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Braucht Unterfranken eine Polizeireform? Die wichtigsten Fakten
Ärger in Unterfranken über grüne Pläne für eine Reform der Polizei. Die Grünen wollen so rassistische Strukturen verhindern. Die Forderungen im regionalen Fakten-Check.
Zwei unterfränkische Polizisten bei einer Demonstration in Würzburg.
Foto: Silvia Gralla | Zwei unterfränkische Polizisten bei einer Demonstration in Würzburg.
Aaron Niemeyer
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:40 Uhr

Die Gewerkschaft der Polizei Unterfranken (GdP) ist sauer. Die Grünen im Bayerischen Landtag haben ein Maßnahmenpapier gegen rassistische Strukturen in der bayerischen Polizei vorgelegt. Wiederkehrende rassistische Vorfälle erschütterten das Vertrauen der Bürger in die Polizei, so der Vorwurf. Die GdP Unterfranken sieht eine "Unterstellung". Doch stützen Fakten der unterfränkischen Polizeiarbeit vielleicht sogar manche Forderung der Grünen? Die wichtigsten Forderungen im Fakten-Check.

Das sind die wichtigsten Forderungen der Grünen

  • Eine Studie soll rassistische Strukturen in der Polizei aufdecken.
  • Polizisten sollen Verdacht an unabhängige Stelle melden.
  • Bessere Betreuungsangebote nach belastenden Erfahrungen.
  • Häufigere Fortbildungen sollen Demokratieverständnis stärken.
  • Regelmäßige Rotation innerhalb der Polizeiteams soll antidemokratische Dynamiken verhindern.

Was könnte eine Rassismusstudie bringen?

Ein aktueller Verfassungsschutzbericht meldet 31 rechtsextremistische Verdachtsfälle in bayerischen Sicherheitsbehörden. Laut dem Bericht "entsteht hieraus eine erhebliche Gefahr für den Staat und die Gesellschaft". Dem Bayerischen Innenministerium zufolge bezieht sich keiner der aufgeführten Fälle auf den Bereich des Polizeipräsidiums Unterfranken (PPU). Laut dessen Sprecherin Kathrin Thamm  wird in Unterfranken derzeit allerdings in sechs Fällen gegen mutmaßlich rechtsextreme Polizisten ermittelt.

Wie bei der Polizeigewerkschaft GdP Unterfranken heißt es im Bericht des Verfassungsschutzes, es sei unfair, Polizeibeamte pauschal als rechtsextrem zu verurteilen. Trotzdem sei es die Pflicht des Staates, "extremistischen Einflüssen transparent und nachhaltig entgegenzuwirken". Eine Studie könne genau für diese Transparenz sorgen, sagen die Landtagsgrünen. Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) lehnt eine solche Studie inzwischen nicht mehr pauschal ab.

Welche Hinweismöglichkeiten haben unterfränkische Polizisten?

Die Grünen befürchten, "dass Hinweise aus Furcht vor negativen Konsequenzen innerhalb der eigenen Dienststelle nicht weitergegeben werden". Deshalb brauche es eine unabhängige Hinweisstelle. Die GdP hingegen sagt: "Unser Rechtssystem funktioniert."

Dem Innenministerium zufolge können bayerische Polizisten rechtsextreme Verstöße von Kollegen bei ihrem direkten Vorgesetzten, beim Dienststellenleiter, beim Polizeipräsidium sowie beim Dezernat "Interne Ermittlungen" des Landeskriminalamts melden. 2019 und 2020 seien rund 80 Prozent der Hinweise auf Rechtsextremismus in der unterfränkischen Polizei von Polizeibeamten selbst gekommen, sagt Sprecherin Kathrin Thamm. "Weil sie richtigerweise der Überzeugung sind, dass Rechtsextremismus in den eigenen Reihen nicht geduldet werden kann."

Hat die unterfränkische Polizei ausreichend Betreuungsmöglichkeiten?

Polizeiarbeit kann belastend sein, da sind sich alle Beteiligten einig. "Diese Belastungen können dazu führen, dass die Beschäftigten die eigentlichen Ziele ihrer Arbeit aus dem Auge verlieren", befürchten die Grünen. Mindestens vierteljährlich müsse es deswegen Betreuungsangebote geben.

"Die gemeinsame Verarbeitung des Erlebten mit Dienstvorgesetzen ist in Unterfranken etabliert", heißt es beim Polizeipräsidium Unterfranken. Man beschäftige eigens dafür zwei Sozialpädagogen, dazu gebe es zwei Polizeiseelsorger mit Sitz bei der Bereitschaftspolizei in Würzburg. "Insbesondere nach anstrengenden oder traumatisch verlaufenden Einsätzen sind sie kompetenter und vertrauenswürdiger Ansprechpartner", so Thamm.

