
Noch ist das sogenannte "Hufeisen" der ehemaligen Mozartschule außen und innen eine große Baustelle. Draußen wird Beton angerührt und mit Schubkarren ins Innere verfrachtet. Adrian Neus steht mitten drin und blickt von der Hofstraße aus auf das Wandgemälde, das er im Auftrag der Stadt restauriert hat. "Dieses Projekt ist für mich Heimat pur. Ich kenne hier sehr viele Ecken, in denen wir als Kinder gespielt haben", sagt der erfahrene Kirchenmaler und Restaurateur aus Büdingen in Hessen.
Neus ist in Würzburg aufgewachsen und zur Schule gegangen. Als er 1959 hier geboren wurde, waren die neu gebaute Mozartschule und das große Wandgemälde "Ballspielende und musizierende Mädchen" an der stark frequentierten Touristenachse zwischen Residenz und Dom gerade zwei Jahre alt. Der Restaurator hat ein historisches Foto gefunden, das den Maler Curd Lessig und seine Frau Eva 1957 auf einem Gerüst bei der Arbeit an dem Wandgemälde zeigt.
Arbeit am Lessig-Bild dauerte länger als geplant
Nach dem Beginn der Umbau- und Sanierungsarbeiten am Hufeisenflügel im Sommer 2021 war das Bild über ein Jahr lang hinter einem Holzverschlag verschwunden. "Nachdem es so lange abgedeckt war, haben die Leute einen ganz anderen Blick darauf. Es haben mich schon viele darauf angesprochen", sagt Adrian Neus.

Die Aufgabe war nicht einfach, denn als die Holzabdeckung entfernt wurde, "haben die Mädchen erst einmal geweint". So beschreibt er das, was er vorgefunden hat: Vermutlich über das Dach war Feuchtigkeit hinter den Putz an der Außenwand geraten, so dass ein wenig Farbe ausgeschwemmt wurde und herunterlief. Deswegen hat die Arbeit auch länger gedauert als ursprünglich geplant.
Einzelne kleine Stellen, an denen keine Farbe mehr da war, hat der Restaurator übermalt. In allen anderen Bereichen hat er die Farben des Originals übernommen und wieder sichtbar gemacht: "Damit das Bild immer noch seinen alten Charakter hat", sagt Neus. Der Erhalt des denkmalgeschützten Ensembles an prominenter Stelle ist für ihn als gebürtigen Würzburger "ganz wichtig für das Stadtbild. Auch die neue Nutzung finde ich optimal, es war ja schon immer eine Schule."
Einziehen werden die Sing- und Musikschule und das Mozartfestbüro, im rechten Flügel des Hufeisens bekommt die Hochschule für Musik ein knappes Dutzend Ensemble- und Proberäume. Der Mittelteil mit Foyer und Veranstaltungssaal soll zu einer neuen Begegnungsstätte für die Bürgerinnen und Bürger werden. In den so genannten "Windmühlenflügel" entlang der Maxstraße ist bereits vor drei Jahren die VR-Bank eingezogen.
Derzeit wird am großen Wandbild "Abendland" gearbeitet
Adrian Neus arbeitet im dritten Jahr an dem Projekt. Angefangen hat er mit der Wiederherstellung der Details an den Fenstereinfassungen der Fassade an der Maxstraße, dann folgte das Lessig-Wandgemälde. Derzeit widmet er sich dem großen Wandgemälde "Abendland" von Oskar Martin-Amorbach hinter der geschwungenen Treppe im Foyer des Hufeisentrakts.

Der Künstler hat sein Werk damals mit einem feinen Stichel in den Putz gekratzt, nach über sechzig Jahren haben sich viele Risse gebildet. Der Restaurator musste zunächst den Untergrund festigen, bevor er mit der eigentlichen Arbeit beginnen konnte. Als Schutzschicht dient Papier, das er stückweise abnimmt, um die feinen Rillen mit destilliertem Wasser vorsichtig zu reinigen und Fehlstellen zu retuschieren.
Dass er Spaß daran hat, seine Arbeit zu erklären, spürt man bei jedem seiner Worte: "Durch die Technik kommt der weiße Untergrund heraus, die Figuren wirken wie gute Geister aus der Vergangenheit. Wenn man als Betrachter näher kommt, erlebt man auch einige Überraschungseffekte."

Zusammen mit dem Würzburger Kunsthistoriker Josef Kern hat er versucht herauszufinden, wer dort alles abgebildet ist: Von Walther von der Vogelweide vor dem Bamberger Dom über Immanuel Kant, Albrecht Dürer, Goethe und Schiller vor dem Theater in Weimar, Wolfgang Amadeus Mozart bis hin zu zwei namentlich unbekannten antiken Philosophen. "Viele Lichtgestalten, die das Abendland geprägt haben, sind hier versammelt", sagt Neus, der auch eine Info-Tafel mit Erläuterungen zu den Details des Kunstwerks plant. Oskar Martin-Amorbach (1897-1987), der das Bild 1957 geschaffen hat, steht indes wegen seiner Nähe zum NS-Regime in der Kritik, im Spruchkammer-Verfahren wurde er 1947 als "Mitläufer" eingestuft.
Im September soll der Einzug stattfinden
Gut neun Jahre nach dem Bürgerentscheid, durch den das Mozart-Areal im Sommer 2015 vor dem Abriss gerettet wurde, wollen Musikhochschule, Sing- und Musikschule und Mozartfestbüro bis zum Beginn des neuen Schul- und Studienjahres in diesem September eingezogen sein, eine offizielle Eröffnung ist für Oktober geplant. "Der Abschluss der Bauarbeiten steht unmittelbar bevor", sagt Stadt-Sprecher Georg Wagenbrenner.

Wenn der Stadtrat in seiner nächsten Sitzung einer außerplanmäßigen Mehrausgabe von 1,65 Millionen Euro zustimmt, wird die Stadt insgesamt 21,6 Millionen Euro und damit rund vier Millionen Euro mehr als ursprünglich veranschlagt in Umbau und Sanierung des Hufeisentrakts investiert haben. Bis Ende des Sommers soll auch die Umgestaltung des Innenhofs mit dem Hatzfeld'schen Garten durch die VR-Bank abgeschlossen sein.
Ich hoffe, daß viele Menschen sich an diesem neu-historischen Gebäude in dieser wiederhergestellen Form werden erfreuen können. Es bildet - aus meiner ganz egoistichen Sichtweise wie ich gestehe - einen deutlichen Kontrapunkt zu den sonst in der Stadt "in aktuell üblicher Architektur" (neu) errichteten Gebäuden.
PS: Ich würde mich freuen wenn die KoSA (Kommision für Stadtbild und Architektur) zukünftig feinfühliger bei der Errichtung bzw. Rekonstruktion von Gebäuden (-> "Marktbärbel") bezüglich der Gestaltung agieren würde. Die neu zu bauenden Seitenflügel des Hauptbahnhofes, die nicht im Stil des Hauptflügels, sondern "modern" im Stil der Gebäude wie in der Schweinfurter Straße errichtet werden sollen, sind hier ein "Testobjekt". Ich halte die Plaung - mit Verlaub - für eine "Architektursünde" - wenn sie so kommt.