade auch am Marktplatz!
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  • peterlesbub
    Ein jedes Gebäude erfüllt seinen Zweck, und sei es als negatives Beispiel.
    Volksbank, nein danke
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  • meeviertel
    Wo ist die Abrissbirne?
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  • saf.wuerzburg@t-online.de
    ... und die Erde ...

    ... sie dreht sich weiter um die Sonne ...
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  • jlattke
    Das Haus selbst geht eigentlich in Ordnung. Schon immer. Aber an einem anderen Ort. Dort ist es eine städtebauliche Katastrophe (wie vieles was der scheidende Zuständige zu verantworten hat – ich hoffe der Machfolger beweist wenigstens Feingefühl und Geschmack). Mit dem Haus wurde der Marktplatz schlichtweg verschandelt. Schon allein es in die Blickachse von Langgasse/Gressengasse positioniert wurde, grenzt an ein städtebauliches Schwerverbrechen.
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  • info@softrie.de
    Ich mag es. Habe eh andere Dinge bzw Probleme.
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  • Leider
    war Frau Beckmann schon zu ihrer OB-Zeit beratungsresistent und ist das bis heute geblieben.
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  • Plecherbub
    Auch nach 10 Jahren ist dieser Fehlbau für mich jedesmal ein Ärgernis und er schreit geradezu, ich gehöre hier nicht hin, macht mich weg, keiner mag mich.
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  • terrain
    Geehrter Herr Stadtbaurat, selbst das architektonisch gelungenste Haus muss m. E. im geeigneten Umfeld stehen um zu begeistern. Und hier passt es eben nicht optimal.
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  • deactivated_20.09.2023.09.15_f534240u
    Und ist noch genauso Unpassend und Hässlich wie vor 10 Jahren!
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