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Würzburg
Samstagsbrief: Herr Wilhelm, die ARD könnte ruhig frecher sein!
In seinem Brief an den BR-Intendanten Ulrich Wilhelm fordert unser Autor: Die Öffentlich-Rechtlichen müssen besser erklären, warum sie so wichtig für die Demokratie sind.
BR-Intendant Ulrich Wilhelm, hier als Gast auf dem Podium des Neujahrsempfangs der Mediengruppe Main-Post 2015.
Foto: Daniel Peter | BR-Intendant Ulrich Wilhelm, hier als Gast auf dem Podium des Neujahrsempfangs der Mediengruppe Main-Post 2015.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:39 Uhr

Sehr geehrter Herr Wilhelm, ich schreibe Ihnen als Intendanten des Bayerischen Rundfunks und ehemaligem ARD-Vorsitzenden in Sachen Rundfunkbeitrag. Der soll bekanntlich erhöht werden, um 86 Cent, also von 17,50 auf 18,36 Euro pro Monat. Ich sage es gleich: Ich bin dafür. Weil ich den öffentlich-rechtlichen Rundfunk für eine der wichtigsten Säulen unserer Demokratie halte. Aber ganz ehrlich: Es würde mir schon reichen, dass die AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt dagegen ist, um meine zusätzlichen 86 Cent mit Freuden beizusteuern.

Wenn man betrachtet, wie in anderen Ländern die Medien in die Klauen irgendwelcher Oligarchen gefallen sind, wie manche Regierungen Fake-News-Kanäle zu Desinformations- und Propaganda-Zwecken betreiben, und wenn man schließlich sieht, was manche Privatsender hierzulande so verzapfen (nicht zu reden vom völlig chaotischen Dschungel Internet), dann kann man nur dankbar sein für die ARD-Anstalten, ZDF, arte und Deutschlandradio.

Diskussion um Intendanten-Gehälter ist wenig hilfreich

Ich weiß, ich weiß, mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (kurz: ÖRR) ist es wie mit Corona oder Fußball: Es gibt 80 Millionen Virologen, 80 Millionen Bundestrainer und eben auch 80 Millionen ARD-Intendanten. Ich will hier auch gar nicht darüber diskutieren, ob es im Sinne der Demokratie-Förderung wirklich so viel Sport braucht oder "Traumschiff" oder "In aller Freundschaft".

Trotzdem muss ich jetzt mal reinquatschen. Weil ich die Beitragserhöhung trotz aller Zustimmung ordentlich erklärt bekommen will. Die Aussage "Sonst fehlen uns 400 Millionen Euro" reicht mir nicht. Wenig hilfreich ist außerdem die Diskussion um die Intendanten-Gehälter. Laut dem Statistik-Online-Portal Statista haben Sie, Herr Wilhelm, als BR-Intendant im Jahr 2019 388 000 Euro verdient und belegen damit hinter Tom Buhrow vom WDR (395 000 Euro) Platz 2. Zum Vergleich: Die Bundeskanzlerin würde es mit 351 552 Euro (laut Handelsblatt) gerade mal auf Platz 4 schaffen.

Mehr Bildung und weniger Unterhaltungsmainstream

Und: Ich will, dass sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk stärker auf seine Kernaufgaben besinnt. Aus meiner Sicht wäre das – und da muss ich jetzt doch am Programm rummeckern: weniger Unterhaltungsmainstream ("Mainstream" meine ich ausdrücklich nicht im Sinne der Diffamierungen von rechts außen), mehr Substanz. Ich gehe sogar noch weiter: mehr Bildung!

Ich weiß, dass es überall im ÖRR jede Menge Substanz gibt. Aber ich finde, Sie, also der BR und die anderen Anstalten, tun zu wenig, um klarzumachen, warum es Sie wirklich braucht. Dabei hätten Sie gute Argumente. Und gute Produkte. Stattdessen: Werbung für das Offensichtliche. Ein kleines Beispiel: An Bushaltestellen rühmt der BR per Plakat sein Radioprogramm Bayern 1 als das meistgehörte in Bayern. Ja, und? Warum braucht Bayern 1 dann noch PR? Warum keine Werbung für "Radiowissen", "Eins zu Eins. Der Talk", "Zündfunk" oder "radioMikro"? Alles Programme, die ich mit Gewinn und Genuss höre.

