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Würzburg
Chronisches Fatigue Syndrom und viele Betroffene: Wann kommt endlich eine ME/CFS-Ambulanz nach Unterfranken?
Die Geschichte des 29-jährigen Würzburgers, der seit Jahren am Chronischen Fatigue Syndrom leidet und keinen Arzt findet, hat viele bewegt. Was Leserinnen und Leser schildern.
Der Sohn von Dagmar S. leidet seit Jahren am Chronischen Fatigue Syndrom. Viele Leserinnen und Leser haben auf den Artikel über ihren Kampf um eine angemessene medizinische Versorgung reagiert.
Foto: Christoph Weiss | Der Sohn von Dagmar S. leidet seit Jahren am Chronischen Fatigue Syndrom. Viele Leserinnen und Leser haben auf den Artikel über ihren Kampf um eine angemessene medizinische Versorgung reagiert.
Claudia Kneifel
 |  aktualisiert: 08.02.2024 17:00 Uhr

Thomas S. ist 29 Jahre alt. Vor zehn Jahren hat er sich mit dem Pfeifferschen Drüsenfieber angesteckt und leidet seitdem am Chronischen Fatigue Syndrom (CFS). Doch einen Arzt oder eine Ärztin, die ihn behandelt, kann er nicht finden. Wie seine Mutter für Thomas S. kämpft und für die Anerkennung der Krankheit einsetzt - darüber hat diese Redaktion berichtet. Über die Anteilnahme der Leserinnen und Leser und vor allem die vielen E-Mails von Menschen aus Unterfranken, die selbst von der schweren Krankheit betroffen sind, freute sich Dagmar S. sehr: "Ich möchte jedem Einzelnen antworten", sagt sie gerührt. 

Seit drei Jahren verschlechtere sich der Zustand ihres Sohnes: "Er kann kaum mehr das Bett verlassen, er ist bald ein Pflegefall." Dagmar S. möchte erreichen, dass diese Patienten - in Deutschland leiden rund 300.000 Menschen am Chronischen Fatigue Syndrom - mehr in das öffentliche Bewusstsein rücken und die Krankheit Anerkennung findet. "Wir brauchen eine ME/CFS-Ambulanz in Unterfranken", fordert die 57-Jährige. An den Reaktionen sehe man, wie viele Menschen unter dieser schweren Krankheit leiden.

Warum gibt es an der Uniklinik keine ME/CFS-Ambulanz?

An der Uniklinik in Würzburg gibt es keine Post Covid- oder ME/CFS-Ambulanz. "Wir wollen im Rahmen der bestehenden Sprechstunden und der vorhandenen Kapazitäten eine bestmögliche Versorgung realisieren", heißt es von Uniklinikum. Der Bedarf wachse enorm. "Wir können derzeit noch keine Aussagen zur weiteren Entwicklung in diesem Bereich machen", teilt die Pressestelle mit. "Wenn es neue spezialisierte Angebote gibt, werden wir diese natürlich bekanntmachen."

Warum finden CFS-Erkrankte keine medizinische Hilfe?

"Die Diagnostik und Therapie des ME/CFS ist sehr langwierig, denn es gibt keine anerkannten Biomarker, also Laborwerte, dieser Erkrankung", erklärt der Allgemeinarzt Dr. Peter Marks aus Hettstadt (Lkr. Würzburg). "Man muss eine aufwendige Ausschlussdiagnostik betreiben. Und viele Untersuchungen sind nicht kassenüblich und werden daher auch nicht bezahlt." Wichtig für CFS-Patientinnen und Patienten sei, dass sie überhaupt ernst genommen und nicht in eine Schublade gesteckt würden. Und dass die Diagnostik und Therapie gesetzlich anerkannt und erstattet werde.

"Wir wollen doch alle nur gesund werden."
CFS-Patientin und alleinerziehende Mutter von fünf Kindern

"Wir wollen doch alle nur gesund werden", schreibt eine Betroffene Mutter. "Ich bin arbeitsunfähig und nicht in der Lage, mich um Kinder, Haushalt, Pflege geschweige denn Hobbys zu kümmern. Das Haus verlassen? Ja, einmal in der Woche zum Einkaufen oder für den Arztbesuch. Wenn es funktioniert an diesem Tag. Mit dem Ergebnis, dass ich den Rest der Woche kein menschliches Leben mehr führe", schildert die alleinerziehende Mutter von fünf Kindern. "Ich bin 47 Jahre alt, aber fühle mich wie 90." 

