
Beste Freunde fürs Leben – das sind Peter Schnitter und Rainer Schenk in jedem Fall. Was für den ein oder anderen vielleicht kitschig klingen mag, ist für die beiden 87-jährigen Teil ihres Lebens. "Da haben sich zwei Menschen getroffen, bei denen die Chemie zu 100 Prozent stimmt", beschreibt Katja Schenk die Freundschaft zwischen ihrem Vater Rainer Schenk und seinem besten Freund Peter Schnitter.
Vor ziemlich genau 84 Jahren trafen die beiden Würzburger im Kindergarten zum ersten Mal aufeinander. Schicksal könnte man meinen, denn wenige Wochen später verließ Rainer Schenk den Kindergarten. "Die Einrichtung war sehr streng und militärisch geführt, das war nichts für mich", sagt er, während er mit Peter Schnitter am Tisch in seiner Würzburger Wohnung alte Bilder durchgeht und in Erinnerungen schwelgt.
Schicksal führt die beiden Jungen aus Würzburg wieder enger zusammen
Und obwohl die beiden im Jahr 1939 nur wenige Wochen Zeit hatten, um sich kennenzulernen, brach der Kontakt zwischen den beiden auch danach nie ab. Auf Geburtstagen trafen sie immer wieder aufeinander, bis das Schicksal sie 1946 wieder näher zusammenführte. Beide Jungs sollten das heutige Siebold-Gymnasium besuchen und in dieselbe Klasse gehen.

Rainer Schenks Vater, damaliger Leiter des heutigen Röntgen-Gymnasiums, bereitete die beiden Schüler auf den Einstieg in die Oberstufe vor. "Du bist immer mit deinem Tretroller nachmittags vorbeigekommen. Das war fantastisch", erinnert sich Schenk. "Ich bin dann immer mit deinem Roller durch die Straßen gefahren." Kindheitserinnerungen, die in 84 Jahren nicht verblasst sind und an die sich die beiden heute noch lebhaft erinnern. Doch das Rollerfahren allein war es nicht, was die beiden für den Rest ihres Lebens zusammengeschweißt hat.
Eine wilde Schulzeit und die Verbannung aus den Proberäumen
"Das Geheimnis einer langen Freundschaft ist, dass man sich gut versteht und eine gemeinsame Leidenschaft teilt –bei uns ist es die Musik", sagt Schenk. Mit 14 Jahren gründeten die Würzburger ihre erste gemeinsame Schulband. Schenk, der zu dieser Zeit bereits Gastschüler am damaligen Staatskuratorium für Musik war, hatte sein musikalisches Talent bereits bewiesen. Schnitter stand damals noch am Anfang seiner Musikkarriere.
Um in den Schulräumen proben zu können, erzählten sie dem Schulleiter, sie würden Volkslieder spielen. "In Wirklichkeit haben wir dann Stücke von Glenn Miller gespielt", sagt Schnitter und schmunzelt. "Bis uns der Schulleiter erwischt, in sein Büro bestellt und aus den Proberäumen geschmissen hat", ergänzt Schenk, während er grinsend Blicke mit Schnitter austauscht. Für einen kurzen Moment sind die beiden Rentner wieder die frechen Jugendlichen von früher.
Aufhalten lassen haben sich die Würzburger von dem Ereignis jedoch nicht und einfach im Haus von Schenk weiter geprobt. Die ersten richtigen Auftritte mit ihrer eigenen Band hatten sie dann mit 16 Jahren bei verschiedenen Würzburger Veranstaltungen. "Wir haben aber nicht nur gemeinsam Musik gemacht, sondern auch so viel Zeit miteinander verbracht", sagt der 87-Jährige und streckt Schenk ein Bild von den beiden vor Schnitters erstem eigenen Auto entgegen.
Plötzlich stand Peter Schnitter in Dänemark vor der Tür
Auf die Schulzeit folgte die Studienzeit. Schenk zog nach seinem Medizinstudium nach Berlin, während Schnitter sein Jurastudium in Würzburg abschloss, mit Zwischenstopps in Heidelberg und Göttingen.
Peter Schnitter wurde 1970 Richter am Würzburger Amtsgericht, kaufte ein Grundstück in der Region und gründete, gemeinsam mit seiner Frau, seine Familie mit einem Sohn und einer Tochter. Rainer Schenk hingegen zog nach einer Scheidung von Berlin nach Nürnberg. Dort lebte er mit seinen beiden Töchtern, eröffnete eine Arztpraxis und lernte seine heutige Lebensgefährtin kennen.
Und obwohl die beiden mittlerweile ihr eigenes Leben aufgebaut hatten, fanden sie immer auch Zeit für einander. "Wir waren oft bei Peter auf dem Grundstück, wenn mein Vater ihn besuchte", erinnert sich Katja Schenk. Der beste Freund ihres Vaters war sie immer ein fester Teil ihres Lebens. "Ich bin mit Peter aufgewachsen. Mein Vater hat immer viel von ihm erzählt und mich zu Besuchen mitgenommen." Dass die Freundschaft zwischen den beiden etwas Besonderes ist, war ihr immer klar.
Sinnbildlich für die tiefe Verbundenheit zwischen den beiden Männern ist für Katja Schenk vor allem eine Erinnerung aus ihrer Kindheit. "Wir waren damals im Familienurlaub in Dänemark und mitten in der Nacht hat es plötzlich laut an die Tür geklopft." Draußen stand Schnitter, der spontan beschlossen hatte, seinen besten Freund im Urlaub zu besuchen und sich auf den Weg von Würzburg nach Dänemark gemacht hatte.
Tiefes Vertrauen und gegenseitige Akzeptanz als Schlüssel für lange Freundschaft
"Uns war gar nicht so bewusst, dass unsere 84-jährige Freundschaft so etwas Außergewöhnliches ist", sagt Schenk. Und dennoch wissen die beiden das besondere Band zwischen sich zu schätzen. "Wir stehen uns immer mit Rat und Tat zur Seite und wissen viel übereinander, was andere nicht von uns wissen."
So war Schnitter beispielsweise nicht nur als Freund, sondern auch mit juristischem Rat zur Stelle, als Schenk sich von seiner Exfrau scheiden ließ und seine beiden Kinder zu ihm zogen. Andersherum holt sich Schnitter bis heute immer wieder gern medizinischen Rat von seinem Freund. "Wir schätzen und vertrauen einander sehr, fachlich wie auch zwischenmenschlich."
Doch bei so viel Einigkeit gibt es dann doch auch eine Sache, bei der die beiden Würzburger selten einer Meinung sind. "In Sachen Politik klappt es nicht ganz so gut", sagt Schenk. Streiten tun sich die beiden 87-Jährigen deshalb aber nicht. "Wir tauschen uns aus und akzeptieren die Ansichten des anderen."
Als Rentner haben die beiden dafür mehr Zeit. Seit Schenk sich 2002 zur Ruhe gesetzt hat, besucht er seinen besten Freund regelmäßig alle zwei Wochen in Würzburg. Dann schwelgen die beiden in gemeinsamen Erinnerungen, tauschen Ratschläge aus oder genießen gemeinsam die Stille.