Es ging schon im Juni los: Schwül-warmes Wetter, praktisch kein Regen und: Sonne, Sonne, Sonne! Der Sommer 2018 hat mit Temperaturen bis knapp an der 40-Grad-Grenze, tropischen Nächten und dürstender Vegetation für Furore gesorgt. Richtig heiß wurde es ab Mitte Juli bis Anfang August.
Herausforderung für die Pflegeeinrichtungen
Von der Hitze betroffen waren auch die Pflegeeinrichtungen in Stadt und Landkreis Würzburg. Die Temperaturen des Sommers seien eine Herausforderung gewesen, aber im Team habe man dies gut gemeistert, erzählt der Pflegedienstleiter des Seniorenstifts Juliusspital, Wolfgang Neubauer. Bei 37 Grad habe man tagsüber die Rolläden unten gelassen und Aktivitäten, die eigentlich draußen geplant waren, nach drinnen verlegt. "Wir haben auch kalte Getränke angeboten, zum Beispiel einen leckeren Eiskaffee, damit die älteren Menschen Flüssigkeit zu sich nehmen."
Um eine Dehydration bei besonders gebrechlichen Senioren zu vermeiden, habe man in Einzelfällen so genannte "subkutane Infusionen" eingesetzt, die nachts gegeben wurden. "Da haben wir Hand in Hand mit den behandelnden Ärzten zusammengearbeitet", berichtet Neubauer. Das ein oder andere Mal wurden auch Ventilatoren eingesetzt, um das Raumklima zu verbessern. Zudem wurde testweise eine mobile Tisch-Klimaanlage angeschafft, um zum Beispiel in Aufenthaltsräumen punktuell Entlastung zu schaffen ."Wir werten nun unsere Erfahrungen aus, um zu entscheiden, wie wir solche Geräte eventuell nächstes Jahr einsetzen können."
Bei großer Hitze gab es für die Senioren abends vorm Schlafengehen ein kaltes Fußbad, außerdem wurden teilweise nur dünne Bettlaken als Zudecken genutzt. Was das Personal angeht: "Auch unsere Pflegekräfte haben wir versucht, bei Laune zu halten, indem wir mal einen kalten Smoothie, mal ein Eis ausgegeben haben", so Neubauer. Ebenso gelockert wurde an ganz heißen Tagen auch die Kleiderordnung, "vertretbar den hygienischen Vorschriften gegenüber."
Neue Kreationen an Kaltgetränken
"Trinken, trinken, trinken" war auch das Motto im Hans-Sponsel-Haus der AWO Unterfranken an der Lindleinsmühle, berichtet Einrichtungsleiter Jürgen Görgner. "Wir haben alles getan, um unsere Senioren zum Trinken zu animieren. Besonders die Küche hat immer wieder neue Kreationen an Kaltgetränken geschaffen, die einladend waren." Es hat sich gelohnt, denn die Bewohner sind laut Görgner ohne größere Probleme durch die heiße Zeit gekommen. Dabei haben auch Ventilatoren Abhilfe geschaffen, "als wir welche nachkaufen wollten und es keine mehr gab, haben Mitarbeiter und Besucher ihre eigenen zur Verfügung gestellt". Auch Görgners siebenjähriger Sohn stellte seinen Ventilator bereit: Die älteren Menschen bräuchten ihn mehr als er, habe er gesagt.
Weiter halfen gegen die Hitze ein "intelligentes Lüften" um 5 Uhr morgens, kalte Fußbäder und Wickel und ein veränderter Freizeitplan, sobald per Fax des Deutschen Wetterdienstes mitgeteilt wurde, dass es wieder ein sehr heißer Tag werden würde. "Wir sind ein routiniertes Team, das kam uns auch bei der Hitze zugute."
Kostenloses Wasser im Landkreis
In den Pflegeeinrichtungen des Landkreises Würzburg habe man den Senioren und Mitarbeitern bei der Hitze kostenlos Wasser zur Verfügung gestellt, berichtet Alexander Schraml, Vorstand des Kommunalunternehmens. Vor allem bei Menschen mit Demenz, die das Trinken regelrecht vergessen, seien genaue Trinkprotokolle geführt worden. Es wurden extra "Trinkrunden" eingeführt, zur Abkühlung wurde draußen eine Bademuschel mit Wasser aufgestellt, in der Bewohner ihre Füße kühlen konnten, berichtet Andrea Knott-Wahler, Pflegedienstleitung am Seniorenzentrum Eibelstadt.
