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Würzburg
Bayerischer Rundfunk: Wie hält es die neue Intendantin mit Franken?
Katja Wildermuth steht seit Februar an der Spitze des BR. Wie geht die Intendantin mit Begehrlichkeiten aus Franken um? Und wie mit der Debatte um Öffentlich-Rechtliche?
Katja Wildermuth ist seit 1. Februar Intendantin des Bayerischen Rundfunks.
Foto: BR/Markus Konvalin | Katja Wildermuth ist seit 1. Februar Intendantin des Bayerischen Rundfunks.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:43 Uhr

Es hätte ein Redaktionsbesuch zum Kennenlernen werden sollen, wegen Corona wurde es eine "Videoschalte": Katja Wildermuth, seit 1. Februar Intendantin des Bayerischen Rundfunks (BR), gab dieses Interview via Bildschirm. Geboren 1965 in Berlin und aufgewachsen in Anzing bei München, studierte Wildermuth Deutsch, Geschichte und Sozialkunde für Lehramt am Gymnasium, bevor sie in den Journalismus wechselte. Zuletzt war sie Programmdirektorin des MDR in Halle.

Es scheint, als hätten die Franken im Erbgut das Gefühl, von Bayern benachteiligt zu werden. Sind Sie damit schon konfrontiert worden?

Katja Wildermuth: Wir als Bayerischer Rundfunk haben den Anspruch, Bayern in seiner Gesamtheit abzubilden. Das heißt, es geht um alle Regionen, um verschiedene Lebensmodelle und durchaus auch um spezifische regionale Fragestellungen – und nicht nur um den Münchner Blick auf Bayern. Ich habe den Eindruck, dass sich da in den letzten Jahren sehr viel getan hat. Wir haben inzwischen 28 Studio-Standorte mit 54 Korrespondentinnen und Korrespondenten in ganz Bayern, demnächst 56 an 30 Standorten. Wir können innerhalb einer Stunde in fast ganz Bayern live auf Sendung gehen. Die Mitarbeitenden in den Studios sind stolze Regionalpatriotinnen und Regionalpatrioten und vertreten das gegenüber München sehr stark, das erlebe ich auch in den Konferenzen.

"Im Bereich Kabarett, Comedy haben wir sehr starke fränkische Protagonistinnen und Protagonisten."
Katja Wildermuth über regionale Kompetenz
Dennoch scheint sich dieses Gefühl irgendwie zu halten.

Wildermuth: Das ist mir bewusst, und das nehme ich ernst. Immer wieder wird noch eine gewisse Unwucht beklagt, was die Wahrnehmung – nicht die Berichterstattung – einzelner Regionen anbelangt. In diesem Fall eben Franken. Vielleicht, weil es besonders starke Fürsprecher hat. Im Unterhaltungsbereich zum Beispiel wird die Frage der regionalen Musik immer wieder diskutiert. Tatsächlich gibt es da ein historisch gewachsenes Ungleichgewicht. Gerade im Volksmusikbereich waren die südbayerischen Traditionen schon sehr früh sehr stark aufgestellt und wurden gezielt gefördert. Wir sind aber schrittweise dabei, diese Unwucht zu beheben.

Es werden immer wieder die Drehorte für fiktionale Formate genannt.

Wildermuth: Dass wir 2015 den Tatort Franken neu geschaffen haben, war eine bewusste und sehr richtige Entscheidung. Grundsätzlich gibt es bundesweit aber nur eine Handvoll wirklich starker Filmstandorte, in denen sich über Jahrzehnte eine große Produktions- und Kreativlandschaft angesiedelt hat und wo die Drehbedingungen optimal sind. Einer davon ist eben München.
Wir gehen mit unseren Film- und auch Unterhaltungsproduktionen aber immer wieder ganz bewusst in alle Teile Bayerns, etwa mit Formaten wie "Landfrauenküche" und "Bayern erleben – Das Magazin", wo Franken einen großen Teil hat. Worauf wir außerdem besonders stolz sind, das wird Sie nicht überraschen: Im Bereich Kabarett und Comedy haben wir sehr starke fränkische Protagonistinnen und Protagonisten, so wie ja auch die "Fastnacht in Franken" sehr erfolgreich ist.

"Unsere Bedeutung für das Gemeinwohl können und müssen wir immer wieder herausstellen."
Katja Wildermuth zur Diskussion um die Öffentlich-Rechtlichen
Im Dezember schrieb ich unseren "Samstagsbrief" an Ihren Vorgänger Ulrich Wilhelm. Ich unterstütze die Erhöhung der Rundfunkgebühren. Aber die Öffentlich-Rechtlichen sollten offensiver erklären, warum es sie braucht. In meinem Viertel findet an Bushaltestellen ein Plakatkampf zwischen Bayern3 und Antenne Bayern statt. Warum werben Sie nicht stärker für Formate wie "radioWissen" oder "Eins zu Eins. Der Talk"?

Wildermuth: Erstmal freue ich mich sehr, dass Sie sich als Unterstützer des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks bekannt haben. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass in diesen Zeiten Qualitätsjournalismus wichtiger ist denn je. Verlässlicher, ökonomisch unabhängiger, nicht von Erregungswellen getriebener, nicht durch Algorithmen definierter, sondern inhaltlich starker, sauber recherchierter Journalismus. Unabhängige Umfragen bestätigen, dass uns die Leute sehr vertrauen, wenn es um für sie Wichtiges geht. Unsere Bedeutung für das Gemeinwohl – Public Value, wie man heute sagt – und unseren Beitrag zur demokratischen Meinungsbildung können und müssen wir immer wieder herausstellen, gerne auch noch stärker. Die von Ihnen angesprochenen Formate werden übrigens durchaus wahrgenommen, da zeigt sich vor allem bei den Abrufen im Netz ein deutliches Bild: "radioWissen" ist zum Beispiel unser mit Abstand gefragtester Podcast. Alle BR-Podcasts zusammen hatten im letzten Jahr 131 Millionen Abrufe, davon alleine "radioWissen" 47 Millionen.

Also kommt es auf den Ausspielweg gar nicht mehr an?

Wildermuth: Ich glaube, dass sich die Diskussion wegentwickeln wird von der Frage "Was macht ihr im Radio oder im Fernsehen?" hin zu "Für welche Inhalte steht ihr?" Und dazu gehören neben der regionalen Berichterstattung der Bereich Bildung – zum Beispiel alles, was wir unter "Schule daheim" gebündelt fürs Homeschooling anbieten, die Kultur, aber auch gut gemachte Unterhaltung und Sportberichterstattung. Wir können das sicherlich immer noch stärker bewerben, sind aber jetzt schon recht aktiv – nur vielleicht nicht an Ihrer Bushaltestelle. Vor zwei Wochen habe ich die Zeitung aufgeschlagen und eine große Anzeige zu einem Angebot gesehen, das geradezu exemplarisch für den gesellschaftlichen Mehrwert steht, den wir bieten: "Saal 101", ein Dokumentarhörspiel, das den mehrjährigen NSU-Prozess auf zweimal sechs Stunden kondensiert. Ein Hörspiel, das der BR federführend für die ARD umgesetzt hat und das, davon bin ich überzeugt, jetzt schon Radiogeschichte geschrieben hat.

 
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