Die Coronakrise hat weitreichende Folgen - nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Wirtschaft. Vor allem kleine Betriebe fürchten um ihre Existenz. Denn als Ministerpräsident Markus Söder den Katastrophenfall ausgerufen hat, gab er auch bekannt, dass viele Geschäfte künftig erst einmal schließen müssen. Davon betroffen sind auch Kleidungsgeschäfte in Würzburg. Doch welche Maßnahmen haben sie unternommen, um weiter überleben zu können? Ein Stimmungsbild.
Im Internet lokal einkaufen
"Das war für mich zu allererst ein Schock", erinnert sich Sandra Lemmich. Sie ist Inhaberin der Boutique "Mainglück". Doch der Schock hielt laut der 39-Jährigen nicht lange an. Sie habe schnell mit der Bank, mit dem Steuerberater und dem Personal gesprochen, um den Betrieb aufrecht erhalten zu können. Eine Sache spielte ihr dabei in die Karten: Seit November betreibt sie bereits einen Online-Shop für ihr Geschäft, seit den Corona-Maßnahmen wird die Kleidung ausschließlich über das Internet vertrieben. Sie musste deswegen nicht bei Null anfangen. Kunden können auf den sozialen Medien Outfits betrachten und per E-Mail bestellen. Auch Gutscheine werden auf diesem Weg verkauft. Das laufe sehr erfolgreich, sagt die Chefin eines 15-köpfigen Frauenteams auf Nachfrage.
Dass sie damit den Umsatz abfangen kann, der durch die Schließung wegbricht, glaubt sie aber nicht. Vor der Corona-Krise hätten immerhon 90 Prozent der Kunden vor Ort im Geschäft gekauft. Wann Lemmich wieder Kunden dort beraten kann, weiß auch sie nicht. Da hätte jeder verschiedene Meinungen und Ansichten. "Davon will ich mich aber nicht innerlich verrückt machen", sagt sie. Sie werde weiter optimistisch an die Sache gehen.
Verbände warnen vor Insolvenzwelle
"Wenn nicht spätestens im Mai die Geschäfte wieder öffnen, droht eine noch nie dagewesene Insolvenzwelle", prognostizierten der Handelsverband Textil (BTE) und der Modeindustrie-Verband GermanFashion am Mittwoch in einer gemeinsamen Erklärung. Dies werde auch dramatische Folgen für die deutschen Innenstädte haben, warnten die Verbände. Zudem machen der Branche aktuell die langen Lieferketten zu schaffen. Obwohl die Läden geschlossen sind, werde neue Ware angeliefert, die bereits vor Monaten bestellt wurde. Gleichzeitig läuft laut Verband schon jetzt die Bestellrunde für die Herbstmode und sorge für zusätzliche finanzielle Belastungen.
Drei Gewerbe, drei Krisen
Dass die Prognose nicht Realität wird, hofft Stefan Linseisen. Er hat Ende 2017 das Mode-Label "Ole Lintens" mit Sitz in Giebelstadt (Lkr. Würzburg) gegründet. Dabei setzt er nicht auf ein festes Ladengeschäft, sondern auf sogenannte Pop-Up-Stores. Dabei tourt Linseisen mit seiner Kleidung durch verschiedene Städte und bietet sie für zwei bis vier Wochen in einem provisorischen Laden vor Ort an - egal ob beispielsweise in München, Stuttgart oder kleineren Städten wie Nürtingen. Damit ist nun aber erst einmal Schluss. Besonders bitter: Vor allem auf Festivals hat er seine Kleidung angeboten. Viele sind aber bereits abgesagt worden oder stehen auf der Kippe. "Bei einem Festival wie Rock im Park mit mehreren Tausend Besuchern sind das normalerweise Tausende potenzielle Kunden", sagt der 29-Jährige. Die fallen jetzt unter Umständen weg. Zwei freischaffende Mitarbeiter musste er wegen der Corona-Krise bereits freistellen. "Das tut mir unglaublich leid", so Linseisen. Nach der Krise seien sie aber die ersten, die er wieder mit ins Boot holt.
Im Sommer wollten zudem zwei neue Gesellschafter in das Label mit einsteigen. Ob das noch klappt, werde die Entwicklung zeigen. Seine Kleidung bietet er nun ausschließlich online an. "Was eher schlimm ist, da dieser im Vorfeld eher der schlechteste Absatzmarkt war", gibt er zu. Besonders bitter für den gebürtigen Würzburger: Das Label ist nur eines von insgesamt drei Gewerben, die er betreibt. Doch die zwei anderen sind auch stark von der Krise betroffen. Denn weder als DJ kann Linseisen derzeit auftreten, noch kann er Veranstaltungen über seine Event-Firma anbieten. Lachen kann der Mann, der sich als "Malocher" beschreibt, aber immer noch: "Wenn mir noch der Humor genommen wird, habe ich gar nichts mehr."
Einkaufen und spenden
Die Belastung spürt auch Antje Hübenbecker. Sie verkauft Second Hand- und Vintage-Kleidung – normalerweise in einem kleinen Würzburger Laden, der "Vintage Rakete". Schon seit 16. März ist er aber geschlossen. "Es war das einzig Richtige, den Laden früher zuzumachen", sagt sie am Telefon. Denn das Geschäft weiterhin zu öffnen, während sich immer mehr Personen in der Region infizierten, habe sich nicht gut angefühlt. Erst im Dezember hatte ihr Vintage-Store eröffnet, rund vier Monate danach hat er wieder bis auf Weiteres geschlossen. Die Arbeit ist jetzt aber nicht weniger geworden.
Auch die 37-Jährige bietet die Einzelstücke über die sozialen Medien an und verkauft Gutscheine. 20 Prozent davon spendet sie an "Ärzte ohne Grenzen". Warum sie sich dafür entschieden hat? "Wir jammern auf unfassbar hohem Niveau, wenn man bedenkt, was es noch für Probleme auf der Welt gibt", sagt sie. Deswegen hat sie sich dazu entschieden, trotz Einbruchs des Umsatzes auch einen Teil an die Orrganisation zu spenden. Auch sie kann in der Krise noch lachen. Hübenecker: "Panik hat schließlich noch nie eine Situation besser gemacht."