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Würzburg
Second Hand in Würzburg: Warum getragene Kleidung boomt
Gebrauchte Kleidung ist in Deutschland zum Millionengeschäft geworden. Auch in Würzburg spiegelt sich dieser Trend wider. Warum Second Hand-Läden boomen.
Armin Jahani Zadeh in seinem Second Hand-Shop 'Exklave' in der Bronnbachergasse. Auf gerade einmal zehn Quadratmetern verkauft er gebrauchte Kleidung.
Foto: Thomas Obermeier | Armin Jahani Zadeh in seinem Second Hand-Shop "Exklave" in der Bronnbachergasse. Auf gerade einmal zehn Quadratmetern verkauft er gebrauchte Kleidung.
Sophia Scheder
Sophia Scheder
 |  aktualisiert: 15.07.2024 08:59 Uhr

Ein wenig wirkt es, als wäre man in der Zeit zurückgereist. Doch welches Jahrzehnt? Klamotten aus den 90er-, 80er- und sogar 20er-Jahre hängen an den Kleiderständern. Musik ertönt aus einem alten Plattenspieler und Möbel aus den 50ern zieren die Ecken. In Armin Zadehs kleinem Laden in der Würzburger Innenstadt braucht es nur wenig Zeit, um Schätze zu finden.

Der Student und Ladenbesitzer mit den wilden braunen Haaren und der auffälligen Retro-Jacke steht in seinem gerade einmal zehn Quadratmeter großen Second Hand-Shop und durchforstet die Klamotten. Das "Exklave" ist sein Baby. Hier verkauft er gebrauchte Kleidung und Stücke, die er selber "upcyclet", also repariert oder verschönert. Damit ist er so erfolgreich, dass er vor einem halben Jahr bereits einen zweiten Shop eröffnen konnte. Doch woher kommt der Trend zur bereits getragenen Kleidung?

  • Megatrend Second Hand? Der Handel mit Gebrauchtwaren

Vor allem das gestiegene Bewusstsein zur Nachhaltigkeit spielt hier eine große Rolle, meint Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern. "Das Thema kommt in großen Schritten auf den Handel zu", sagt er. Dies fange im Bereich der Lebensmittel an und zieht sich dann "wie ein grüner Streifen durch, bis in die Textilbranche".

Früher eine Nische, heute ein Trend

Eine Frau, die schon seit über 30 Jahren in der Second Hand Branche in Würzburg aktiv ist, ist Katharina Urbasik. Die Geschäftsführerin des Shops "Mode und Nostalgie" in der Dominikanergasse hat sich ausschließlich auf Designer-Mode spezialisiert. Einen Anstieg der Kundenzahlen habe sie zwar in den letzten Jahren nicht feststellen können, aber: "Ich merke, dass die Kunden einen bewussteren Einkaufsgedanken bekommen haben." 

Taschen, Jacken, Kleider: Vintage-Mode erlebt momentan geradezu einen Hype. 
Foto: Thomas Obermeier | Taschen, Jacken, Kleider: Vintage-Mode erlebt momentan geradezu einen Hype. 

Als sie den Laden eröffnete, war Second Hand in Würzburg eine Nische. Heute sieht das anders aus: Das "Mode und Nostalgie" ist nur einer von vielen Läden mit bereits getragener Kleidung in Würzburg, auch ein Oxfam-Shop findet sich seit 2015 mitten in der Innenstadt. Das Schmuddel-Image, welches Second Hand lange mit sich trug, ist längst abgelegt. Das zeigen auch Zahlen des Statistischen Bundesamts. 

Seit 2005 ist der Umsatz des Einzelhandels mit Antiquitäten und Gebrauchtwaren in Deutschland um mehr als 116 Millionen Euro gewachsen. Der Bereich "Einzelhandel mit sonstigen Gebrauchtwaren" erwirtschaftet dabei den größten Teil, hierzu zählt auch der Verkauf getragener Kleidung. Allein im Jahr 2017 wurden hier 584 Millionen Euro umgesetzt. "Second Hand Läden werten den Branchenmix einer Stadt auf", weiß Ohlmann. "Sie sind keine weiteren austauschbaren Filialketten, sondern besondere Shops, die man so nicht überall findet."

Second Hand als Gegenbewegung zu Fast Fashion

Auch Antje Hübenbecker ist mit ihrer "Vintage Rakete" in der Herrnstraße auf den Second Hand-Zug aufgesprungen. "Ich glaube, dass die Menschen mehr und mehr verstehen, wie schlimm die Fast Fashion Branche ist", sagt sie. Sich einkleiden solle Spaß machen, jedoch nicht um jeden Preis. Second Hand-Mode sei hier eine ideale Kombination: "Man kann sich individuell kleiden, man hat das Einkaufsvergnügen und gleichzeitig handelt man noch nachhaltig." Sie erkennt eine Gegenbewegung zu Fast Fashion. "Mir zeigt das, dass sich die Kunden wieder bewusster mit dem Thema Kleidung auseinandersetzen."

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Upcycling: Alte Ware neu umgewandelt

Zurück  zu Armin Zadeh und seinem "Exklave". Mittlerweile steht der Modestudent in seinem zweiten Shop in der Dominikanergasse und zeigt Kleidungsstücke, die er eigens "aufgepimpt" hat. Er greift zu einem paar Sandalen, der Look der 50er-Jahre wurde mit bunten Schnüren modern aufgehübscht. Auch das ist ein Standbein Zadehs: Upcycling. Hierbei werden Abfallprodukte oder alte, kaputte Stoffe in neuwertige Produkte umgewandelt. "Viele Kleidungsstücke sind viel zu schade, um sie einfach wegzuschmeißen", sagt er während er in seinem Sammelsurium an Vintage-Klamotten steht, die darauf warten, dass ihr zweiter Frühling beginnt. "Wir haben schon genug Klamotten auf dieser Welt, wir müssen keine neuen produzieren."

"Wir haben schon genug Klamotten auf dieser Welt, wir müssen keine neuen produzieren."
Armin Zadeh, Inhaber der Second Hand-Shops "Exklave"
'Exklave'-Inhaber Armin Jahani Zadeh verbessert und ändert einzelne Teile durch sogenanntes Upcycling.
Foto: Thomas Obermeier | "Exklave"-Inhaber Armin Jahani Zadeh verbessert und ändert einzelne Teile durch sogenanntes Upcycling.

Damit ist er der Meinung vieler seiner Kunden. Das Thema Nachhaltigkeit scheint ein großer Faktor zu sein, dass Second Hand-Läden ein regelrechtes Comeback erleben. Außerdem: "Hinter Second Hand steckt eine Idee, eine Philosophie und viel Herzblut", meint Ohlmann. "Dort zu kaufen ist häufig eine Einstellungssache und passiert nicht des Geldes wegen."

Zadeh merkt man dieses Bewusstsein besonders an. Immer wieder greift er zu einzelnen Vintage-Stücken, fährt mit den Fingern sanft über den Stoff, erklärt die Besonderheiten der Nähte oder der Verarbeitung. "Mode ist einfach etwas tolles, jeder kann sich damit individuell identifizieren", sagt er. Bei Kleidungsstücken, die auch noch eine Vorgeschichte haben, ginge dies besonders gut. Und nun: "Lasst uns ihnen eine neue Geschichte geben."

 
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