
Wie entwickeln sich die Infektionszahlen? Wie geht es mit den Impfungen voran? Und was wird aus den Impf- und Testzentren? Erneut war die Corona-Pandemie das beherrschende Thema in einem Pressegespräch des Landratsamts. Der Leiter des Gesundheitsamts Dr. Johann Löw, die beiden leitenden Impfärzte Prof. Peter Sefrin und Dr. Jürgen Pannenbecker, Michael Dröse, Verwaltungsleiter der Impfzentren, sowie die Leiterin des Geschäftsbereichs Gesundheit, Miriam Meder, beantworteten die wichtigsten Fragen.
Mit Stand vom 3. August wurden in Impfzentren, Kliniken und Praxen in Stadt und Landkreis Würzburg 347 513 Impfungen verabreicht, so Michael Dröse, davon 186 825 Erst- und 160 688 Zweitimpfungen. Seit Ende Juni ist ein deutlicher Rückgang der Impfbereitschaft erkennbar. Mit einem Anteil der vollständig Geimpften an der Gesamtbevölkerung von 55,5 Prozent liegt die Region dennoch deutlich über dem bayerischen Schnitt (50,7 Prozent) und über der gesamtdeutschen Impfquote (52,6 Prozent).
Nach der amtlichen Statistik hatten zum Jahreswechsel 289 651 Menschen ihren ersten Wohnsitz in Stadt und Landkreis Würzburg, 43 617 davon waren unter 18 Jahre alt. Das entspricht einem Anteil der Minderjährigen von 15,06 Prozent. Nur wenige von ihnen sind bereits geimpft, nachdem die Ständige Impfkommission eine Impfempfehlung bislang nur für Jugendliche ab 12 Jahren mit bestimmten Vorerkrankungen oder sonstigen Risiken ausgesprochen hat. Bezieht man die Gesamtzahl der Impfungen auf die volljährige Bevölkerung, dann wären 75,9 Prozent ein erstes Mal und 65,3 Prozent ein zweites Mal geimpft.

"In der Bevölkerung herrscht im Moment eine gewisse Sorglosigkeit", sagt Impfarzt Peter Sefrin. Das führe auch dazu, dass Termine für die Zweitimpfung abgesagt oder nicht wahrgenommen werden. Zahlenmäßig lasse sich dies allerdings nicht erfassen, sagt Hausarzt Dr. Christian Pfeiffer (Giebelstadt), weil sich beispielsweise Patienten, die erstmals beim Hausarzt geimpft wurden, ein zweites Mal auch in den Impfzentren impfen lassen können. "Wir haben keinen Überblick über die Zweitimpfungen", so Pfeiffer.
Nur eine vollständige Impfung schützt zu mindestens 90 bis 95 Prozent davor, sich selbst mit dem Virus, insbesondere der Delta-Variante, anzustecken und weitere Personen zu infizieren, sagt Jürgen Pannenbecker. Er weist aber darauf hin, dass eine Zweitimpfung auch nach Ablauf des empfohlenen Impfabstands noch wirksam ist. Der Impfstoff von Johnson & Johnson erzeugt bereits nach einer Impfung einen ausreichenden Schutz. Peter Sefrin warnt eindringlich: "Wir werden die Welle, die auf uns zukommt nicht bewältigen können, wenn die Chancen, die da sind, nicht genutzt werden."
Das Risiko, sich zu infizieren ist bei bei Geimpften mindestens um das Zehnfache geringer als bei Ungeimpften. In Einzelfällen sei das Virus auch bei Geimpften nachgewiesen worden, sagt der Leiter des Gesundheitsamts Johann Löw, wenn auch in geringer Menge und meist ohne Symptome. Ernste Krankheitsverläufe bei Geimpften seien in der Region bisher nicht beobachtet worden.
Die Alpha-Variante, die während der dritten Welle im April für drei Viertel der Corona-Infektionen verantwortlich war, wurde inzwischen auf einen Anteil von unter fünf Prozent zurückgedrängt, berichtet Johann Löw. Dafür hat die noch ansteckendere Delta-Variante inzwischen die Oberhand gewonnen, wenn auch bei vergleichsweise niedrigen Infektionszahlen. Bei den 148 im Juli registrierten Fällen wurde sie bei 63 Personen oder 42,6 Prozent nachgewiesen. Tendenz: steigend.
Vor dem Hintergrund sinkender Impfzahlen wird das Impfzentrum in Giebelstadt Ende September sicher, das Impfzentrum Talavera mit hoher Wahrscheinlichkeit geschlossen, sagt Verwaltungsleiter Michael Dröse. Die Impfstrategie setzte künftig auf mobile Teams und niedergelassene Ärzte, auch für die ab September angekündigte Auffrischimpfung für Hochbetagte und Risikogruppen. Zusätzlich soll ein kleineres stationäres Impfzentrum mit einer Kapazität von höchstens 450 Impfungen täglich aufgebaut werden. Derzeit sei man noch auf der Suche nach einem Standort, so Dröse. Die Infrastruktur auf der Talavera soll trotzdem weiter vorgehalten werden, um das Impfzentrum im Falle einer weiteren Infektionswelle innerhalb kurzer Zeit wieder auf die heutige Kapazität von 1500 Impfungen täglich hochfahren zu können.
"Das Testzentrum Talavera wird definitiv mindestens bis Ende des Jahres weiter betrieben", sagt Geschäftsbereichsleiterin Miriam Meder. Dort werden sowohl kostenlose Schnelltests als auch PCR-Tests angeboten. Auch die Schnelltestzentren sollen bleiben. Derzeit sind in der Stadt 17 und im Landkreis 23 solcher Schnellteststellen von Hilfsorganisationen aber auch gewerblichen Anbietern im Betrieb. Mit einem steigenden Testbedarf rechnet Meder durch Reiserückkehrer, den Testaufruf für Schülerinnen und Schüler zum Ende der Sommerferien und in der herbstlichen Erkältungszeit. Darüber hinaus wurden für die Schulen 130 000 Selbsttests bestellt, die von der Feuerwehr ausgeliefert werden und den Bedarf bis Ende Oktober decken sollen. In Grundschulen setze man auf Pooltests.
Von den 148 Juli registrierten Fällen in Stadt und Landkreis seien 27 direkt auf einen Auslandsaufenthalt zurückzuführen, sagt Johann Löw. Deshalb plädiert er für konsequente Test von Reiserückkehrern. Daneben sei vor allem die Altersgruppe der 15- bis 34-Jährigen von Infektionen betroffen. In der Stadt Würzburg gehörten laut Robert Koch-Institut in den letzten sieben Tagen 15 der 18 registrierten Fälle dieser Altersgruppe an, im Landkreis sieben von 14. Am häufigsten werde das Virus bei privaten Treffen verbreitet. Dass es dabei bislang nicht zu größeren Ausbruchsclustern gekommen ist, sei Glückssache. "Es waren mindestens sechs Indexfälle dabei, bei denen es auch ganz anders hätte ausgehen können", so Löw.
Laut RKI werden Impfungen mit Johnson&Johnson sowohl bei den Erstimpfungen als auch bei den Zweitimpfungen gezählt. Deshalb entspricht die Anzahl der verabreichten Impfungen nicht der Summe der Erst- und Zweitimpfungen. Teilt das Gesundheitsamt die Zahlen wirklich so mit wie hier wiedergegeben? RKI-konform ist das nicht.