Wie geht es weiter mit der Streuobstwiese? Bis zum Bürgerentscheid am 25. Juli, müssen die Margetshöchheimer sich entscheiden, ob die Streuobstwiese am Ortseingang erhalten bleiben soll oder ein Teil davon bebaut wird. Wer das Ratsbegehren (Bürgerentscheid 1) unterstützt, stimmt für die Bebauung der Streuobstwiese mit einem Streuobstzentrum und einem Bürogebäude eines ortsansässigen Unternehmers. Wer für das Bürgerbegehren (Bürgerentscheid 2) stimmt, spricht sich für den Erhalt der Streuobstwiese aus.
Von den 3314 Margetshöchheimern und Margetshöchheimerinnen sind 2572 stimmberechtigt. Das Rats- sowie das Bürgerbegehren muss jeweils eine bestimmte Mindestanzahl an Stimmen erreichen, um gültig zu sein. Das sogenannte Quorum fordert 20 Prozent der maximal möglichen Stimmen, was in Margetshöchheim 514 Stimmen wären. Falls die beiden Bürgerentscheide in einer miteinander nicht zu vereinbarenden Weise jeweils mehrheitlich mit "Ja" oder mit "Nein" beantwortet werden, entscheidet die Stichfrage. Bei Stimmengleichheit in der Stichfrage gewinnt der Bürgerentscheid, der die meisten Ja-Stimmen bekommen hat.
Auslöser der Bürgerinitiative war der Beschluss des Gemeinderats, eine Teilfläche der Streuobstwiese an einen ortsansässigen Unternehmer zu verkaufen. Wo genau das Bürogebäude und das Streuobstzentrum innerhalb der geplanten Bebauungsfläche später stehen sollen, steht derzeit noch nicht fest.
Was sagen die Befürworter, was die Gegner der Bebauung?
Eine Mehrheit im Gemeinderat aus CSU und SPD werben für die Bebauung, während die Partei Margetshöchheimer Mitte (MM) die Bürgerinitiative unterstützt. Der zweite Bürgermeister von Margetshöchheim Norbert Götz (CSU) sowie Gerhard Väth, Mitinitiator des Bürgerbegehrens und Naturschutzwächter des Landkreises Würzburgs, haben dieser Redaktion geantwortet, warum man jeweils für ihr Anliegen stimmen sollte.
Norbert Götz: Die Gemeinde ist in ihrer Weiterentwicklung durch die Lage zwischen Main, Schutzzonen und landwirtschaftlichen Flächen im Hangbereich stark eingeschränkt. Die Fläche am Ortseingang Zeilweg ist eine der wenigen Möglichkeiten, eine Bebauung unter Einschränkungen umzusetzen. Die geplante maßvolle Bebauung mit zwei Gebäuden auf circa einem Drittel der Fläche stellt nach Einschätzung aller Fachbehörden keine Gefahr für unser Trinkwasser dar. Ein örtlicher Unternehmer will sich seit Jahren vergrößern und sucht händeringend Flächen, um im Ort bleiben zu können. Auch die Streuobstgenossenschaft ist in Provisorien untergebracht und kann sich so nicht weiter entwickeln. Wir wollen mit einem Streuobstzentrum die Ortsgeschichte lebendig machen und diese Tradition nachhaltig für die Natur und unser Klima erhalten. Ökologischer Streuobstanbau ist gelebter Arten-, Umwelt- und Wasserschutz. Die verbleibende Fläche von circa zwei Dritteln soll mit seltenen und wertvollen Streuobstpflanzungen aufgewertet werden. Die Umwidmung der Restfläche in Acker- oder Grünland schließt jede weitere Bebauung dort aus. Damit wollen wir ein Zeichen für die Ortsentwicklung in Richtung Nachhaltigkeit setzen.
Götz: Margetshöchheim ist weithin als 'das Gartendorf am Main' bekannt und verfügt landkreisweit mit über die meisten Streuobstwiesen. Vor einiger Zeit hat sich die ILE Main Wein Garten, in der neben Margetshöchheim sieben Nachbargemeinden in einer Allianz zusammengeschlossen sind, für den Bau des Streuobstzentrums als Leuchtturmprojekt ausgesprochen. Auch der Landkreis, die Landesanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau sowie der Freistaat stehen hinter dem Konzept. Die Gemeinde investiert seit vielen Jahren jährlich 10 000 Euro in die Erhaltung und Pflege der Streuobstbestände. Auch das Bürogebäude ist von Bedeutung, dadurch können Arbeitsplätze vor Ort gehalten und geschaffen werden. Zudem unterstützt der Unternehmer die Vereine (unter anderem auch tagsüber die Alarmbereitschaft der Feuerwehr) und sorgt für Steuereinnahmen.
Götz: Alternative Standorte (diverse Flächen im Altort und in den Baugebieten) wurden eingehend geprüft und am Ende verworfen. Letztlich ist die Fläche am Zeilweg für das Bürogebäude und die Entstehung des Streuobstzentrums durch die räumliche Nähe zu den Streuobstwiesen ideal. Durch die Nähe zur Staatsstraße liegt der Standort verkehrstechnisch günstig und hält auch möglichen Straßenverkehr von der Wohnbebauung fern. Durch die Anbindung an die Heinrich-Böll-Straße ist die Erschließung gesichert.
Götz: Für die Gemeinde wäre es schade, wenn der örtliche Ingenieur nicht in Margetshöchheim bleiben könnte und die Genossenschaft in ihren Provisorien bleiben müsste. Wir würden das Konzept dennoch nicht aufgeben und weiterhin im Dialog mit allen Beteiligten nach einer guten Lösung suchen, um den Ortseingang weiterzuentwickeln.