"Generell waren wir sehr aufmerksam und haben sofort reagiert, wenn uns ein Bewohner bei der Hitze 'verwirrt' vorkam." Statt Aktivitäten am Nachmittag habe man beispielsweise die "Schoppenrunde" am frühen Abend eingeführt. Thema sei auch das Aufbewahren von Medikamenten bei einer Raumtemperatur über 25 Grad gewesen."Das ist nämlich für viele Medikamente die maximale Haltbarkeitstemperatur", sagt Knott-Wahler. So werde derzeit darüber nachgedacht, Kühlsysteme für Schränke anzuschaffen, um diese bei einer konstanten Temperatur von beispielsweise 20 Grad zu halten, erklärt Schraml.
Im Wald hatte besonders die Buche zu leiden
Die Trockenheit und die heißen Temperaturen des Sommers 2018 sind auch am Wald nicht spurlos vorübergegangen. Zwar seien die Auswirkungen im Landkreis Würzburg punktuell sehr unterschiedlich, je nach Niederschlagsmenge, aber: „Generell kann man sagen, dass unsere Hauptbaumart, die Buche, sehr schlecht aussieht“, erklärt Elfi Raunecker, stellvertretende Bereichsleiterin Forsten am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Würzburg auf Anfrage dieser Redaktion.
Bereits im Juli begann die Buche, ihr Laub ab zu werfen. Die meisten Buchen sind inzwischen kahl. So sparen sie Wasser, das über die Blätter verdunsten würde. „Knospen wurden angelegt, aber sie sind vertrocknet, da müssen wir abwarten, ob die Bäume im nächsten Jahr überhaupt austreiben“, sagt die Expertin.
Gut über die Runden gekommen sind indes junge Buchen- und Eichenkulturen aus Naturverjüngung, andere von Menschenhand dazu gepflanzte Baumarten kamen sehr viel schlechter mit der Trockenheit zurecht. Schlecht geht es auch der Fichte im Landkreis Würzburg, wo sie ohnehin nur noch 12 Prozent des gesamten Waldes ausmacht.
Borkenkäfer hat die Fichten fest im Griff
„Der Borkenkäfer hat die Fichte voll im Griff, die befallenen Bäume müssen jetzt so schnell wie möglich aus dem Wald“, so die Forstoberrätin weiter. Und auch Wald- und Schwarzkiefern hätten schon deutlich bessere Zeiten erlebt.
Doch es gibt auch gute Nachrichten: Laubhölzer wie Speierling, Elsbeere, Mehlbeere, Kirsche, Walnuss und Baumhasel trotzen tapfer den heißen und trockenen Temperaturen. „Sie sind echte Durstkünstler und unsere Klimabäume für die Zukunft“, meint die Forstfrau. Und noch etwas ist äußerst positiv: Waldbrände waren im heißen Sommer 2018 im Landkreis Würzburg nicht zu verzeichnen.
Täglich elf Tankwagen in Würzburg im Einsatz
Beim Gartenamt der Stadt Würzburg sorgte die anhaltende Trockenheit für Probleme. So waren diesen Sommer elf Tankfahrzeuge und 45 Arbeiter täglich im Einsatz, um die Pflanzen zu bewässern, berichtet Helge Grob, Leiter des Gartenamts. Anfang August wurden schließlich an Stadtbäumen spezielle Bewässerungssäcke angebracht, um ein Vertrocknen zu verhindern.
Aufgrund der hohen Bestandszahl müsse man aber Prioritäten setzen, und zuerst Neupflanzungen und schon geschädigte Bäume versorgt werden. Denn die Trockenheit würde unter anderem zu sogenanntem Wasserstress führen, wodurch dann Schädlinge und Krankheiten leichteres Spiel bei den angeschlagenen Pflanzen hätten. Mit Blick auf die Zukunft nimmt Würzburg deshalb am Projekt "Stadtgrün 21" der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau teil. Hier wird an den Standorten Würzburg, Kempten und Hof/Münchberg, die jeweils unterschiedliche Klimaregionen Bayerns repräsentieren, nach klimarobusteren Stadtbaumarten geforscht.
Feuerwehren mussten zu Flächenbränden ausrücken
Florian Fastner, Pressesprecher der Integrierten Leitstelle Würzburg, berichtet vom Sommer der Würzburger Berufsfeuerwehr: "In der Hochphase hatten wir bedingt durch die Trockenheit wöchentlich Einsätze, vor allem durch Flächenbrände oder bei Bränden von Grünstreifen der Straßen und Eisenbahndämmen." Genaue Zahlen würden aber nicht vorliegen.
Auch beim Rettungsdienst wären Zahlen hitzebedingter Vorfälle schwierig zu nennen, da Diagnosen erst im Krankenhaus gestellt werden würden, so Fastner. Hierzu war im Würzburger Juliusspital und in der Missioklinik Würzburg zu erfahren, dass es zu leichten Steigerungen von Fällen hitzebedingter Probleme wie Kollapse oder Abnahmen des Körperwassers als Folge von Dehydration kam.
Kein "heißer Sommer" für die Polizei
Eher unspektakulär verlief der Sommer für die Polizei. "Mit dem uns vorliegenden Datenmaterial können wir keinen validen Zusammenhang zwischen höheren Einsatz- oder Fallzahlen im Zusammenhang mit höheren Temperaturen herstellen", heißt es aus dem Polizeipräsidium Unterfranken auf Anfrage dieser Redaktion. Einen spektakulären Einsatz habe es aber dennoch gegeben: In einem Würzburger Möbelhaus führte demnach Ende Juli starke Hitze unter einer Glaskuppel dazu, dass die Sprinkleranlage ausgelöst wurde. Die Folge war ein hoher Wasserschaden.
Mehr Beschwerden beim Gewerbeaufsichtsamt
Während Sonnenanbeter voll auf ihre Kosten kamen, schwitzten alle, die arbeiten mussten - in Büros, Krankenhäusern, in Behörden oder Kaufhäusern. Und vor ganz besondere Herausforderungen waren alle diejenigen gestellt, die im Freien arbeiten mussten, ob Bauarbeiter in Stadt und Landkreis oder die Gärtner auf der Landesgartenschau in Würzburg.
"Es gab mehr Beschwerden als sonst, aber eigentlich nichts außergewöhnliches", sagt Günther Gaag, Leiter des Würzburger Gewerbeaufsichtsamtes. "Aber das war in allen größeren Städten so, da staut sich die Hitze, und wenn die Lüftungsanlagen nicht richtig gewartet und bedient werden, dann gab es schon Beschwerden, wie die im Würzburger H&M."
Dort hatten Ende Juli der Betriebsrat Alarm geschlagen, weil die Temperaturen in den Geschäftsräumen die 30-Grad-Grenze erreicht hatten und das Geschäft in der Schönbornstraße nicht über eine Klimaanlage sondern nur über eine bei diesen Temperaturen unzureichende Luftumwälzungsanlage verfügte. Gaags Amt hatte daraufhin die Wartungsunterlagen der Anlage geprüft.
Für herausragend hält der Würzburger Meteorologe Udo Feldinger den Sommer allemal: "Der Sommer 2018 war auch in Würzburg mit seiner ausgesprochen intensiven Trockenheit und lang anhaltenden Hitze außergewöhnlich. Auch in der Zukunft wird eine Zunahme von solchen extremen Perioden erwartet. Wer jetzt noch den Klimawandel bezweifelt, ist wirklichkeitsfremd."
Auslöser dieser langanhaltenden warmen und trockenen Periode sei ein seit Mitte April vorherrschendes großräumiges Strömungsmuster in Europa gewesen, das kontinuierlich blockierende Hochdruckgebiete über Nordeuropa generierte. Zum einen hätten diese Hochs kontinentale warme und trockene Luft nach Deutschland geführt, zum anderen seien atlantische Tiefs mit kühler und feuchter Luft blockiert worden. "Als Folge resultierte in Deutschland seit April eine Wärme- und Trockenperiode, wie sie in Deutschland seit 1881 nicht beobachtet wurde."