Eine andere Leserin schreibt: "Ihr Artikel ist wunderbar und traurig". Sie sei selbst betroffen, ihre wirtschaftliche Situation prekär. "Ich bin durch die Krankheit verarmt und in Existenznot. Derzeit versuche ich, wenige Stunden von zuhause aus zu arbeiten."

Eine weitere Betroffene berichtet, dass sie "seit Jahren ohne medizinische Versorgung" zurecht kommen müsse: "Ich kann natürlich wegen Ohrenschmerzen, einem Herzinfarkt oder einem gebrochenen Bein zum Arzt, aber nicht wegen meiner Grunderkrankung ME/CFS." Sie fragt: "Ist ME/CFS ist nicht lukrativ für Ärztinnen und Ärzte?"

"Behandlungen bei Privatärzten kosten oft mehrere tausende Euro. Die Leute verkaufen ihre Autos, ihre Häuser, verlieren alles. Sie landen oft in Hartz IV, werden von Sachbearbeitern genötigt sich zu bewerben, obwohl sie nicht mal ihren Haushalt schaffen", sagt eine andere Leserin aus Unterfranken, die auch auf der Suche nach einem Arzt oder einer Ärztin ist, die ihre Erkrankung ernstnimmt.

Warum müssen CFS-Betroffene so lange auf eine Diagnose warten?

"Viele Betroffene haben Jahre auf ihre Diagnose gewartet, wurden falsch diagnostiziert, immer wieder zu mehr Leistung und Bewegung aktiviert, mit der fatalen Folge der Verschlechterung bis hin zu Bettlägerigkeit", schreibt eine 53-Jährige ME/CFS-Patientin. Seit 2019 sei sie nicht mehr arbeitsfähig und auf Hilfe zur Bewältigung ihres Alltags angewiesen. Ihre Hoffnung: eine adäquate Behandlung und neue Therapieansätze.

Regionale Selbsthilfegruppe zu ME/CFS

Für Betroffene und Angehörige gibt es eine regionale WhatsApp-Selbsthilfegruppe, die sich zum Thema ME/CFS austauscht. Die Gruppe baut derzeit eine regionale Facebook- Selbsthilfegruppe für den Raum Nordbayern auf. Ziel ist, sich auszutauschen, zu vernetzen und Informationen über regionale Ärzte und Therapeuten, Behandlungserfahrungen und allgemein zu ME/CFS anzubieten. Wer Teil der Gruppe werden möchte, meldet sich bei ME/CFS Nordbayernfacebook.com
Filmtipp: Das ZDF zeigt am 4. April um 22.15 Uhr eine 30-minütige Doku zum Thema mit dem Titel "Jede Anstrengung ist zu viel - Diagnose: Chronisches Fatigue Syndrom". 
Quelle: clk
 
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    Hierzu auf Twitter was die Zukunft der Forschung von MECFS an der Uni Würzburg angeht:
    Bhupesh K Prusty
    @BhupeshPrusty
    ·
    6. März
    The Prusty lab is up to grab. Decided to move my lab wherever ME/CFS and Long Covid research is appreciated. I hope that the academia works the other way around and instead of me keep searching for a new location, the new location finds me. Fingers crossed!

    Soviel zum weiteren Ausblick in Würzburg.

    Leider lehnte Stark-Watzinger, auch entgegen ihrer ursprünglich geäußerten Motivation stark in die Forschung von MECFS zu investieren, die meisten der Forschungsanträge ab.

    Die Uni Würzburg wird auch nicht als alleiniger Investor die Forschung stemmen können.
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  • I. R.
    Das sind schlimme Qualen, die die Menschen hier ertragen müssen, da fühle ich mit. Obwohl ich etwas anderes, nach einigen Jahren 80 % ausgestandenes hatte. Glücklicherweise damals ohne das Gezackere um Anerkennung und Geld, damals „nur“ Unwissen, das ist hier on Top. Da fehlt mir inzwischen jegliches Verständnis. Wir haben weltweit eines der teuersten Gesundheitssysteme und viele andere sind viel preiswerter erheblich gesünder. Also sollte doch gründlich geprüft werden, vor allem wird bei uns am liebsten lukrativ das Symptom behandelt und ungern aufwendig nach Ursachen geforscht, geschweige denn behandelt, schon gar nicht außerhalb der Schulmedizin. Da lese ich hier nichts.
    Ich hoffe, dass sich die Familie selbst in seriösen Medizin. Netzwerken, AMM etc., Schweizer Gesundheitsfernsehen QS24 (teils im deutschen RegionalTV, zB Berlin!) informiert. Es gibt tolle, bezahlbare! Ansätze, mind. zu Verbesserungen, besond. bei Autoimmunkrankheiten und für alle ansonsten präventiv!
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  • B. P.
    Vielen Dank für die ME/CFS Berichte und den Shg Link!

