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Würzburg
Straßenbahn-Ausfall in Würzburg: Weil die modernen Fahrzeuge Probleme haben, übernehmen jetzt die Straba-Oldies
Deshalb zieht der der Straba-Ausfall Schaulustige aus ganz Deutschland nach Würzburg: Sechs rund 50 Jahre alte Straßenbahnen sind seit drei Wochen im Dauereinsatz.
Jetzt wieder präsent: Die fast 60 Jahre alten Straßenbahnen GT-D fahren vom Bahnhof in die Sanderau, weil 21 neuere Fahrzeuge ausgefallen sind. 
Foto: Daniel Peter | Jetzt wieder präsent: Die fast 60 Jahre alten Straßenbahnen GT-D fahren vom Bahnhof in die Sanderau, weil 21 neuere Fahrzeuge ausgefallen sind. 
Manuela Göbel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:37 Uhr

Erst das Knacken der Falttüren, dann der Geruch nach elektrischer Abluft, Öl und etwas Plastik - wer in eine der schmalen, rundlichen Straba-Wagen steigt, betritt das Würzburg der 60er bis 80er Jahre. Diese Reise in die Vergangenheit ist eine Folge des Ausfalls von 21 modernen Straßenbahnen: Seit drei Wochen stehen diese im Depot, weil sie Defekte am Fahrwerk haben könnten. Rund 50 Jahre alte Strabas der Düsseldorfer Waggonwerke (Duewag) sind die Retter in der Not.

"Unsere sechs Duewag-Straßenbahnen sind seit dem 6. November zwischen Sanderau und Hauptbahnhof im Einsatz", sagt Bernd Karl, Geschäftsführer der WVV-Tochter Würzburger Straßenbahn GmbH (WSB). Ohne die Oldies müssten auch hier Busse fahren. Karl: "Wir sind heilfroh, dass sie da sind und so gut in Schuss gehalten wurden." 

Eine Düwag-Straßenbahn Anfang den 70er Jahre in der Juliuspromenade. 
Foto: Archiv WVV | Eine Düwag-Straßenbahn Anfang den 70er Jahre in der Juliuspromenade. 

Normalerweise helfen zwei GT-D8 (achtachsige Gelenktriebwagen) nur bei den Schülerbeförderungen am Morgen und zur Mittagszeit. Jetzt sind alle sechs zwischen 1967 und 1975 angeschafften Straßenbahnen den ganzen Tag im Einsatz. Das lockt Fans aus ganz Deutschland nach Würzburg.   

Fotografen warten am Hauptbahnhof und am Betriebshof auf die Duewag-Strabas

Von "Duewag-Festspielen" schreibt jemand im Internetforum Drehscheibe-online, der wie viele andere in den letzten Wochen aktuelle Bilder und Filme der alten Straßenbahnen ins Netz stellte. "Grüppchen von Fotografen stehen am Hauptbahnhof oder auch am Betriebshof in der Sanderau", berichtet Geschäftsführer Karl. Neulich sei einer von ihnen einer Duewag-Straba mit dem Fahrrad gefolgt, um sie von hinten und von vorne abzulichten. 

Im Würzburger Depot stehen die Düwag-Straßenbahnen. Das Foto entstand im Jahr 1969. 
Foto: WVV Archiv | Im Würzburger Depot stehen die Düwag-Straßenbahnen. Das Foto entstand im Jahr 1969. 

Die Begeisterung für die Strabas der Düsseldorfer Waggonfabrik rührt daher, dass diese ab den 50er Jahren in Deutschland weit verbreitet waren. Heute halten einige Städte sie noch als eiserne Reserve. "So viele Duewag-Straßenbahnen wie aktuell in Würzburg unterwegs sind, fahren aber aktuell nirgendwo in Deutschland herum", sagt Karl. 

Bunte Duewag-Straßenbahnen 1994 am Bahnhof.  
Foto: WVV Archiv | Bunte Duewag-Straßenbahnen 1994 am Bahnhof.  

Aber nicht nur technikaffine Straba-Liebhaber freuen sich. Auch bei vielen Würzburgern wecken die  rollenden Museumsstücke nostalgische Gefühle. 

"Unsere Mitglieder freuen sich, dass die Duewag jetzt in der Stadt häufig zu sehen ist", sagt Konrad Schliephake, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Würzburger Straßenbahn (IWS). Beim 79-jährigen Schliephake wecken die Straba-Oldies Erinnerungen an seine Kindheit. "Als Bub bin ich mit 5 Pfennigen  in der Hand in der Sanderau eingestiegen und in die Stadt gefahren."

Die 145 Fahrerinnen und -Fahrer der WSB haben alle gelernt, auch die Oldies zu fahren. Manche der Kollegen, so berichtet Fahrmeister Alexander Sommer, schätzen das "echte Fahrgefühl" bei den Duewags, obwohl diese weniger Komfort haben. Wie motorisierten Oldtimern fehlt auch Straba-Oldies elektronische Unterstützung beim Anfahren oder Bremsen. Es braucht mehr Gefühl, damit die Räder dabei nicht durchdrehen oder blockieren.