Welche demokratiefördernen Fortbildungen gibt es in Unterfranken?

Abseits der Ausbildung gebe es keine wiederkehrenden demokratischen Fortbildungsmaßnahmen für Polizeibeamte, so die Kritik der Grünen. Polizeisprecherin Thamm hingegen stellt klar: "Auch nach der Ausbildung haben Beamtinnen und Beamte die Möglichkeit, sich in dem genannten Themenfeld weiterzubilden." Zentral sei etwa das Thema "Interkulturelle Kompetenz", für das in Unterfranken eigens vier "Multiplikatoren" ausgebildet worden seien. Zudem würden in Zusammenarbeit mit der Universität Würzburg folgende Seminare angeboten: "Die Polizei und die Diskussion über (rassistische) Diskriminierung", "Die Polizeiausbildung in einer postmigrantischen Gesellschaft",  "Professionelle und faire Personenkontrollen" sowie "Rassismus in der Polizei".

Gibt es in Unterfrankens Polizei so etwas wie ein Rotationsprinzip?

Ein intimes Vertrauensverhältnis innerhalb Polizeiteams sei zwar wichtig, räumen die Grünen in ihrem Forderungspapier ein. Dies dürfe aber nicht zu einem demokratiefeindlichen Korpsgeist führen. Dem könne mit einer regelmäßigen Rotation alle fünf bis acht Jahre entgegengewirkt werden.

Ein solches Rotationsprinzip gebe es in Unterfranken derzeit nicht, so Polizeisprecherin Thamm. Dies sei auch nicht immer sinnvoll, weil damit wertvolle Erfahrung und Wissen verloren gingen. Es gebe jedoch ohnehin eine hohe Personalfluktuation. "Hier sei beispielsweise eine Versetzung oder ein Aufgabenwechsel auf eigenen Wunsch der Beschäftigten genannt, wie von der Schutzpolizei zur Verkehrspolizei oder auch zur Kriminalpolizei".

 
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Kommentare
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  • Wuemax
    Braucht Unterfranken eine Zeitung die neutral berichtet und nicht ständig grüne Parteizeitung spielt?

    Ich finde ja. Schade dass die Mainpost das nicht kann.
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  • Auf eigenen Wunsch entfernt.
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  • lapporten
    Das Problem ist das Problem der Grünen mit der Polizei.
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  • kleinhenz_philipp@web.de
    Ich finde es richtig, dass bei dieser Berufsgruppe genauer hingeschaut wird. In keinem anderen Beruf hat man derart viel Macht und Repressionsmöglichkeiten gegen jeden beliebigen Bürger.
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  • uwe.luz@t-online.de
    Die in der Tradition von "Joschkas Putztruppe" stehende Partei stellt ideologiegesteuert einen ganzen Berufsstand unter Generalverdacht. Die Männer und Frauen, die jeden Tag den Kopf für uns hinhalten, werden pauschal madig gemacht. Da fällt mir nur ein, Heinrich Spoerl zu zitieren: "Bah, wat habt Ihr für'ene fiese Charakter."
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  • Aaron Niemeyer
    Hallo vob, das Scheinargument des "Generalverdachts" ist inzwischen doch sehr strapaziert. Die Grünen schreiben in Ihrem Maßnahmenpapier einleitend: "Die weit überwiegende Mehrheit der Beschäftigten in Polizei und Verfassungsschutz vertreten demokratische Werte und stehen hinter unserer Verfassung. Die Beschäftigen sorgen tagtäglich für unsere Freiheit und Sicherheit."

    Im Sinne des Seelenfriedens empfehle ich meinen einordnenden Kommentar zum Thema, in dem ich auf mehr Sachlichkeit in der Debatte plädiere:

    https://www.mainpost.de/regional/franken/kommentar-rassismus-debatte-der-polizei-muss-sachlicher-werden-art-10529256

