Nach Bürgerentscheiden über ein Einkaufszentrum am Bahnhof, der Erhaltung der Mozartschule und der Begrünung des Faulhaber-Platzes am Theater geht es beim aktuellen Bürgerentscheid in Würzburg um die Talavera in der Zellerau. Der Bürgerentscheid 1 (Ratsbegehren) ist für die Bewirtschaftung des bislang kostenlosen Parkplatzes, um die Verkehrswende voran zu bringen. Der Bürgerentscheid 2 (Bürgerbegehren "Kostenlos parken auf der Talavera") will keine Bewirtschaftung. Acht Würzburger verraten, wie sie abstimmen werden. Zwei sind noch unentschlossen.
Carl Schlier, 65, Einzelhändler
Als Einzelhändler stimme ich gegen die Einführung der Parkgebühren auf der Talavera, weil wir davon leben, dass möglichst viele Menschen in die Stadt kommen und hier einkaufen. Alle Maßnahmen, die ihnen das erschweren, führen dazu, dass sie aus Würzburg weg bleiben und dort einkaufen, wo sie günstiger oder kostenlos parken können. Nach einer aktuellen Kundenbefragung des Handelsverbands Textil Schuhe Lederwaren (BTE) kaufen Kunden, die mit dem Auto in die Stadt kommen deutlich mehr ein, als wenn sie mit ÖPNV, Fahrrad oder zu Fuß kommen. Wir tun in unserem Geschäft alles, um den Kunden das Einkaufen angenehm zu machen. Die Würzburger Politik macht leider gerade das Gegenteil.
Johannes Kirchhoff, 23 Jahre, aktiv bei Fridays for Future
Die Klimakrise macht eine Mobilitätswende notwendig. Das beinhaltet auch die Reduzierung von motorisiertem Individualverkehr, gerade in den Städten. Ein kostenloser Parkplatz mitten in der Stadt ist deswegen nicht mehr zeitgemäß und bevorteilt ausschließlich Menschen mit einem Auto. Dementsprechend braucht die Talavera einen angemessenen Preis um die Kosten, die für den Parkraum entstehen, auch darzustellen. Andere Städte haben gezeigt, dass so eine Mobilitätswende funktioniert. Mit der City-Zone und weniger Autos mehr Lebensqualität in der Stadt gewinnen. Ich stimme für den Bürgerentscheid 1, um die Mobilitätswende auch nach Würzburg zu bringen.
Larissa Adolf, 21, Sprecherin der Studierendenvertretung der Universität Würzburg
Die Studierendenvertretung befürwortet das Anliegen einer verkehrsberuhigten Innenstadt und den Ausbau des ÖPNV. Denn von Letzterem hängt auch ein gelingender Studienalltag ab. Ob jedoch in dem Gesamtverkehrsplan inklusive Talavera-Bewirtschaftung studentische Interessen berücksichtigt sind, muss sich noch zeigen. Aus studentischer Sicht fehlt noch die Verbesserung des ÖPNV durch engere und durchgängigere Taktung, die Verrechnung der Vergünstigungen mit dem Semesterticket, studentische Park-Tarife sowie sinnvolle Park-and-Ride Angebote außerhalb der Innenstadt. Die Verkehrskoalition muss hier noch Überzeugungsarbeit leisten, damit wir als Studierendenvertretung klar zustimmen können.
Christian Schulz, 51, Bezirksvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GDP)
Ein Großteil der pendelnden Kollegenschaft ist zwingend auf kostenfreie öffentliche Parkflächen angewiesen. Es ist nicht möglich, dass zu Lasten der Steuerzahler der Dienstherr für jeden Beschäftigten einen Parkplatz zur Verfügung stellt. Gerade im Schichtdienst oder für auf dem Land lebende Beschäftigte ist der ÖPNV entweder nicht vorhanden oder scheidet von den Fahrzeiten her aus. Ebenso ist für pendelnde teilzeitbeschäftigte Eltern die Nutzung des ÖPNV meist nicht machbar. Der finanzielle Mehraufwand für unsere Beschäftigten wäre erheblich. Zudem ist eine reine Verdrängung der Parkproblematik sowie ein zunehmender Parksuch- und Ausweichverkehr in der Innenstadt zu befürchten.
