
Erich Scheiner sitzt an seinem Küchentisch und beobachtet den morgendlichen Verkehr auf der Veitshöchheimer Straße unterhalb seines Hauses. Auf dem Tisch liegt die aktuelle Ausgabe der Main-Post, daneben steht eine leere Kaffeetasse. Er kennt kein Leben ohne die Zeitung. "Meine Eltern waren Zeitungsausträger", erzählt er von seiner ersten Berührungen mit der Zeitung. Heute ist er 99 Jahre alt.
Erich Scheiner wird im Dezember 1924 in der Gemeinde Urspringen im Landkreis Main-Spessart geboren. Er beendet die Schule und absolviert anschließend eine Lehre zum Bäcker. Mit gerade mal 17 Jahren wird er im August 1942 in den Zweiten Weltkrieg geschickt.
Sein eigenes, tägliches Main-Post Abonnement schließt er 1953 ab, das Jahr in dem er nach Würzburg zieht. Zu diesem Zeitpunkt liegt die Stadt noch immer in Trümmern. Die Menschen sind arm, es gibt keine Arbeit. Scheiner arbeitet als Omnibusfahrer für die US-Army. Nach sieben Jahren wechselt er zur Würzburger Straßenbahn GmbH und arbeitet dort bis zur Rente.
Erich Scheiner über die Umbrüche der Main-Post
Wer 70 Jahre lang täglich die Main-Post liest, der erlebt nicht nur Ereignisse aus aller Welt sondern auch die Entwicklung der lokalen Zeitung mit. In einer Zeit, in der es nicht einmal ein richtiges Fahrrad gibt, erscheinen plötzlich Bilder zum Text in der Zeitung. Erst schwarzweiß, dann bunt. Für die Leser war das laut Scheiner eine Sensation. "Jede Woche kamen Bilder an neuen Stellen dazu." Eine Kamera zu besitzen ist damals ein Wunder. Ohne Erich Scheiners Tante, die seinerzeit einen Fotoapparat besaß, gäbe es heute kein einziges Foto aus seiner Jugend.
Inhaltliche wie äußere Veränderungen, wie Schriftart oder Layout der Main-Post, haben Erich Scheiner nie groß gestört. Auch mit 99 findet er die Zeitung gut lesbar und logisch aufgebaut. Sein Fazit: "Ich lese sie heute genau so gerne wie früher."
"Ich habe die Zeitung immer gebraucht um alle Neuigkeiten mitzubekommen", sagt der Würzburger. Sich eine Zeitung leisten zu können, sei früher keine Selbstverständlichkeit gewesen. Als Bäckergeselle habe er zehn Mark, ungefähr fünf Euro, in der Woche verdient. Scheiner erinnert sich an einen Schlüsselmoment. Seine Mutter konnte sich Lehrmittel ihrer Kinder, die 15 Pfennig kosteten, nicht so einfach leisten. Sie handelte mit Eiern, um die Bildung ihrer Kinder finanzieren zu können.
Der 99-Jährige liest bis heute fast jeden Artikel, die Inhalte sind für ihn weiterhin interessant. Sein erster Blick gilt dem Wetterbericht. Danach kommt sein Lieblingsressort - der Sport. "Mit Themen wie dem Internet künstlicher Intelligenz habe ich es natürlich nicht so."
Sportteil und Wetterbericht geht noch.
Der Politik-Teil ist bloß schlecht für´s Herz...
;-)