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Würzburg
Denkmalschützer zur Augustinerstraße 9 in Würzburg: Fehler der Stadt führen zu schmachvollem Ende
Die Heiner-Reitberger-Stiftung beklagt, die Stadt habe sich ihrer Denkmal-Erhaltungs-Pflicht beim Ämterhochhaus durch Abschieben entledigt. Dies sei nicht gerade rühmlich.
Das Foto  der Eingangstüre stammt von 2007, zwei Jahre nach der abrupten Räumung des städtischen Ämterhochhauses in der Augustinerstraße 9.
Foto: Klaus Nösner/Heiner-Reitberger-Stiftung | Das Foto  der Eingangstüre stammt von 2007, zwei Jahre nach der abrupten Räumung des städtischen Ämterhochhauses in der Augustinerstraße 9.
Ernst Lauterbach
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:19 Uhr

Nicht erfreut über den wohl bevorstehenden Abriss des ehemals städtischen Ämterhochhauses in der Augustinerstraße 9 zeigt sich die Heiner-Reitberger-Stiftung jetzt in einer Stellungnahme. Die nach dem Würzburger Main-Post-Journalisten und Mitbegründer des Initiativkreises zur Erhaltung historischer Denkmäler benannte Stiftung hatte sich seit Bekanntwerden der Baufälligkeit des ersten Hochhauses in Franken für dessen Erhaltung eingesetzt.

18 Jahre habe das Gebäude hinter einem Baugerüst dahin vegetiert, verhängt durch grüne Planen, wird beklagt. Es scheine an der Zeit, der Generation, die nun volljährig geworden sei und niemals die Gelegenheit gehabt habe, das Bauwerk in seinen ausgeprägten Formen der Neuen Sachlichkeit in Augenschein zu nehmen, mit einer Abbildung noch einmal vorzuführen, welch markantes Wahrzeichen der Würzburger Altstadt verloren gehen wird, so die beiden Unterzeichnerinnen Petra Maidt und Suse Schmuck vom Vorstand der Stiftung.

Das Ämterhochhaus hat die Bombennacht am 16. März 1945 fast unbeschadet überstanden

In den Jahren 1928 bis 1930 von dem namhaften Architekten Franz Kleinsteuber erbaut, hatte das städtische Ämterhochhaus die Bombennacht 1945 wegen seiner modernen Stahl-Beton-Konstruktion fast unbeschadet überstanden und war bereits 1948 wieder als städtisches Haus für die eigene Verwaltung sowie für Wohnungen genutzt worden, erinnern sie. Nach gerade erfolgten umfangreichen Sanierungsmaßnahmen sei das Haus im Jahre 2005 dann aber wegen gravierender statischer Probleme über Nacht geräumt worden. Das städtische Bauamt, das seinen Sitz im Hochhaus hatte, hatte unter der Regie des Stadtbaurats Christian Baumgart keine Möglichkeit gesehen, die Schäden am eigenen städtischen Denkmal zu beheben. So sei der rasche Verkauf erfolgt, wird beklagt.

Eine Gesamtaufnahme des Hauses in der Augustinerstraße 9 von 1992
Foto: Mügge/Heiner-Reitberger-Stiftung | Eine Gesamtaufnahme des Hauses in der Augustinerstraße 9 von 1992

Ist die Stadt Würzburg ihrer Verantwortung  als Eigentümerin gerecht geworden?

Man dürfe und müsse zu diesem Zeitpunkt noch einmal die Frage stellen, ob die Stadt als Eigentümerin und Untere Denkmalschutzbehörde damals ihrer Verantwortung gerecht geworden sei oder sich ihrer Denkmal-Erhaltungs-Pflicht durch Abschieben entledigt habe, so die Unterzeichnerinnen. Die langjährigen gerichtlichen Verfahren, die vor der nun vermeintlich letzten Entscheidung gelegen hätten, würden beweisen, dass offensichtlich in der Vergangenheit viele Fehler gemacht worden seien. Ein übereilter Verkauf ohne ein ablesbares Ringen um den Erhalt, ohne denkmalpflegerische Voruntersuchung, ohne die konkrete Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes mit Kostenplan führe jetzt zu einem schmachvollen Ende, wird beklagt.

Und weiter: Dieser eigenwillige architektonische Akzent im Stadtbild, ein Beispiel der klassischen Moderne, gehe mit dem Abriss des Ämterhochhauses für immer verloren. Gut möglich, dass hier in Würzburg zum ersten Mal in Deutschland ein Hochhaus jener frühen Phase abgetragen werde, heißt es weiter. Dies sei nicht gerade rühmlich.

Wie berichtet hatte der Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München in vergangenem Jahr  Nachbarklagen gegen den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für Abriss und Neubau des Hauses in ähnlicher Höhe aus formalen Gründen stattgegeben. Nun soll das frühere städtische Ämterhochhaus abgerissen und dem geltenden Bebauungsplan entsprechend durch einen Neubau in Höhe der umgebenden Bebauung ersetzt werden. 

 
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  • B. F.
    es herrscht Wohnungsnot in allen Städten, und trotzdem stehen so viele Gebäude unberührt, nein, sie gammeln vor sich hin, anstatt endlich Wohnraum zu schaffen.....die Faulenbergkaserne ist ein Skandal, welches Areal dort vor sich hin gammelt!
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  • G. K.
    Die ganze Agelegenheit hat für mich nicht nur ein Gschmäckle sondern einen übelriechenden Geschmack. Erst ist das Gebäude so baufällig, dass es nicht mehr betreten werden darf, dann steht es die nächsten 18 jahre, obschon wenig bis nichts daran gemacht, noch tüchtig aufrecht ... Schon seltsam. Aber es ist ja eine Immobilie in recht guter Innenstadtlage, das ist wohl kaum abzustreiten

    Die Stadt als untere Denkmalschutzbehörde ist im Übrigen eine Konstellation, die es so gar nicht geben dürfte, da hat man den Bock zum Gärtner gemacht.

    Das passt dann gut zur Methode Würzburg: da gibt es ein Gebäude, das zwar unter Denkmalschutz steht, das aber eigentlich weg soll. Also lässt man es absichtlich so lange vergammeln, bis es als nicht mehr sanierungsfähig daklariert wird und damit als abrissfähig gilt.

    Bestes Beispiel: das Faulenberg-Areal. Woanders hat man aus den alten Kasernen lohneswerte Schmuckstücke geschaffen, in Würzburg passiert: bis zum bitteren Ende Nichts.
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  • E. V.
    Es ist und war kein schönes Gebäude. Ein Wunder, dass das so überhaupt gebaut werden durfte. Heute käme man damit gar nicht durch, gerade weil es anders ist und heraus sticht. Denkmalschutz, Verschönerungsverein, da will jeder mitreden und über fremdes Eigentum bestimmen.
    Nach 18 Jahren mit hässlichem Gerüst bitte endlich abreissen und was neues hinbauen. Danke.
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  • E. W.
    Man macht es sich zu einfach, wenn man architektonisch, historisch und auch soziokulturell bedeutsame Bauwerke nur in die Kategorien "schön", bzw. "hässlich" einordnet.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Nicht nur die Stadt Würzburg, sondern auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat sich bei diesem Umgang mit einem einzigartigen historischen Baudenkmal nicht mit Ruhm bekleckert. Bei der Bewahrung von Geschichte geht es nicht immer nur um augengefälligen Barock. Kulturbewusstsein ist offenbar bei den Entscheidungsträgern kein hohes Gut ...
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