zurück
Würzburg
"Da haben die Mädchen erst einmal geweint": Wie Adrian Neus die Wandbilder des Würzburger Mozartareals restauriert
Umbau und Sanierung der früheren Mozartschule stehen kurz vor dem Abschluss. Wie die Wandbilder auf Vordermann gebracht werden und wann Eröffnung des Areals ist.
Restaurator Adrian Neus arbeitet am Wandbild 'Abendland' im Treppenhaus der Mozartareals in Würzburg.
Foto: Daniel Peter | Restaurator Adrian Neus arbeitet am Wandbild "Abendland" im Treppenhaus der Mozartareals in Würzburg.
Patrick Wötzel
 |  aktualisiert: 13.05.2024 02:44 Uhr

Noch ist das sogenannte "Hufeisen" der ehemaligen Mozartschule außen und innen eine große Baustelle. Draußen wird Beton angerührt und mit Schubkarren ins Innere verfrachtet. Adrian Neus steht mitten drin und blickt von der Hofstraße aus auf das Wandgemälde, das er im Auftrag der Stadt restauriert hat. "Dieses Projekt ist für mich Heimat pur. Ich kenne hier sehr viele Ecken, in denen wir als Kinder gespielt haben", sagt der erfahrene Kirchenmaler und Restaurateur aus Büdingen in Hessen.

Neus ist in Würzburg aufgewachsen und zur Schule gegangen. Als er 1959 hier geboren wurde, waren die neu gebaute Mozartschule und das große Wandgemälde "Ballspielende und musizierende Mädchen" an der stark frequentierten Touristenachse zwischen Residenz und Dom gerade zwei Jahre alt. Der Restaurator hat ein historisches Foto gefunden, das den Maler Curd Lessig und seine Frau Eva 1957 auf einem Gerüst bei der Arbeit an dem Wandgemälde zeigt.

Arbeit am Lessig-Bild dauerte länger als geplant

Nach dem Beginn der Umbau- und Sanierungsarbeiten am Hufeisenflügel im Sommer 2021 war das Bild über ein Jahr lang hinter einem Holzverschlag verschwunden. "Nachdem es so lange abgedeckt war, haben die Leute einen ganz anderen Blick darauf. Es haben mich schon viele darauf angesprochen", sagt Adrian Neus.

Blick auf das Wandbild 'Ballspielende und musizierende Mädchen' von Curd Lessig am Mozartareal in der Würzburger Innenstadt.
Foto: Daniel Peter | Blick auf das Wandbild "Ballspielende und musizierende Mädchen" von Curd Lessig am Mozartareal in der Würzburger Innenstadt.

Die Aufgabe war nicht einfach, denn als die Holzabdeckung entfernt wurde, "haben die Mädchen erst einmal geweint". So beschreibt er das, was er vorgefunden hat: Vermutlich über das Dach war Feuchtigkeit hinter den Putz an der Außenwand geraten, so dass ein wenig Farbe ausgeschwemmt wurde und herunterlief. Deswegen hat die Arbeit auch länger gedauert als ursprünglich geplant.

Einzelne kleine Stellen, an denen keine Farbe mehr da war, hat der Restaurator übermalt. In allen anderen Bereichen hat er die Farben des Originals übernommen und wieder sichtbar gemacht: "Damit das Bild immer noch seinen alten Charakter hat", sagt Neus. Der Erhalt des denkmalgeschützten Ensembles an prominenter Stelle ist für ihn als gebürtigen Würzburger "ganz wichtig für das Stadtbild. Auch die neue Nutzung finde ich optimal, es war ja schon immer eine Schule."

Einziehen werden die Sing- und Musikschule und das Mozartfestbüro, im rechten Flügel des Hufeisens bekommt die Hochschule für Musik ein knappes Dutzend Ensemble- und Proberäume. Der Mittelteil mit Foyer und Veranstaltungssaal soll zu einer neuen Begegnungsstätte für die Bürgerinnen und Bürger werden. In den so genannten "Windmühlenflügel" entlang der Maxstraße ist bereits vor drei Jahren die VR-Bank eingezogen.

Derzeit wird am großen Wandbild "Abendland" gearbeitet

Adrian Neus arbeitet im dritten Jahr an dem Projekt. Angefangen hat er mit der Wiederherstellung der Details an den Fenstereinfassungen der Fassade an der Maxstraße, dann folgte das Lessig-Wandgemälde. Derzeit widmet er sich dem großen Wandgemälde "Abendland" von Oskar Martin-Amorbach hinter der geschwungenen Treppe im Foyer des Hufeisentrakts. 

Restaurator Adrian Neus auf im Treppenhaus der Mozartareals in Würzburg.
Foto: Daniel Peter | Restaurator Adrian Neus auf im Treppenhaus der Mozartareals in Würzburg.

