Mal eben beim Hausarzt vorbeigehen, nach einem Termin fragen oder mit einem Problem in die Akutsprechstunde gehen: seit Corona geht das nicht mehr. "Seit Februar hat sich vieles bei uns grundlegend verändert", sagen Dr. Jürgen Schott, Dr. Astrid Schott und Dr. Klaus-Ulrich Schmier vom HausartzZentrum mit Praxen in Grafenrheinfeld, Bergrheinfeld, Röthlein und Schwebheim. Das Team geht neue Wege, mit Videosprechstunden zum Bespiel. Das Team hat auch kreative Lösungen gefunden. Wo keine Stühle stehen, kann sich schon mal niemand hinsetzen.
Was hat sich für die Patienten geändert? Vor der Corona-Zeit hatten wir offene Praxen, sagt Dr. Schott. Jeder Patient konnte jederzeit die entsprechende Sprechstunde in jeder der vier Praxen besuchen. Jetzt muss sich der Patient telefonisch anmelden. Am Telefon wird er gefragt, welche Symptome er hat. Könnte das auf Corona hinweisen, kommt er auf keinen Fall in die Praxis. Die Praxis bringt eine Testung auf den Weg.
Maximal einen Familienangehörigen mitbringen
Wer unten am Eingang klingelt, teilt den Grund seines Besuchs mit. Oben, an der Praxistüre, muss er noch mal klingeln. "Patienten können maximal einen Familienangehörigen mitbringen", so Jürgen Schott. Am Empfang wird auch klar, was wichtig ist: Abstand halten. Gelb-schwarze Markierungen helfen dabei, einander nicht zu nahe zu kommen. Eine Trennwand schirmt das Empfangsteam ab.
Maximale Sicherheit, für alle, für Patienten, das Team, die jeweiligen Angehörigen steht ganz oben, sagen die Schotts und ihr Kollege Dr. Klaus-Ulrich Schmier. Patienten mit Atemwegssymptomen sollen nicht in die Praxis kommen, ohne dass vorher Covid-19 ausgeschlossen wurde. So könne man eine normale Versorgung aller anderen Patienten gewährleisten. Deswegen wechseln die Teams auch nicht mehr in den einzelnen Praxen."Das Personal der vier Praxen ist strikt getrennt."
Psychosomatische Beschwerden bei älteren Patienten nicht ungewöhnlich
Dem Team am Empfang kommt da eine wichtige Rolle zu. "Sie sind die Firewall", sagt Dr. Klaus-Ulrich Schmier. Die Mitarbeiterinnen sind auch mit Angst, mit Unsicherheit konfroniert. "Angst ist ein vor allem bei Älteren großes Thema", hat Dr. Astrid Schott beobachtet. Mit Veränderungen umzugehen, falle ihnen oft schwerer. "Der Alltag ist anders." Das könne zu psychosomatischen Beschwerden führen. Zittern, Durchfall, zum Beispiel. "Früher sind wir zusammengerückt, wenn wir Angst hatten. Jetzt gehen wir auf Abstand", zitiert Schmier einen älteren Patienten. Zum Stichwort Angst sagt Jürgen Schott: "Ich habe mehr Angst vor Verantwortungslosen als vor dem Virus ." Vor Menschen also, die sich nicht an die Abstandsregeln halten, ohne Gesichtsschutz unterwegs sind.
Angst vor einem Arztbesuch: Das braucht jetzt niemand zu haben, meinen die drei Ärzte. "Die Ansteckungsgefahr bei uns ist wahrscheinlich geringer als im Supermarkt", meint Astrid Schott. "Unsere Praxis ist coronafrei. Hier kommt niemand rein, bei dem auch nur der Verdacht auf eine Infizierung besteht." Termine für die Behandlung akuter Infektionserkrankungen werden nur nach telefonischer Rücksprache oder Videosprechstunde vergeben – am Ende der jeweiligen Sprechstunde.
Abstand halten: Das ist auch das Motto im Sprechzimmer. Arzt und Patient sitzen auf Distanz, zwischen ihnen eine durchsichtige Trennwand. Klar gibt es Untersuchungen, wo der Patient berührt werden muss, sagt Astrid Schott. Nur will man den höchstmöglichen Schutz, wenn geredet wird.
Keine längerfristigen Termine
Was sich auch geändert hat: Termine werden nur noch im Zeitraum von ein bis zwei Wochen im voraus vergeben. "Wir fahren auf Sicht", sagt Jürgen Schott. So könne man flexibel auf Änderungen der Regelungen reagieren.
Fazit der Ärzte: "Es läuft gut." Astrid Schott macht sich ein bisschen Sorgen, wenn sie an die Erkältungs-und Grippezeit im Winter denkt, die dann zusätzlich zum Coronavirus kommt. "Da sind wir nochmal ganz gefordert." Nach Weihnachten und Fasching wird es spannend, glaubt sie.
Gefordert hat die Corona-Situation das Team auf vielfältige Weise. Dabei war Einfallsreichtum involviert. Zum Beispiel gibt's für Veterinäre lange Schutzhandschuhe, die bis zur Schulter reichen. Die trägt jetzt der Kollege, der in Schutzkleidung die Abstriche macht, zum Beispiel im Altenheim. Und die Plastikschutzmäntel waren vor Corona als Regenschutz bei Festivals beliebt. Und falls eine mobile Testeinheit gebraucht werden würde: Die Praxis hat eine Coronabox entworfen und bauen lassen. Kann man sich wie eine Telefonzelle mit Eingriffs-Löchern vorstellen. Wer testet, ist geschützt und müsste nur die Handschuhe wechseln.