    Beste Grüße,
    Aaron Niemeyer (Redaktion)
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  • al-holler@t-online.de
    Aber auch erst nach dem ersten shitstorm!!!
    Ansonsten: S. O. - Unabhängigkeit wäre m. E. angebracht, nicht verteidigende Parteinahme!
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  • Albatros
    Sehr geehrter Herr Niemeyer, dabei wollen wir aber nicht das Positionspapier der GRÜNEN Jugend vergessen, welche unter anderem wie folgt schreibt: "Dass das reale Handeln der Polizei oft wenig mit rechtsstaatlichen Idealen gemein hat, mussten beispielsweise Linke oder People of Color über viele Jahrzehnte schmerzhaft am eigenen Körper erfahren. Doch mit jedem neuen Skandal wächst das öffentliche Bewusstsein über die grundlegenden Missstände, immer breitere Teile der Gesellschaft machen klar: Eine grundlegende Neuausrichtung von Polizeiarbeit ist unausweichlich". Super, hier werden sogar noch LINKS-Terroristen als Opfer dargestellt. Herr Habeck, Parteivorsitzender der GRÜNEN, erschreckend substanzlos, aber dennoch von den Medien groteskerweise andauernd hochgejubelt, hat das Lebensgefühl der Grünen für sich sehr treffend auf den Punkt gebracht in dem er sagte: “Mit Deutschland wusste ich nichts anzufangen und weiß es bis heute nicht.” Mehr muss man dazu nicht mehr sagen.
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  • uwe.luz@t-online.de
    "Die weit überwiegende Mehrheit..." Können wir uns darauf verständigen, dass 70 oder 80 % eine „weit überwiegende Mehrheit“ darstellen? Wenn ja, würde die Behauptung der Grünen im Umkehrschluss bedeuten, dass 20 oder 30 % der Polizeibeamt/innen Rassisten wären. Eine solche Behauptung wäre wiederum schlichtweg haltlos. Und genau darum geht es: Behauptungen ins Blaue hinein. Nach der Faktenlage gibt es überhaupt keinen konkreten Anlass für irgendwelche Studien. Oder hatte die Mainpost in den letzten Jahren einen einzigen Grund, über rassistisches Verhalten von Polizeibeamten in Unterfranken zu berichten?

    Früher hat man noch mehr von Regeln gehalten. So darf die Staatsanwaltschaft beispielsweise erst ermitteln, wenn es einen Anfangsverdacht gibt. Eine bloße Behauptung oder Mutmaßung reicht hierfür nicht aus. An solchen Regeln orientiert man sich, wenn man sich auf Fakten stützt und nicht auf Ideologie.

    Nennen Sie mir ein paar konkrete, belegte Vorfälle. Dann stimme ich Ihnen zu.
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  • al-holler@t-online.de
    Da soll wohl in der so.. unabhängigen MP wieder mal ein grünes Propaganda-Monster gehyped werden?
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  • Albatros
    Grüne und LINKE versuchen seit Monaten bundesweit Polizeibeamte unter Generalverdacht bezüglich Rassismus darzustellen. Das ist als würde sich Metzgermeister Müller für den Vorsitz beim Verband deutscher Veganer bewerben. Ausgerechnet LINKE, die seit Jahrzehnten wie Vandalen durch deutsche Städte ziehen, Brandbomben werfen, und für zigfach schwer verletzte Polizeibeamte zuständig sind. Über die grüne Vergangenheit möchte ich gar nicht sprechen, von den früheren Pflastersteinwerfern sitzen heute nicht wenige in politischen Ämtern. Es spricht nichts gegen eine unabhängige Kommission, welche rechte Umtriebe in Kreisen der Polizei untersucht. Aber diese sollte bitte nicht aus Grünen und LINKEN bestehen, die Sau fragt auch nicht den Metzger, ob er sie ins Schlachthaus begleitet.
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  • al-holler@t-online.de
    .... und die sog. Co-Versitzende der SPD nicht vergessen
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  • simonhard
    Zu dem Thema könnte ich viel schreiben.
    Deshalb nur soviel: Die Polizei ist ein Spiegel unserer Gesellschaft und ja, es gibt vermutlich auch Polizisten mit rassistischer Gesinnung. Aber ich vertraue darauf, dass innerhalb der Polizei viel getan wird um diese Missstände aufzuklären und wenn nötig auch zu disziplinieren.
    Deshalb ihr Grünen; Hände weg von unserer Polizei!!!
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  • juergenmagic@t-online.de
    Es ist wichtig, dass in der Debatte sachlich argumentiert wird. Logisch können rechtextremistische Tendenzen in der Polizei nicht geduldet werden. Aber man darf das nicht verallgemeinern, dass es so rüberkommt, als sei die ganze Polizei "infiziert" ist. Das wäre das Gleiche, wenn man sagt: "Alle Jugendlichen sind nur Feierbiester". Ich denke, dass die Polizei geeignete Maßnahmen hat, um die schwarzen Schafe in ihren Reihen zu isolieren.
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