Patrick Friedl, 51, Landtagsabgeordneter der Grünen
Zentraler Auslöser für das Gesamtkonzept „Besser leben im Bischofshut“ ist die Klimaüberhitzung. Aufgrund zunehmender Hitze in Würzburgs Altstadt ist die Gesundheit vieler der dort lebenden über 18.000 Menschen bedroht und die Attraktivität als Einkaufsort sinkt. Wichtig ist zur Kühlung und Abschattung Begrünung. Dies geht nur mit einer Entsiegelung vorhandener Flächen. Hierzu braucht es die innerstädtischen Plätze und Straßenränder für Bäume, Begrünung und Verbesserung der Aufenthaltsqualität. Parkende Autos gehören in Parkhäuser und auf bewirtschaftete Plätze. Mit einer Bewirtschaftung auch der Talavera wird sichergestellt, dass Parkplätze effizient genutzt werden und Dauerparken verhindert wird.
Andrea Behr, 53, designierte CSU-Landtagskandidatin
Die sofortige Bewirtschaftung der Talavera wird den sozialen Bedürfnissen der Bevölkerung nicht gerecht und öffnet die Schere zwischen Arm und Reich. Menschen, die für unsere Sicherheit und Gesundheit tätig sind, wie Polizei, Feuerwehr und Angestellte in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen können zum Schichtdienst unmöglich mit dem ÖPNV oder dem Fahrrad gelangen. Gerade Frauen, die oft in Minijobs arbeiten, danach Kinder aus der Kita abholen müssen, die Familie und pflegebedürftige Angehörige versorgen, sind wieder einmal benachteiligt. Wenn Park- und Spritkosten das Gehalt auffressen, müssen Stellen gekündigt werden. Das macht nicht nur Familien ärmer, sondern auch unsere Stadt, da die gesuchten Arbeitskräfte fehlen.
Helmut Försch, 93, engagierter Bürger und Hobby-Historiker
Die Erhebung von Parkgebühren auf der Talavera, ist ein kleiner Teil der Verkehrswende, auf die vor allem die Fußgänger, besonders wir Behinderte warten. Denn die Lebensqualität in der Innenstadt ist durch den vielen Verkehr beeinträchtigt. Alle Verbesserungen der Aufenthaltsqualität in der Innenstadt sind gegen den entschiedenen Widerstand von Geschäftsleuten durchgeboxt worden. Das muss auch hier geschehen. Dass man mit dem Parkschein Straba fahren kann, ist doch ein gutes Angebot. Der Klimawandel wird noch große Opfer von uns fordern, und was jetzt in Würzburg beim Verkehr geplant ist, ist das mindeste, das nötig ist.
Claudia Amberger-Berkmann, 56, Hotelchefin und Kreisvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands
Wir brauchen die Talavera als kostenlosen Parkplatz für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Bei mir im Hotel fangen wir um 6 Uhr früh an oder arbeiten bis Mitternacht. Die Mitarbeiter, die vom Land kommen, können das nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln schaffen, sie kommen mit dem Auto und parken auf der Talavera. Was machen die dann? Ähnliche Sorgen haben viele meiner Kollegen in der Branche. Denn die Gastronomie hat ja schon jetzt Probleme Personal zu finden. Viele haben Angst, dass sie Mitarbeiter verlieren und dass es noch schwerer wird, neue zu finden, wenn die Talavera bewirtschaftet werden würde.
Lore Koerber-Becker, 45, Kreisvorsitzende des VCD Mainfranken
Die Bewirtschaftung der Talavera ist notwendig, zeitgemäß und ökologisch sinnvoll. Kostenloses Parken auf der Talavera ist ungerecht. Die Kosten für den Parkplatz - Instandhaltung, Winterdienst und mehr - trägt die Allgemeinheit. Einen Nutzen haben nur Wenige. Wenn mit den Einnahmen aus der Bewirtschaftung der ÖPNV und eine City-Zone finanziert werden, profitieren davon deutlich mehr Menschen. Gleichzeitig ist das ein wichtiger Baustein für die dringend notwendige Verkehrswende. Denn die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs ist eine klimapolitische Notwendigkeit.
