
Bayernweit sind Apotheken wegen des Coronavirus bis zum Anschlag belastet, sagt der Pressesprecher der bayerischen Landesapothekenkammer, Werner Kurzlechner. Davon können auch unterfränkische Apotheker ein Lied singen. So standen etwa am Samstag in der Höchberger Barvaria-Apotheke die Kunden in einer Warteschlange bis auf die Straße. Alles, was man bei einer Erkältung brauche und noch vieles mehr werde bevorratet, so Apotheker Thomas Mühling. Nicht immer sei dies sinnvoll. Bis zu doppelt so viele Kunden als sonst zählen die Apotheken in Unterfranken derzeit.
Apotheker dürfen selbst Desinfektionsmittel produzieren
Der Höchberger Apotheker Mühling erkannte früh, dass es Engpässe bei Desinfektionsmitteln geben werde. Daher besorgte er sich die nötigen Grundstoffe. Am 13. März 2020 fiel die EU-weite Biozid-Verordnung, die es Apothekern seit Januar 2018 verbietet, selbst Desinfektionsmittel herzustellen. Mühling legte sofort los und produzierte 300 Liter, die nach drei Tagen ausverkauft waren, obwohl er schon am zweiten Tag nur noch 500 ml pro Kunden ausgab.
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Er produzierte weitere 800 Liter, die, so erzählt er, auch schon zur Neige gehen. Aus diesem Grund will Mühling ab sofort nichts mehr an Privatpersonen ausgeben. Er habe Anfragen von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten. Die hätten jetzt Vorrang, denn auch er müsse sehen, woher er die notwenigen Rohstoffe bekomme, sagt der Apotheker. Wer zuhause sei, der könne sich durch regelmäßiges Händewaschen schützen. Rettungs- und Hilfsdienste aber müssten raus und sollten optimal geschützt werden, so Mühling.
Aber auch in Arztpraxen und Einrichtungen wie dem Blindeninstitut ist Desinfektionmittel jetzt Mangelware. Sylvia Pöhlmann von der St. Margareten Apotheke in Margetshöchheim ist deshalb ebenfalls in die Produktion eingestiegen, um speziell diesen Einrichtrungen zu helfen. Auf dem freien Markt aber sind Mittel zur Handdesinfektion nicht mehr erhältlich.
Stefan Bauer, Apotheker der Hochfeld-Apotheke in Schweinfurt, berichtet, dass er in einer einzigen Woche dreimal so viel verkauft habe als sonst in einem ganzen Quartal. Desinfektionsmittel sei bei ihm jetzt komplett ausverkauft und selbst produzieren ginge inzwischen nicht mehr, weil der Großhandel die notwendigen Grundstoffe nicht mehr liefern könne.
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Plexiglas soll vor Viren schützen
Apotheker müsen in diesen Zeiten auch sich selbst und ihre Mitarbeiter schützen. Thomas Mühling und seine Kollegen betätigen sich deshalb auch handwerklich. In den nächsten Tagen montieren sie Plexiglasscheiben an ihre Verkaufsthresen, um den direkten Kontakt zum Kunden zu vermeiden.
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Stefan Bauer weiß sich in Schweinfurt derzeit nicht anders zu helfen als ausschließlich über die Notdienstklappe zu verkaufen. Schutzmasken seien längst auch für die eigenen Mitarbeiter nicht mehr lieferbar. Hinweisschilder hätten nicht den gewünschten Effekt gehabt. Sylvia Pöhlmann von der St. Margareten-Apotheke in Margetshöchheim hingegen hat mit großen Hinweisschildern und dem Aufrufen der Kunden an die jeweils freien Thekenplätze gute Erfahrungen gemacht. Außerdem "waschen wir uns zehnmal mehr die Hände" und achten auf genügend Abstand, berichtet sie.
Außer Händewaschen und Vorsicht gebe es zwar noch kein Mittel gegen Covid-19, dennoch seien laut der unterfränkischen Apotheker Schnupfenmittel, Präparate gegen Fieber und Erkältung derzeit besonders gefragt. Manch einer gebe zu, genügend zu haben und wolle aus Vorsicht noch eine dritte Packung erwerben, berichtet Mühling. "Ich will nicht von Hamsterkäufen sprechen", sagt Stefan Bauer, aber bevorratet werde schon. Interessanterweise verkaufe er derzeit auffällig viele Fieberthermometer. Wahrscheinlich würden in Zeiten von Corona viele ihren Medikamentenschrank kontrollieren und dabei feststellen, dass das Fieberthermometer nicht mehr funktioniere oder gar keines vorhanden sei.
Bald auch Sonntags geöffnet?
Bauer begrüßt die flexibleren Öffnungszeiten, die es Apotheken erlauben, die gesetzlich vorgeschriebene Mindestöffnungszeit bei Personalmangel zu unterschreiten aber auch die maximalen Öffnungszeiten zu überschreiten. Wenn der Ansturm so bleibe, überlege er ernsthaft, auch ein paar Stunden an Sonntagen zu öffnen, um den Andrang unter der Woche etwas zu reduzieren, so Bauer. Theoretisch dürften Apotheken jetzt auch bis 22 Uhr öffnen. Thomas Mühling hält davon allerdings nicht viel: "Wir haben von 7 bis 18 Uhr ohne Pause geöffnet und liefern mit doppelter Besetzung als sonst auch Medikamente aus." Da habe jeder die Chance, an seine Medikamente zu kommen.