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Würzburg
Chia Rabiei klagte gegen seine Abschiebung: Die Entscheidung des Würzburger Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig
Bei der Messerattacke in Würzburg im Juni 2021 riskierte er sein Leben. Nun wird ihm als Flüchtling Schutz gewährt. Wie wichtig seine Bekanntheit für das Urteil ist.
Chia Rabiei war im November 2019 nach Deutschland gekommen und hatte einen Asylantrag gestellt. Gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration klagte er - erfolgreich.  
Foto: Christoph Weiss (Archiv) | Chia Rabiei war im November 2019 nach Deutschland gekommen und hatte einen Asylantrag gestellt. Gegen den ablehnenden Bescheid des Bundesamtes für Migration klagte er - erfolgreich.  
Jonas Keck
 |  aktualisiert: 03.06.2023 02:27 Uhr

Chia Rabiei, der sich 2021 bei der schweren Messerattacke in Würzburg dem Angreifer mutig in den Weg gestellt hatte, darf vorerst in Deutschland bleiben. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Würzburg von Mitte März ist inzwischen rechtskräftig, wie ein Sprecher des Gerichts am Dienstag auf Anfrage mitteilte. Das Gericht hatte entschieden, dass dem Kurden mit iranischer Staatsbürgerschaft der Status als Flüchtling zugesprochen werden muss.

Der ablehnende Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) sei "rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten", so das Urteil der Verwaltungsrichter. Rabiei bekommt eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre.

Rückkehr in den Iran sei dem Kurden "nicht zuzumuten"

Nun liegt auch die über 30-seitige Begründung des Gerichts vor: Der Kurde müsse "bei einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierter Verfolgung rechnen, so dass ihm eine Rückkehr in den Iran nicht zuzumuten ist", heißt es darin.

Der 43-Jährige sei nicht aus "asyltaktischen Gründen" vom Islam zum Christentum konvertiert. Vielmehr habe er "aufgrund einer ernsthaften Gewissensentscheidung aus einer tiefen Überzeugung heraus den religiösen Einstellungswandel vollzogen", so die schriftliche Begründung.

Gegen eine Abschiebung spricht aus Sicht des Gerichts auch die "Publizität des Klägers", also die Bekanntheit "wegen seiner gezeigten Zivilcourage bei der Messerattacke in Würzburg im Juni 2021 samt der nachfolgenden Auszeichnungen und Ehrungen bis hin zu seinem Asylverfahren, einschließlich des vorliegenden Gerichtsverfahrens". International war über den mutigen Helfer berichtet worden – auch in oppositionellen iranischen und kurdische Medien. Dabei sei auch die "politische und religiöse Einstellung des Klägers nicht verschwiegen worden", so die Richter.

Kein Vorteil, aber auch kein Nachteil durch Zivilcourage

Am 25. Juni 2021 hatte Chia Rabiei bei der Messerattacke am Barbarossaplatz sein Leben riskiert, um andere Menschen vor dem psychisch kranken Täter zu schützen. Drei Frauen starben bei dem Angriff, etliche Passantinnen und Passanten wurden verletzt.

Das Würzburger Verwaltungsgericht merkt an, dass dem Kläger kein Vorteil im Asylverfahren zugutekommen darf, weil er in Deutschland "ein gutes Werk getan hat" und dem Messerangreifer entgegentrat. "Umgekehrt darf ihm aber auch kein Nachteil daraus erwachsen, dass deshalb über seine Person und seine politische und religiöse Einstellung überregional und weltweit berichtet wird, so dass davon ausgegangen werden muss, dass dies auch den iranischen Behörden bekannt wird und er schon aus diesem Grund in den Fokus des iranischen Staates gelangt", begründet das Gericht.

 
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  • A. G.
    Es wäre auch eine Schande wenn es abgelehnt worden wäre. Ich wünsche ihm weiterhin alles gute und das er so bleibt wie er ist.
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  • C. B.
    Endlich mal ein faires Urteil. Verstehe einfach nicht, dass die Beamten beim BAMF hier kaltblütig entschieden haben.

    Zeigt aber auch, auf welche Gesinnung sich teilweise in den Behörden rumtreibt.
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  • R. A.
    Wenn sich ein Mensch integriert, sich engagiert und unsere Wertevorstellung annimmt, sollte man zunächst eine Befristung gewähren und nach einer Zeit X eine deutsche Staatsbürgerschaft anbieten. Nix mit doppelt gemoppelt wie bei den „Deutschtürken“, die unsere Annehmlichkeiten benutzen und im Geiste am Bosporus geblieben sind.
    Ich wünsche diesem Mann alles erdenklich Gute und dass wr sich hier einfinden kann.
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  • D. E.
    Die Wirklichkeit sieht mittlerweile anders aus.

    "Im Großteil der europäischen Staaten sowie in Kanada und den USA ist die doppelte Staatsbürgerschaft zulässig oder zumindest teilweise zulässig. Dänemark hat sie 2015 eingeführt, Norwegen 2020"
    https://www.kas.de/de/kurzum/detail/-/content/staatsangehoerigkeitsrecht-im-internationalen-vergleich
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  • D. E.
    Dafür muss er nach geltenden Recht noch mindestens 4 1/2 Jahre in Deutschland bleiben und sich nichts zu schulden kommen lassen. Der Bundespräsident könnte ihm aber eine "Verdienstmedaille am Bande" verleihen.

    Oder die Opposition - im besonderen die CSU - gibt ihre Verweigerungshaltung gegen die Änderungen des Einbürgerrechts auf. Dann wäre das möglich.
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  • P. K.
    Endlich sprach die Justiz gerecht.
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