In modernen Straßenbahnen wie den jetzt ausgefallenen GT-N-Zügen steckt mehr Technik - was sie auch problemanfälliger macht. Laut Geschäftsführer Karl liegt das zum Beispiel am barrierefreien Einstieg. Die alten Wagen haben die Antriebstechnik am Wagenboden. Bei den tiefer gelegten neuen, sind Teile davon auf dem Dach - und damit die technisch kompliziertere Variante.

Fahrmeister Alexander Sommer am Bedienpult einer Düwag. 
Foto: Patty Varasano | Fahrmeister Alexander Sommer am Bedienpult einer Düwag. 

Weil die steilen Stufen der Duewags mit dem Rollstuhl gar nicht und für gehbehinderte Menschen oder mit Kinderwagen nur schwer zu schaffen sind, wird auf deren Strecke aktuell alle 50 Minuten ein Niederflurfahrzeug eingesetzt. "Trotzdem ist die Situation natürlich für manche Fahrgäste schwierig", sagt Karl und berichtet von einigen Unmut, den vor allem die Fahrerinnen und Fahrer zu spüren bekämen.   

Fotoserie

"Aber die Fahrgäste helfen sich auch vermehrt gegenseitig", beobachtet Karl. So würde älteren Menschen beim Ein- und Aussteigen Unterstützung angeboten und Einkaufstaschen oder Rollatoren die Stufen hochgetragen werden. Damit habe der Einsatz der unkomfortableren Straba-Oldies auch einen positiven Nebeneffekt: Mehr "menschliches Miteinander" im ÖPNV.

Unser Archivbild aus dem Jahr 2006 zeigt die Verladung von einer ausgemusterten Duewag-Straßenbahn, die nach Rumänien geliefert wurden.
Foto: Stefan Pompetzki | Unser Archivbild aus dem Jahr 2006 zeigt die Verladung von einer ausgemusterten Duewag-Straßenbahn, die nach Rumänien geliefert wurden.

 Infos zum aktuellen Straßenbahn-Fahrplan

Nachdem ein technischer Defekt an einem Fahrzeug der Baureihe GT-N festgestellt wurde, stehen seit 6. November alle 21 Straßenbahnen der Baureihe still. 19 Straßenbahnen fahren auf den Linien 4 (Sandrau-Hauptbahnhof) und 5 (Rottenbauer-Grombühl) im Zehn-Minuten-Takt, in die Zellerau Busse. Infos: https://www.wvv.de/ersatzfahrplan
Quelle: WVV
 
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  • Rainer Gaiß
    Die verbliebenen 6 DÜWAGs sind zumindest optisch innen und außen in einem außergewöhnlich guten Zustand, da sie in den letzten Monaten noch einmal "aufgehübscht" wurden. Man könnte meinen, dass man das Desaster kommen hat sehen. Die GT-N wurden zwischendurch ja schon einmal aus dem Verkehr gezogen, nur nicht alle auf einmal.

    Zur Frage, wo die GT-N herkommen: Sie wurden Mitte der 90er bei Linke-Hofmann-Busch in Salzgitter gebaut. Diese Fahrzeuge gibt es ausschließlich in Würzburg. Die Firma existiert nicht mehr, sie wurde von Alstom übernommen.

    Was die Barrierefreiheit betrifft, so fährt aktuell zwischen Hauptbahnhof und Sanderring ein barrierefreier Wagen der Linie 5 voraus, sodass nur zwischen Sanderring und Endstation Sanderau die Rollstuhlfahrer ein Problem haben. Kinderwagen und Rollatoren schaffen es meist irgendwie.
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  • Wolfgang Stimmler
    Dann hat der Ausfall der Flotte auch etwas Gutes. Wenn schon die Geschäfte in der Innenstadt keine Besucher anlocken, bewirken das jetzt die alten Straßenbahnen.
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  • Barbara Fersch
    willkommen in der Steinzeit !
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  • Helga Scherendorn
    Ich finde es lustig, und passt ganz genau zu Würzburg
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  • Andreas Gerner
    So schlimm ?

    Haben auch andere Städte ihre GT-N Flotte komplett bis auf weiteres in die Depots gepackt ?

    Oder übertreibt Würzburg ein wenig ?
    Immerhin sind die ja je ein Vierteljahrhundert gefahren und jetzt hatte mal eine einen Defekt am Fahrwerk...

    Die Belastung auf´s Fahrwerk und damit das Auftreten von Defekten reduziert sich wohl grundlegend, wenn man die Fahrgeschwindigkeit etwas reduziert. Wird bei Bahnen nicht anders sein als bei LKW, PKW und anderen Straßenfahrzeugen.

