Nach zwei Tagen Beweisaufnahme blieben zu viele Details ungeklärt: Die 1. Strafkammer des Würzburger Landgerichts hat zwei 29 und 40 Jahre alte Männer aus Rieneck daher vom Vorwurf des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen.
Die beiden Angeklagten hatten vor zwei Jahren bei einer Auseinandersetzung auf offener Straße einen damals 27-Jährigen mit Faustschlägen und Tritten ins Gesicht schwer verletzt. Das Schwurgericht ging zu ihren Gunsten davon aus, dass sie dabei in Notwehr gehandelt haben, weil das Opfer sie mit einer Machete bedroht hat.
Alle Beteiligten haben "verdammt viel Glück gehabt", betonte der Vorsitzende des Schwurgerichts, Thomas Schuster. Der Geschädigte hatte Glück, weil er seine Verletzungen letztlich gut überstanden hat. Die beiden Angeklagten können sich glücklich schätzen, weil ihnen die Tatvorwürfe nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit nachgewiesen werden konnten.
Opfer konfrontierte die Angreifer in Rieneck mit Machete in Hand
Schon bei der Vorgeschichte blieben viele Fragen offen. Ausgangspunkt war mit hoher Wahrscheinlichkeit die Eifersucht des späteren Opfers, weil der jüngere der beiden Angeklagten damals engeren Kontakt zu seiner Ex-Freundin hatte. "Fest steht, dass die beiden sich nicht grün waren", so Schuster. Mehrere Wochen lang kam es deswegen in Rieneck immer wieder zu gegenseitigen Provokationen und Bedrohungen, die am 1. Juli 2022 eskalierten.
Bei allen drei Beteiligten waren an diesem Abend Alkohol und Drogen im Spiel. Wegen der vorangegangenen Vorfälle, bei denen er von dem 40-jährigen Angeklagten unter anderem mit einer Schusswaffe bedroht worden war, hatte der Geschädigte Angst, als die beiden Angeklagten vor seinem Haus auftauchten. Weil an diesem Tag auch schon die Tür seines Wohnhauses eingetreten worden war, konfrontierte er sie mit einer Machete in der erhobenen Hand.
Nach der Beweisaufnahme müsse man zu Gunsten der Angeklagten davon ausgehen, dass sie in dieser Situation von einer Notwehrlage ausgingen und sich wehren durften. Es kam zu einem Gerangel um die Machete, die der Geschädigte nicht einmal loslassen wollte, als er schon am Boden lag. Dabei wurde er von dem 29-Jährigen durch Faustschläge und von dem 40-Jährigen durch mindestens zwei Tritte mit schweren Arbeitsschuhen schwer im Gesicht verletzt, bevor er die Machete schließlich fallen ließ.
Opfer am ersten Verhandlungstag in Würzburger Justizzentrum verhaftet
"Mehr konnten wir nicht feststellen, das ist der Minimalextrakt der Hauptverhandlung ", betonte der Vorsitzende. Auch die Ermittlungen der Kripo seien in diesem Fall nicht so gelaufen, "wie man es sich als Schwurgericht wünschen würde", weil der für die Spurensicherung zuständige Kriminaldauerdienst laut Schuster am Tatabend mit anderen Fällen ausgelastet war.
Der Staatsanwalt ging davon aus, dass die Angeklagten ihrem Opfer eine Abreibung verpassen wollten und beantragte Freiheitsstrafen von dreieinhalb Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung. "Auch diese Version liegt nahe, lässt sich aber nicht beweisen", sagte Schuster: "Am Ende nichts außer der Erkenntnis, dass diese Situation für alle Beteiligten maximal schlecht gelaufen ist."
Das gilt vor allem für den Geschädigten: Während die Angeklagten auf freiem Fuß bleiben, sitzt er seit einer guten Woche in Untersuchungshaft. Er wurde am ersten Verhandlungstag im Würzburger Strafjustizzentrum verhaftet, weil er einige Tage zuvor als Angeklagter unentschuldigt nicht zu einem Prozess wegen Drogenschmuggels am Amtsgericht Tirschenreuth erschienen war. Die Freisprüche sind noch nicht rechtskräftig.