Gute-Laune-Chart-Hits-Programme gibt es mehr als genug

Chart-Hits-Programme, moderiert mit enervierend guter Laune, gibt es meiner Meinung nach mehr als genug. Man muss nur mal Deutschland von Süden nach Norden durchfahren und dabei im Autoradio die Popsender der Öffentlich-Rechtlichen laufen lassen. Hört sich alles gleich an. Das muss wohl so sein, will man gegen die private Konkurrenz bestehen.

Aber genau darum sollte es eigentlich nicht gehen. Sollen die Privaten doch machen, was sie wollen. Beziehungsweise das, was eben Quote und Werbeeinnahmen bringt. Ich verstehe schon, dass sich die Öffentlich-Rechtlichen auch über die Quote definieren. Wem nützt das tollste, wertvollste Programm, wenn es keiner schaut?

ÖRR als Bollwerk gegen Hass und Dummheit

'Der ÖRR muss sich noch mehr stellen, noch mehr erklären und noch transparenter arbeiten', findet Dunja Hayali (hier bei einer Lesund im Würzburger Buchladen Hugendubel). Unser Autor stimmt ihr zu.
Foto: THOMAS OBERMEIER | "Der ÖRR muss sich noch mehr stellen, noch mehr erklären und noch transparenter arbeiten", findet Dunja Hayali (hier bei einer Lesund im Würzburger Buchladen Hugendubel). Unser Autor stimmt ihr zu.

Aber ein bisschen mehr Mut könnte nicht schaden. Oder, wie es Dunja Hayali, eine der Stars des ZDF, auf ihrer Facebook-Seite schreibt: "Ja, ich finde, der ÖRR muss sich noch mehr stellen, noch mehr erklären und noch transparenter arbeiten. Es braucht an der ein oder anderen Stelle sicher auch weitere Reformen, sinnvolle Sparbemühungen, schlanke Strukturen, Modernität des Angebots, gute Inhalte."

Dass die Umsetzung von all dem in den Sendeanstalten hochkomplexe Prozesse erfordert und zudem der Begriff "gute Inhalte" alles andere als selbsterklärend ist, ist mir schon klar. Aber gerade in Zeiten, in denen immer mehr Menschen jeden Unsinn glauben, könnte sich der ÖRR viel stolzer und frecher als das präsentieren, was er ja schon ist: ein Bollwerk gegen Hass, Gemeinheit, Desinformation und Dummheit. Aber wie gesagt: Meine 86 Cent zahle ich in jedem Fall gerne.

Mit freundlichen Grüßen,

Mathias Wiedemann, Redakteur

Einer bekommt Post: Der "Samstagsbrief"