Der Künstler hat sein Werk damals mit einem feinen Stichel in den Putz gekratzt, nach über sechzig Jahren haben sich viele Risse gebildet. Der Restaurator musste zunächst den Untergrund festigen, bevor er mit der eigentlichen Arbeit beginnen konnte. Als Schutzschicht dient Papier, das er stückweise abnimmt, um die feinen Rillen mit destilliertem Wasser vorsichtig zu reinigen und Fehlstellen zu retuschieren.

Dass er Spaß daran hat, seine Arbeit zu erklären, spürt man bei jedem seiner Worte: "Durch die Technik kommt der weiße Untergrund heraus, die Figuren wirken wie gute Geister aus der Vergangenheit. Wenn man als Betrachter näher kommt, erlebt man auch einige Überraschungseffekte."

Arbeiten im Treppenhaus des Mozartareals. 
Foto: Daniel Peter | Arbeiten im Treppenhaus des Mozartareals. 

Zusammen mit dem Würzburger Kunsthistoriker Josef Kern hat er versucht herauszufinden, wer dort alles abgebildet ist: Von Walther von der Vogelweide vor dem Bamberger Dom über Immanuel Kant, Albrecht Dürer, Goethe und Schiller vor dem Theater in Weimar, Wolfgang Amadeus Mozart bis hin zu zwei namentlich unbekannten antiken Philosophen. "Viele Lichtgestalten, die das Abendland geprägt haben, sind hier versammelt", sagt Neus, der auch eine Info-Tafel mit Erläuterungen zu den Details des Kunstwerks plant. Oskar Martin-Amorbach (1897-1987), der das Bild 1957 geschaffen hat, steht indes wegen seiner Nähe zum NS-Regime in der Kritik, im Spruchkammer-Verfahren wurde er 1947 als "Mitläufer" eingestuft.

Im September soll der Einzug stattfinden

Gut neun Jahre nach dem Bürgerentscheid, durch den das Mozart-Areal im Sommer 2015 vor dem Abriss gerettet wurde, wollen Musikhochschule, Sing- und Musikschule und Mozartfestbüro bis zum Beginn des neuen Schul- und Studienjahres in diesem September eingezogen sein, eine offizielle Eröffnung ist für Oktober geplant. "Der Abschluss der Bauarbeiten steht unmittelbar bevor", sagt Stadt-Sprecher Georg Wagenbrenner.

Blick in die ehemalige Aula der Mozartschule. 
Foto: Daniel Peter | Blick in die ehemalige Aula der Mozartschule. 

Wenn der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung einer außerplanmäßigen Mehrausgabe von 1,65 Millionen Euro zustimmt, wird die Stadt insgesamt 21,6 Millionen Euro und damit rund vier Millionen Euro mehr als ursprünglich veranschlagt in Umbau und Sanierung des Hufeisentrakts investiert haben. Bis Ende des Sommers soll auch die Umgestaltung des Innenhofs mit dem Hatzfeld'schen Garten durch die VR-Bank abgeschlossen sein.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Patrick Wötzel
Albrecht Dürer
Bauarbeiten
Curd Lessig
Hochschule für Musik Würzburg
Immanuel Kant
Kirchenmaler
Mozart Areal Würzburg
Musikschulen
Mädchen
Residenz Würzburg
Sanierungsarbeiten
Stadt Würzburg
VR-Bank Würzburg
Walther von der Vogelweide
Wolfgang Amadeus Mozart
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Jo Schmitt
    Sehr schön, daß dieses Stück Stadtgeschichte, das so lange vor sich hingedämmert hat, diesen sehr sinnvollen Nutzungen in wiedererstandener Gestalt entgegensehen kann.

    Ich hoffe, daß viele Menschen sich an diesem neu-historischen Gebäude in dieser wiederhergestellen Form werden erfreuen können. Es bildet - aus meiner ganz egoistichen Sichtweise wie ich gestehe - einen deutlichen Kontrapunkt zu den sonst in der Stadt "in aktuell üblicher Architektur" (neu) errichteten Gebäuden.

    PS: Ich würde mich freuen wenn die KoSA (Kommision für Stadtbild und Architektur) zukünftig feinfühliger bei der Errichtung bzw. Rekonstruktion von Gebäuden (-> "Marktbärbel") bezüglich der Gestaltung agieren würde. Die neu zu bauenden Seitenflügel des Hauptbahnhofes, die nicht im Stil des Hauptflügels, sondern "modern" im Stil der Gebäude wie in der Schweinfurter Straße errichtet werden sollen, sind hier ein "Testobjekt". Ich halte die Plaung - mit Verlaub - für eine "Architektursünde" - wenn sie so kommt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten