In einer Gegend, die wirkt wie aus dem Bilderbuch, und in einem kleinen Weiler Wolfsbuch, der zum Creglinger Stadtteil Blumweiler gehört, suchte und fand die Landwirtsfamilie Richter eine nichtalltägliche Einkommensquelle mit der Haltung der ursprünglich aus Japan stammenden Rinderrasse "Wagyu". Das Fleisch der auch als Kobe-Rind bekannten Rasse gilt als das beste und teuerste der Welt.
In der Familie, das sind der Vater Wolfgang (63) und die Söhne Max (36) und Florian (39), stand zunächst die Überlegung an, ob die Landwirtschaft in der Zukunft überhaupt noch Bestand haben kann. Der aus Nordböhmen stammende Vater von Wolfgang Richter, der nach der Vertreibung im Jahr 1955 in der verlassenen Althofstelle am Ortsrand von Wolfsbuch ansässig wurde, hat über vier Jahrzehnte lang Schweine gehalten.
Florian Richter meint, dass die konventionelle Landwirtschaft im kleinbäuerlichen Stil mittlerweile leider an ihre Grenzen gestoßen sei. Kleinere Betriebe hätten wirtschaftlich gesehen kaum mehr eine Chance auf dem Markt, es sei denn, sie spezialisieren sich. Auf ihrer Suche nach neuen Wegen und Möglichkeiten ist die Familie auf die Rinderrasse "Wagyu" gestoßen.
"Das, was man darüber hörte und lesen konnte, hat uns schon sehr neugierig gemacht, und so begannen wir, uns mit dieser ganz speziellen Rasse näher auseinanderzusetzen" sagt Florian Richter. Nach den ausführlichen Informationen, vor allem bei anderen Züchtern und im Internet, ist im Familienrat die Entscheidung gefallen: "Ja, wir züchten Wagyus".
Einen Namen für das Vorhaben zu finden, war vielleicht die einfachste Entscheidung während des ganzen Vorbereitungsprozesses. "Taubertal-Wagyu" sollte das Ganze heißen. "Einfach und doch aussagekräftig", sagt Florian Richter, "heimatverbunden und trotzdem weltoffen." Viel schwieriger war es, die ambitionierten Pläne in die Tat umzusetzen.
Die Richters wurden Mitglied im Wagyu-Verband Deutschland, lernten andere Züchter kennen und bekamen dadurch schon im Vorfeld wertvolle Tipps aus der Praxis. Nicht nur Verwaltungs- und Marketingmaßnahmen waren vor dem Start zu erledigen, erklärt Wolfgang Richtet. Auch handwerklich war viel Arbeit angesagt.
Noch bevor im Jahr 2014 das erste Wagyu-Rind am Hof beziehungsweise auf der Weide war, flossen viel Schweiß und auch viel Geld, um bestens auf die Ankunft der ersten Tiere vorbereitet zu sein. Die Wagyus fühlen sich dort auch heute noch wohl. Was sich geändert hat, ist die Erfahrung, die der Vater und die Söhne zwischenzeitlich im Umgang mit der ganz speziellen Rinderrasse gemacht haben.
Dass sich Sachverstand und Leidenschaft die Waage halten, ist kaum zu übersehen, wenn Florian Richter nach der Herde sieht, die inzwischen auf 49 Tier angewachsen ist. Die Weideplätze liegen kilometerweit entfernt entlang des Taubertals, das sich hier hier sprichwörtlich von seiner lieblichen Seite zeigt. Die Tiere, die in kleineren Verbänden auf den saftig grünen Wiesen grasen, sind schnell zur Stelle, kaum dass der Landwirt sein Fahrzeug verlassen hat.
Obwohl zwei tägliche Rundfahrten zu den Weiden einige Zeit kosten, ist es Florian Richter wichtig, sich intensiv um seine wertvollen Tiere zu kümmern. Die Familie sei überzeugt: "Nur aus glücklichen Tieren, die unter den bestmöglichen Bedingungen natürlich aufwachsen und leben dürfen, kann am Ende ein echtes Premiumprodukt entstehen."
Für die Wagyus, deren schwarzes Fell in der Sonne glänzt und die in den Sommermonaten auf der Weide bleiben, gibt es zusätzlich zur Grasmahlzeit täglich Gersten-und Roggenschrot, das aus dem hofeigenen Bioanbau stammt. In den weitläufigen Ställen auf dem Anwesen hat der rund 1200 Kilogramm schwere Zuchtbulle "Taro" sein Zuhause. Auch Mutterkühe und ihr Nachwuchs finden dort Unterkunft. Derzeit tummeln sich fünf, nur wenige Wochen alte Vollblut-Wagyus auf der Weide.
Die Tiere, die kleiner und kompakter wirken als die hierzulande verbreiteten Rinderrassen, sind erst nach 36 Monaten schlachtreif. Das Fleisch, das einen höheren Anteil gesunder Omega-3-Fettsäuren enthält, ist besonders mürbe und hat eine ausgeprägte Marmorierung durch die Fettadern, die beim Grillen oder Braten schmelzen.
Nachdem der Metzger ein Tier geschlachtet hat, reift das Fleisch in der hofeigenen Kühlung 21 Tage lang bei zwei Grad Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 75 Prozent. Neben den Stücken, die sich für alle herkömmlichen Gerichte und Garmethoden bestens eignen, fehlen in dem Angebot der Richters die an übergroße Koteletts erinnernden Steak ebenso wenig wie die Tomahawk-Steaks, von denen lockere mehrere Fleischesser satt werden können.
Unter Feinschmeckern gilt das Fleisch der Wagyus als das geschmackvollste und zarteste Rindfleisch der Welt. Allerdings hat der Luxus seinen Preis. Die günstigsten Teile wie das Suppenfleisch verkaufen die Richtes in ihrem Hofladen in Wolfsbuch für einen Kilopreis von 20 Euro. Die edelsten Stücke aus Lende und Filet kosten über 300 Euro pro Kilo.
Die Hackfleisch-Taler, die Florian Richter zum Verkosten auf dem Grill brutzelt, bestätigen, dass das Fleisch der Wagyu-Rinder tatsächlich etwas ganz besonderes ist. Für die Vermarktung hat er bereits weitergehende Pläne.
Bei einem "Testessen" können kleinere Gruppen alles Wissenswerte über das Fleisch der Waygu-Rinder und und dürfen dabei natürlich ausgiebig probieren. Bei einer Führung über die angrenzende Weide gibt es außerdem reichlich Informationen über die Aufzucht und Haltung der Wagyu-Rinder. Durch die Corona-Krise mussten die Richters dieses Vorhaben aber erst einmal verschieben.
Weitere Informationen über die Familie Richter und ihre Wagyu-Rinder unter Tel. (0 79 39-990 61 32 oder www.taubertal-wagyu.de.