Jedes Wochenende lesen Sie unseren "Samstagsbrief". Was das ist? Ein offener Brief, den ein Redakteur unserer Zeitung an eine reale Person schreibt – und tatsächlich auch verschickt. An eine Person des öffentlichen Lebens, die zuletzt Schlagzeilen machte. An jemanden, dem wir etwas zu sagen haben. An einen Menschen aus der Region, der bewegt hat und bewegt. Vielleicht auch mal an eine Institution oder an ein Unternehmen. Oder ausnahmsweise an eine fiktive Figur.
Persönlich, direkt und pointiert formuliert soll der "Samstagsbrief" sein. Mal emotional, mal scharfzüngig, mal mit deutlichen Worten, mal launig – und immer mit Freude an der Kontroverse. Der "Samstagsbrief" ist unsere Einladung zur Debatte und zum Austausch. Im Idealfall bekommen wir vom Adressaten Post zurück.
Die Antwort und den Gegenbrief, den Briefwechsel also, finden Sie dann auf jeden Fall bei allen "Samstagsbriefen" hier. Und vielleicht bietet die Antwort desjenigen, der den "Samstagsbrief" zugestellt bekommt, ja auch Anlass für weitere Berichterstattung – an jedem Tag der Woche.
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  • W. V.
    Falscher Adressat: so lange ist Ulrich Wilhelm nicht mehr Intendant.
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  • T. R.
    Herr Wiedemann, sie können gerne für die Erhöhung der "Rundfunksteuer"sein.
    Mich überzeugen Sie jedenfalls nicht, dass diese Erhöhung notwendig ist. Dringend Notwendig ist meiner Meinung nach eine Reform dieser "Versorgungsanstalten" mit angeschlossenen Sendern. Diese sollten sich endlich mal auf ihre Kernaufgaben beschränken, dann könnte der Beitrag auch auf max. 5€ pro Quartal sinken.
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  • Veraltete Benutzerkennung
    Sehr guter Kommentar. Auch ich bin froh, daß es den ÖR gibt. Auch die Erhöhung der Gebühren ist mehr als gerechtfertigt. Aber wir müssen trennen zwischen dem was der ÖR leisten soll und was er kosten soll.
    Über ersteres entscheiden die Ministerpräsidenten der Länder. Die haben wie Sie schreiben ihre Aufgaben nicht gemacht.
    Die KEF entscheidet über die Beitragshöhe, auf der Basis der Aufgaben die die ÖR haben. Auch ich bin dafür, daß der ÖR reformiert werden muß. Auch ich kann nicht verstehen, das wir zig Indentanden mit Gehälter beglücken, die höher sind als die der Bundeskanzlerin.
    Oder daß mit Rundfunkbeiträgen der immer korrupter werdende Bezahlfußball finanziert werden muß. und und und.
    Also Reform. Und dann unterhalten wir uns über die Rundfunkbeiträge.
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  • D. E.
    Eine Mehrheit ist für den ÖRR und hält diesen auch für sehr vertrauenswürdig.
    https://www1.wdr.de/unternehmen/der-wdr/unternehmen/studie-deutsche-medien-glaubwuerdig-106.html

    Und immer dran denken - besonders auch im Internet - , "Wenn du nichts bezahlst, bist du nicht der Kunde, sondern das Produkt".
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  • D. K.
    Die Aussage über kostenlose Produkte bezieht sich auf die Tätigkeit von Unternehmen.

    Menschen, die ein Hobby ausüben oder ein Ehrenamt bekleiden durch die Ausübung ihre Befriedigung, im übertragenen Sinn ihre „Bezahlung“.
    So ein Verhalten muss aber auch entsprechend geehrt werden.
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  • D. K.
    Welche Ausrede?

    The Apache Software Foundation ist eine nonprofit corporation.
    Die Tätigkeit der meisten Unternehmen ist aber auf Profit ausgerichtet.
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  • D. K.
    TANSTAAFL ist seit über 100 Jahren bekannt.
    Warum sollte eine Klarstellung „profitorientiert“ Nachtreten sein?

    Unternehmen sind nicht „böse“ weil sie profitorientiert arbeiten.

    Die Vorgehensweise bzw. Produkte können aber sehr wohl der Allgemeinheit schaden.
    Menschen bespitzeln um sie besser manipulieren zu können ist ein verabscheuungswürdiges Verhalten, Steuerhinterziehung oder –vermeidung sowie Zockerei an Finanzmärkten richten große Schäden an.
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  • D. K.
    Die Anbieter von „kostenlosen“ Informationen (oder anderen Dienstleistungen) verdienen ihr Geld mit dem Bespitzeln und der Manipulation von Nutzern.
    Das ist deren Geschäftsmodell.

    Steuerhinterziehung oder –vermeidung sowie Zockerei an Finanzmärkten sind Beispiele für „böse“.
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  • D. K.
    Die Arbeit in öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten ist eine Arbeit wie viele andere auch.
    Vielen Menschen macht ihre Arbeit Spaß, sie wollen sie gut machen um Stolz darauf zu sein.
    Das gilt auch für Mitarbeiter der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten.