Gerhard Väth: Unserer Ansicht nach ist ein wertvoller, alter Streuobstbestand ein passender Eingang für Margetshöchheim, das 'Gartendorf am Main'. Eine Wiese schützt hier unser Grund- und Trinkwasser. Sie ist gleichzeitig Lebensraum geschützter Tier- und Pflanzenarten. Ertragreiche junge und ökologisch wertvolle alte Obstgehölze runden das Bild ab. Nicht umsonst wird die Streuobstwiese im Bayerischen Naturschutzgesetz als Biotop unter besonderen Schutz gestellt. Ein großer Teil der Bevölkerung hat durch Unterstützung des Bürgerbegehrens die Fragwürdigkeit der Bebauung dieser Fläche erkannt. Die Gemeinde stellt den möglichen Bau eines Streuobstzentrums in den Vordergrund, verkauft aber voreilig den Großteil der Fläche an einen privaten Investor für den Bau eines Bürogebäudes. Auch wir als Bürgerinitiative sind für die Schaffung eines Streuobstzentrums in Margetshöchheim. Alle nötigen Ressourcen, zum Beispiel für Schulungs-, Verkaufs- und Lagerräume, Saftpresse und Büro sind im Ort vorhanden. Es ist nicht einzusehen, dass eine Streuobstwiese für ein Streuobstzentrum vernichtet werden soll. Im Zusammenhang mit dem Verkaufsbeschluss an den Investor gibt es eine Reihe Ungereimtheiten: So übernimmt die Gemeinde sämtliche Kosten für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen. Auch die verkehrstechnische Erschließung ist unklar und birgt ein hohes Risiko. Sollen die Forderungen des Landratsamtes (Anordnung der Baukörper in unmittelbarer Nähe zur Straße) erfüllt werden, ist die spätere Realisierbarkeit des Streuobstzentrums auf dem verbleibenden unattraktiven Grundstücksteil mehr als fraglich. Nicht alles, was man bebauen kann, sollte man bebauen. Was einmal zerstört und zubetoniert ist, ist für immer weg – wir haben eine Verantwortung für zukünftige Generationen.
Väth: Es handelt sich bei dieser besonderen Fläche um den Ortseingang. Dieser ist landschaftlich einzigartig. Den Erhalt dieser Fläche fordert auch das von der Gemeinde im Auftrag gegebene Integrierte Städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK). Außerdem leistet diese im Wasserschutzgebiet gelegene Streuobstwiese als extensiv genutzte Fläche ihren Beitrag zu unserer gemeindeeigenen Wasserversorgung. In Zeiten des Klimawandels ist jede erhaltene, unversiegelte Fläche von unschätzbarem Wert. Die Neubildung von Grundwasser ist seit 16 Jahren zu gering.
Väth: Ausgleich ist ein Zauberwort, das fälschlicherweise suggeriert, dass Natur 'ausgeglichen', ja sogar optimiert werden kann. Das ist eine Illusion. In die Jahre gekommene Streuobstwiesen mit altem Baumbestand sind unersetzlich und können auch durch noch so viele Nachpflanzungen nicht 'ausgeglichen' werden. Die Untere Naturschutzbehörde schließt das Vorkommen streng geschützter Tierarten auf diesem Areal nicht aus. Diese können nach Ansicht von Fachleuten nicht umgesiedelt werden.
Väth: Auf Grund der großen Anzahl positiver Rückmeldungen stellt sich diese Frage nicht.
Wie auch immer der Bürgerentscheid ausgehen wird: In Margetshöchheim beteiligen sich die Bürger auf beeindruckende Weise, die Demokratie funktioniert!
Wenn wir so anfangen, darf dort auch keine Spargelhütte mehr stehen. Die gefährdet doch auch unser Trinkwasser und zerstört unseren Ortsteingang, oder nicht? Oh Gott der ganze Verkehr zur Spargelhütte. Also machen wir doch ein Bürgerbegehren „die Spargelhütte muss weg“.
Ein Ort darf und muss sich weiterentwickeln dürfen für unsere Kinder. In den Nachbargemeinden wird gebaut und gemacht. In Margetshöchheim wird gebremst, weil es einige Motzer und Murrer gibt, welche nicht konstruktiv an einer Weiterentwicklung des Orts teilnehmen. Es wird Zeit, daß sich Margetshöchheim endlich gegen diesen Stillstand und Zwangshaft wehrt. Es kann nicht sein, daß
Streuobstwiesen mit ihren wertvollen Pflanzen und Tieren werden immer weniger.
Die ganze Fragestellung ist daher absurd.
Falls für das Streuobstzentrum auch nur ein einziger "Streuobstbaum" dran glauben muss ist das eine Farce und ein Schildbürgerstreich der seinesgleichen sucht! Andererseits ist es überhaupt ein Witz den Lebensraum Streuobstwiese durch ein Gebäude zu stören in dem es um den Lebensraum Streuobstwiese geht.
Entweder man baut das anderswo das Streuobstzentrum oder eben in unmittelbarer Nähe - aber keinesfalls AUF die Streuobstwiese. Das ist doch ein Witz...
Demjenigen der ein Bürogebäude dorthin bauen will und mit der Streuobstwiese nichts am Hut hat, demjenigen kann man keinen Vorwurf machen. Der steht wenigstens zu seiner Sache. Das "Streuobstzentrum auf einer Streuobstwiese" ist dagegen eher ein Schildbürgerstreich.