    Bis die Fahrwerke nacheinander alle überprüft sind, könnte man demnach bestimmt mit einem Großteil der Flotte und um 20% reduzierter Geschwindigkeit den Fahrbetrieb aufrecht erhalten, ohne nennenswerte Risiken einzugehen. Dass viele jetzt notgedrungen Auto fahren, bzw. die Kinder mit dem Auto zum Unterricht bringen, ist sicher das größere Risiko.
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  • Peter Koch
    Es ist schon seltsam was da passiert. Eine alte Straba von 1996 hat einen Defekt am Fahrwerk und sofort werden alle baugleichen Fahrzeuge aus dem Verkehr gezogen. Was soll der Schmarrn? So ein Schaden bedeutet doch nicht, dass es sich um einen Systemfehler handelt.
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  • Simona Kopanicakova
    Ist die Frage inwiefern bei diesem Defekt ein Risiko für Leib und Leben für Fahrgäste, Passanten oder Rad-/Autofahrer, besteht. Ich gehe davon aus, dass das der Fall ist (oder aber ein ähnlich schwerwiegendes Risiko), dann ist die vorübergehende Stilllegung die einzig richtige und verantwortungsvolle Maßnahme. Das ist rechtlich auch so erforderlich, da sonst die Wvv in die Haftung gerät, wenn sie wider besseren Wissens die Fahrzeuge fahren lässt. Normales Vorgehen.
    Wäre schön, wenn die Zeitung eine solche Erklärung mitliefern würde.
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  • Silke Müller
    Und Sie sind sicher nicht der erste, der motzt, wenn was passiert?
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  • Karl-Heinz Schulz
    Es ist ja so das die Grünen die Taktverdichtung mit aller Gewalt/Kosten gewollt haben. Jetzt hat sich aber herausgestellt das die zusätzlichen Bahnen nicht mehr in Ordnung sind und gewisse Schäden vorweisen ! Jetzt fahren wieder Oldtimer die weniger Fahrgäste aufnehmen können, die erheblich Schwierigkeiten für Kinderwagen, Rollstühle und Rollatoren aufweisen . Es ist zu befürchten das auch diese Straba-Züge nicht mehr lange ihren Dienst verrichten können. Was dann ????
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  • Peter Koch
    Leider verstößt Ihr Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Sebastian Hansen
    Guten Tag Herr Schulz, ab Anfang nächsten Jahres werden Stück für Stück 18 neue Straßenbahnfahrzeuge ausgeliefert, die die 6 Duewag-Fahrzeuge ersetzen werden. Also keine Sorge, die Taktverdichtung bleibt grundsätzlich.
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  • Roland Rösch
    Gut das ein Mensch dran glaubt.
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  • Manuela Ziegler
    Doppelposting.
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  • Manuela Ziegler
    Trotz aller Nostalgie darf nicht vergessen werden, dass am Morgen viele Schüler nicht mehr in die überfüllten Straßenbahnen passen. Wenn nicht die „Elterntaxen“ in Betrieb wären, kämen viele Schüler nicht pünktlich zum Unterricht.
    Von 7.20-7.50 Uhr sind die Straßenbahnen komplett voll, ein einsteigen nicht mehr möglich.
    Da nicht absehbar ist, wann die Straßenbahnen wieder einsatzbereit sind, sollte endlich über einen zusätzlichen Busverkehr am Morgen nachgedacht werden!
    Die schwierige Situation auf dem Rücken der Kinder aus zu tragen ist nicht fair.
    Ich würde mir wünschen, dass das Thema „zusätzliche Busverbindung“ voran getrieben werden würde.
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  • Stefan Krug
    wenn sie uns die Fahrer für die Busse besorgen..gerne!
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  • Roland Rösch
    Das ist noch ein weiteres Bekenntnis zum desolaten Zustand der wvv im gesamten Laden
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  • Günter Hofmann
    Ich finde die alten Strabas Kult. Wenn man sie noch etwas weihnachtlicht schmückt- wäre das noch ein Pluspunkt für den Weihnachtsmarkt, der ja leider immer das gleiche bietet.
    Und super das sich die Leute daran erinnern können, dass die Hilfsbereitschaft mehr Spaß macht und freute bringt als grantig zu sein 👍😊😊😊
    A. Pattaro
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  • Roland Rösch
    In Würzburg gib’s nix was je geklappt hat, es wird nur gut verkauft bis das Desaster folgt das zieht sich schon Jahre so hin und geht weiter so.
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  • Silke Müller
    Bewerben Sie sich um ein Mandat, dann wird bestimmt alles besser!
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  • Robert Hippeli
    @Roland Rösch: Sie sehen also die Hauptursache des Desasters, nämlich den Defekt am Fahrwerk an der Baureihe GT-N, in Würzburg?

    Bitte legen sie doch ihre Quelle offen, die besagt die Baureihe GT-N wurde in Würzburg gefertigt!

    Es liegt im Sicherheitsinteresse für alle Fahrgäste und Bürger, die ganze Baureihe stillzulegen bis zur Klärung und Ursachenbeseitigung des Defektes.
    Ich finde es Klasse, dass die WSB den riesigen Aufwand für das herzaubern der alte Strabas der Duewag-Baureihe gerade jetzt im Weihnachtseinkauf nicht scheute.

    Und da sie ja bestimmt Stammgast bei der Straba sind, sollten sie diese Baureihe ja kennen.
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