Joachim Drescher, 59, Würzburger Kaufmann
Ich bin tatsächlich hin- und hergerissen und noch am Überlegen, was tatsächlich Sinn macht. Jeder der beiden Ansätze hat nachvollziehbare Beweggründe. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass es überhaupt nicht zum Bürgerentscheid gekommen wäre, sondern man eine Lösung im Konsens gefunden hätte. Durch die jetzige Situation wird immer ein Teil zu den Verlierern gehören, egal wie es ausgeht. Entscheidend ist die Zeit danach. Welche weiterführenden Maßnahmen ergriffen werden, um möglichst allen Aspekten für die Zukunft der Stadt und der Stadtgesellschaft gerecht zu werden. Es darf keine Spaltung der Interessensgruppen geben.
Oder an was hätten Sie gedacht?
Aber lieber den Steuerzahler noch mehr mit Forderungen belasten, aber aus dem eigenen Geldsäckel für sozial Schwache nichts übrig haben. Also Sozialfond PUMA-Talavera.
Naja. Eine Studie aus Österreich (Graz) kommt zu einem anderen Ergebnis.
In Summe über die Zeit ist der Umsatz etwa gleich in den Mobilitätsgruppen.
> Die Verkehrskoalition muss hier noch Überzeugungsarbeit leisten, damit wir als
> Studierendenvertretung klar zustimmen können.
Der VEP*** wird gerade überarbeitet, die Regio-S-Bahn (ca. 300 Mio. Zuschuß von Bund+Länder) wackelt mit der Nicht-Bewirtschaftung der Talavera.
*** Uni-Biblio regelt: Verkehrsentwicklungsplan für den Großraum Würzburg 20/NZ 93223 V519-1/5 ff.
>Ein Großteil der pendelnden Kollegenschaft ist zwingend auf kostenfreie öffentliche
>Parkflächen angewiesen.
Richtig ist, daß der Arbeitgeber für die erforderlichen Stellplätze zu sorgen hat. Per Gesetz, Herr Schulz! Das sollten Sie wissen ...
Der Platz reicht nicht zum Entkräften der Schein-Argumente ...
Habe nochmal nachgeschaut und korrigiere mich dahingehend, daß der AG "möglichst Abstellmöglichkeiten zu schaffen hat". (Arbeitsstättenverordnung, Stellplatzverordnung bzw. -Satzung, Bauordnungen der Bundesländer). Und in den Bundesländern ist das unterschiedlich geregelt. Für Neubauten sind in Bayern wohl 2,5 Stellplätze (hier pro Wohnung) nach der BauVO Vorschrift.
Entstehungs-Hintergrund ist übrigens im Kern die Reichsgaragenordnung aus 1939.
> und ich meine nicht nur erforderliche Stellplätze, sondern ausreichend (!) Stellplätze
Das ist der falsche Satz. Er entlarvt Ihren (gefühlten) Anspruch darauf mit ereeichtem Besitz eines KFZ auch mindestens einen Stellplatz zu Füßen gelegt zu bekommen. Dem ist nunmal nicht so. Wo Sie ihr KFZ parken haben Sie eigenverantwortlich zu regeln. Auch ganz ohne Hilfestellung durch den Arbeitgeber oder die Allgemeinheit.
Wenn nicht genug Platz da ist gehen manche Quellen soweit zu sagen: Pech gehabt. Nimm ein anderes Verkehrsmittel.
https://csu-fraktion-wuerzburg.de/pressemitteilung/news/cityzone-unabhaengig-vom-ausgang-des-buergerentscheids/?fbclid=IwAR2x3WJSCvdmyqJjd6Y-7eQWjIa3dAUG2NNejZl1hjhE8Ieyg-06G63br_w
Hier würde mich 'mal interessieren wie sich die CSU-Fraktion in Würzburg die Finanzierung vorstellt ...
Also: Liebe CSU-Fraktion! Woher kommen die Mittel zur Finanzierung der Null-Euro-City-Zone wenn nicht aus den Einnahmen von der Talavera ...