    Allerdings habe ich noch immer die Bitte, dass Sie den international gängigen Namen ME/CFS für diese Erkrankung (nach CCC) verwenden.
    AIDS würden Sie wohl in einem Artikel auch nicht als „Schwächesyndrom“ abkürzen, weil das die Erkrankung nicht beschreibt und Menschen dadurch verunsichert werden könnten.

    Die Bezeichnung „CFS“ trägt Mitschuld daran, dass wir noch heute keine ausreichende Versorgung und zugelassene Medikamente haben.

    Medizinprofessor Dr. Anthony Komaroff war in den 1980ern in der Gruppe der CDC, die nicht über den Namen bei der Umbenennung von ME zu CFS nachgedacht haben. Später sagt er der Name Chronic Fatigue Syndrome (CFS) sei ein „großer Fehler“, weil er „die Krankheit trivialisiert und stigmatisiert“ und „sie unwichtig erscheinen lässt, vielleicht nicht einmal real“.

    https://www.mecfs.de/presse/infos-zu-me-cfs/
    https://www.mecfs.de/durch-wegschauen-wurde-noch-keine-krankheit-erforscht/
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  • O. L.
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    Es ist ei Skandal, wie dieser Staat uns Bürger ins offene Messer von Long Covid und ME/CFS laufe lässt (Letzteres ist ja die schlimmste Variante von ersterem). Die Maskenpflicht hätte weiterhin vor Ansteckung geschützt, ebenso wie Luftfilter in Schulen, Büros und öffentlichen Gebäuden. Stattdessen wird auf eine Eigenverantwortung gepocht, die aufgrund von Gruppendruck und Desinformation über die fortdauernde Präsenz des Virus (getestet wird ja auch nicht mehr!) niemals wirksam umgesetzt wurde.

    Long Covid kann jeden treffen, ob jung oder alt, vorerkrankt oder gesund. Die fehlenden Hilfen für Betroffene nach mittlerweile über drei Jahren Pandemie sind ein Armutszeugnis! Dass eine Stadt wie Würzburg in ihrem renommierten Universitätsklinikum noch keine Long-Covid-Ambulanz hat, ebenfalls.

    Solche Berichte müssten täglich die Schlagzeilen der Medien dominieren! Vielleicht erkennen dann die Bürger, dass nur der Selbstschutz (Maske!) sie vor Long Covid, Leid und Verarmung bewahren kann.
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  • A. K.
    Wahnsinn! Was möchtest Du? Weiter Angst und Panik? Weiter grundrechtseinschränkende Maßnahmen? Weiter und vor allem für immer Masken, überall wo 2 Menschen oder mehr zusammenkommen? Das alles nur, um vor den möglichen, sehr selten Folgen einer Infektion beschützt zu sein. Der hier beschriebene, sicherlich tragische Einzelfall des Chronischen Fatigue Syndrom (CFS) hat vor 10(!) Jahren angefangen. CFS gab es schon immer mal nach Virusinfektionen. Nur hat das niemanden interessiert, es wurde keine Politik damit gemacht.
    In meinen Augen bist Du eine durch und durch verängstigte Person die in den letzten 3 Jahren das alles verinnerlicht hat, was man ihr erzählt hat und die nun nicht mehr aus ihrem Angstbereich herausfindet und alle anderen damit einbeziehen will, imdem alle diese angeblichen Schutzmaßnahmen mit erdulden müssten, um Deine Ängste zu lindern.
    Wenn Du willst, handele "eigenverantwortlich, trage, wo und wann Du willst, deine Maske. Verlange das aber nicht von anderen.
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  • S. D.
    Das übelste war eine Neurologin aus Bamberg in meinem Fall. "Er bissle Schmerz hat doch jeder". Ich habe schreiende Muskelschmerzen und hatte bis 20 Std. am Stück schlafen müssen, um zu überleben. Das ganze System war so weit runtergefahren, wie lebendig begraben. Und es erholt sich über die Jahre nur sehr langsam, wenn überhaupt.
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