    Außerdem gibt es einen Pressekodex, der von den öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten eingehalten wird.
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  • D. E.
    "Die 'Mehrheit' [warum in Anführungszeichen, haben Sie andere Hinweise?] darf doch gerne den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch weiterhin bezahlen. Von mir aus auch ein vielfaches [hat das jemand behauptet?] der heutigen Gebühren. Das will doch niemand verbieten."

    Mir gefallen andere Dinge nicht, für die ich mitbezahle, aber Rosinenpickerei gibt es in unserem Sozialstaat nicht.

    PS: Freeware oder gar Open-Source-Software sind eher die rühmliche Ausnahme als die Regel. Sie glauben vermutlich auch noch, daß Google, Facebook, privates Fernsehen, usw. nur unser Wohl im Sinn haben.
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  • W. V.
    Ich habe mich auch schon gewundert, warum man Cookies akzeptieren muss, obwohl man bezahlt.
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  • D. K.
    Die ÖR bieten längst Online Inhalte an die stetig verbessert werden.
    Damit wird auch wieder jüngeres Publikum erreicht.
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  • D. K.
    Alleinige Präsenz reicht nicht. Hier zählen Qualität und Glaubwürdigkeit.
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  • D. K.
    Glaubwürdigkeit ergibt sich daraus dass die Berichte keine falschen Angaben enthalten, und wenn doch Diese korrigiert werden.

    Leider vergessen Menschen viel zu schnell von wem sie belogen wurden. So werden z.B. FJS und die Birne inzwischen fast wie Heilige verehrt.

    Das Problem „Medienkompetenz“ wurde zwar schon vor langem erkannt, es wurde aber nichts unternommen. Politiker genauso wie die Wirtschaft wollen eben doch Menschen möglichst leicht manipulieren.

    Private Medien, die sich nur über Werbung finanzieren leben schließlich von der Manipulation.
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  • D. K.
    Es ist eben nicht umsonst.
    Werbung ist Manipulation, da sie Menschen dazu bringen irgendetwas zu machen, das sie sonst nicht oder anders gemacht hätten.

    Offene Lügen sind für Werbung und Medien problematisch, da sie beanstandet werden.
    Wer aber von Werbeeinnahmen abhängig ist wird Berichte, die den Interessen der Werbekunden widersprechen vermeiden. Somit ist eine einseitige Berichterstattung die logische Folge.

    Der Preis war noch nie ein Maßstab für die Qualität.

    Allein schon durch die Zustimmung zum Bau der Mauer und die danach gespielte Entrüstung hat JFK keinesfalls die ihm entgegengebrachte Verehrung verdient.
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  • D. K.
    Es gibt Freeware, die tatsächlich kostenlos und manchmal auch besser als kommerzielle Programme ist.

    Leider lassen sich kommerziellen Sachen nicht mehr umgehen, da sie eine Monopolstellung erreichen konnten. Wieder einmal haben Kartellbehörden und Gesetzgeber versagt.

    Datenschutz wird von einigen Politikern bekämpft, so dass von dieser Seite keine Verbesserung zu erwarten ist. So müssen diese Sachen eben entsprechend vorsichtig verwendet werden.

    Die einseitige Berichterstattung werbefinanzierter Medien ist sehr wohl ein Argument für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
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  • M. F.
    Volle Zustimmung, Herr Wiedemann!
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  • M. D.
    Das ist einer dieser spalterischen Kommentare aus der Wahrnehmungsblase von Journalisten, der verdeutlicht, warum die AfD so erfolgreich ist.

    Die ARD und die Öffentlichen als „Bollwerk gegen Hass, Gemeinheit, Desinformation und Dummheit“ zu bezeichnen ist nur die Kehrseite von dem, was die AfD macht. Und als „Star des ZDF“ würde sich Dunja Hayali nicht mal selbst bezeichnen.

    Bildung heißt auch: Fähigkeit zur Differenzierung, Hinterfragen der eigenen Gewissheiten; plumpe Spalterei und Entwertungen verbieten sich ab einem gewissen Anspruch insoweit von selbst.
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  • H. F.
    Das Posting verstößt gegen unsere Netiquette und wurde daher gesperrt.
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  • H. F.
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