In den vergangenen Wochen waren die Kindergärten in der Region so leer wie fast nie. Nur die Kinder, deren Eltern die Notbetreuung nutzen konnten und wollten, kamen zum Spielen. Seit Montag nun dürfen wieder alle Vorschulkinder in Bayern in die Betreuungseinrichtungen kommen. Um die Kinder und die Mitarbeiter vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu schützen, setzen die Kindergärten dabei auf die Betreuung in Kleingruppen. So beispielsweise auch in den Kitas der AWO Würzburg und des evangelischen Kindergartens am Spitalseeplatz in Schweinfurt.
Personalmangel in den Kindergärten
"Den Gruppen ist ein fester Raum und festes Personal zugewiesen, um Kontakt zwischen den verschiedenen Gruppen zu vermeiden", erklärt Cornelia Staab, die Leiterin des Bereichs Kinder, Jugend und Familie der AWO. Durch die Trennung soll die Gefahr einer Ansteckung mit dem Virus gering gehalten werden. Auch die Turnräume der Kindergärten nutzt die AWO aktuell als Gruppenraum, um die Kinder zu betreuen. Aktuell seien die 13 Kindergärten der AWO noch nicht komplett ausgelastet, sagt Staab. Ungefähr die Hälfte der 476 Kinder komme momentan in den Kindergarten.
"Spätestens wenn 80 Prozent der Kinder wieder da sind, werden wir in den Normalbetrieb über gehen müssen", sagt die AWO-Bereichsleiterin. Doch da durch die Aufteilung und Trennung der Kinder mehr Gruppen entstehen, brauchen die Kindergärten auch mehr Personal. Eine schwierige Situation, denn schon vor der Corona-Pandemie hätte es in vielen Kindertagesstätten an dringend benötigtem Fachpersonal gemangelt.
- Lesen Sie auch: Neuer Alltag im Kindergarten
- Mehr Details: Erfahrungen der Kitas in MSP bei der Notbetreuung
"Bei uns ist die Lage noch überschaubar", sagt Carmen Ballnus, Leiterin des Schweinfurter Kindergartens am Spitalseeplatz. Dort betreuen elf Mitarbeiter normalerweise 69 Krippen- und Kindergartenkinder. "Aktuell sind es aber nur elf", berichtet Ballnus. Sie sind auf zwei Gruppen aufgeteilt. Die Leiterin würde künftig gerne ein strenges Konzept umsetzten - mit zwei Betreuern und maximal sechs Kindern pro Gruppe. Doch dafür fehle es dem Kindergarten schlicht an Mitarbeitern und an passenden Räumen, sagt Ballnus.
Zwar schlage das Ministerium vor, auch freie Räume in den Gemeinden für die Betreuung der Kinder zu nutzen, sagt AWO-Bereichsleiterin Cornelia Staab, beispielsweise Pfarrsäle. Die Vorschläge hält sie allerdings für kaum umsetzbar: "Wenn ich in einem ganz anderen Gebäude bin, kann ich nicht alleine arbeiten." In einer Notsituation könnten die Erzieher nicht schnell den Kollegen aus dem Nebenraum rufen.
Eltern hebeln Konzept aus
Doch nicht nur die fehlenden Räume und fehlendes Personal sind ein Problem. Damit das Konzept der Kleingruppen eingehalten werden kann, seien die Kindergärten auf die Unterstützung der Eltern angewiesen, sagt Staab. "Die Erzieherinnen sind frustriert, wenn sie hören, dass Kinder aus unterschiedlichen Kleingruppen, die wir tagsüber trennen, am Nachmittag zusammen spielen." Das setze "unser ganzes System außer Kraft".
Auch Carmen Ballnus schüttelt darüber den Kopf: "Das begreifen wir als Erzieher nicht." Die Schweinfurter Kindergarten-Leiterin hofft, dass die Eltern realisieren, wie notwendig die Einhaltung des Kleingruppen-Konzepts sei. Und dass sie die gemeinsamen Spielnachmittage ihrer Kinder zumindest in den nächsten Wochen sein lassen.
Es geht nicht nur um den Schutz der Kinder, sondern auch um den der Mitarbeiter. Anders als im Supermarkt können die Erzieher nicht einfach eine Wand aus Plexiglas zwischen sich und ihre Schützlinge ziehen. Zwar dürften die Mitarbeiter freiwillig Mund-Nasen-Schutz aufsetzen. Doch viele hätten sich dagegen entschieden, den Kindern zuliebe, sagt Staab: "Die Kinder brauchen die Mimik, sie müssen die Gesichtszüge sehen, um sich entwickeln zu können."
Bei der Mittagsbetreuung sind Vorgaben "kaum umsetzbar"
Nicht nur in den Kindergärten ist das Einhalten des Konzepts schwierig, so Staab, sondern auch in den Mittagsbetreuungen und Kinderhorten der AWO. So seien die Kinder in den Schulen zwar ebenfalls in Gruppen aufgeteilt. Aber spätestens bei der Betreuung mittags oder im Hort treffen Schüler aus unterschiedlichen Klassen oder Schulen zusammen. "Wir sind ein Sammelpool", sagt Staab. Die Trennung sei "manchmal einfach nicht machbar, hier stoßen wir massiv an die organisatorischen Grenzen".
Wegen des Infektionsschutzes fände die Bereichsleiterin es sinnvoll, die Kinder wochenweise zu unterrichten, um auch in der Mittagsbetreuung oder im Hort eine homogene Gruppe zu haben: "Das ist natürlich nicht das Optimalmittel, aber wir sprechen hier auch nicht von Optimalbedingungen."
Sowohl Staab als auch Ballnus kritisieren die Kommunikation mit dem Ministerium. Es würde manchmal Tage dauern, bis die Einrichtungen nach den Pressekonferenzen der Staatsregierung die endgültigen und genauen Informationen erhielten. "Wir sitzen da und lauschen der Pressekonferenz, weil wir erst da erfahren, wie es weitergeht", berichtet Staab. "Es wäre einfach schön, wenn wir einen kleinen Informationsvorsprung hätten."