
Seit rund einem Jahr ruhen die Arbeiten am geplanten Hotel am Flockenwerk und der dort vorgesehenen Veranstaltungshalle. Investor Joachim Beck hatte die Notbremse gezogen, nachdem die Umsiedlung des Chemiewerks SFM ins Stocken geraten war. Auch im Rathaus von Ochsenfurt herrschte seitdem Unsicherheit darüber, ob sich die städtebauliche Entwicklung des Quartiers "Weststadt" überhaupt wie geplant verwirklichen lässt. Diese Unsicherheit scheint nun gelöst, nachdem sich SFM Chemicals vertraglich verpflichtet hat, den Betrieb spätestens Ende September 2024 einzustellen.
Es ist eine lange Geschichte mit Höhen und Tiefen: 2018 musste Joachim Beck seine Pläne über den Haufen werfen, nachdem das Landesamt für Umwelt im Zuge des Baugenehmigungsverfahrens auf die sogenannte Seveso-III-Richtlinie der EU verwiesen hatte. Nach dieser Richtlinie handelt es sich bei SFM um einen "Störfallbetrieb", sodass im Umkreis von 200 Metern keine "schutzbedürftige Nutzung" – etwa ein Hotel – erlaubt sei. Das Chemiewerk, das im Kundenauftrag Pflanzenschutzmittel mischt, konfektioniert und abfüllt, genießt zwar Bestandsschutz, hat aber unter diesen Gegebenheiten ebenfalls keine Chance, sind zu entwickeln.
Der Stadt, die das Quartier entlang der Floßhafenstraße inzwischen zum Sanierungsgebiet im Rahmen der Städtebauförderung erklärt hatte, gelang es schließlich, mit der Geschäftsführung von SFM und der Abteilung Städtebauförderung an der Regierung von Unterfranken eine Lösung zu finden. Demnach stellt die Stadt SFM im Industriegebiet Wolfgang ein Grundstück zum Bau eines neuen Werks zur Verfügung und löst den bestehenden Standort mit einer Summe von 2,3 Millionen Euro ab, wovon der Städtebauförderung 60 Prozent zuschießt.
SFM nannte die Umsiedlung einen Meilenstein in der Unternehmesgeschichte
Im Dezember 2019 feierte SFM den geschlossenen Kauf- und Tauschvertrag in einer Pressemitteilung als "Meilenstein" für die weitere Unternehmensentwicklung und stellte einen Umzug an den Wolfgang im Jahr 2022 in Aussicht. In der Zwischenzeit wollte Joachim Beck sein Hotel errichten, um spätestens 2023 den Betrieb aufnehmen zu können. Dieser Zeitplan schien noch zu gelten, als im Herbst 2021 am Wolfgang die Bagger rollten und der Baugrund für den neuen SFM-Standort vorbereitet wurde. Doch seitdem ruht die Baustelle.

Wie im Umfeld des Unternehmens zu hören war, hätte der Anstieg der Baupreise zum Baustopp geführt. SFM Chemicals und die Hamburger Muttergesellschaft STEFES nahmen dazu nicht Stellung. Wiederholte Anfragen der Redaktion blieben unbeantwortet und auch Bürgermeister Peter Juks tat sich nach eigenem Bekunden schwer, eine verbindliche Auskunft über die weiteren Unternehmenspläne zu erhalten.
Im Mai 2022 wurden die Bauarbeiten am geplanten Hotel eingestellt
Im Mai 2022 zog Investor Joachim Beck die Notbremse und stellte die Arbeiten an seinem Hotelprojekt ein. "Wenn es monatelang nicht weitergeht, kriegst du irgendwann kalte Füße", so Beck rückblickend im Gespräch mit der Redaktion. Dieses Gefühl verstärkte sich, als im Herbst bekannt wurde, dass SFM eine bereits zugesagte EU-Förderung des Neubaus in Höhe von rund 940.000 Euro ausgeschlagen hat. Wie die Regierung von Unterfranken auf Anfrage der Redaktion bestätigte, wurde der Förderantrag zurückgezogen.

Im Gespräch mit der Redaktion machte Bürgermeister Peter Juks keinen Hehl aus seiner Verärgerung und drohte mit Konsequenzen, falls sich SFM von den Umzugsplänen zurückziehen sollte. Unter diesem Eindruck habe sich das Unternehmen im März bereiterklärt, die Floßhafenstraße verbindlich zu verlassen, sagt Juks. Vor wenigen Tagen sei nun in einer Ergänzung zum notariellen Kauf- und Tauschvertrag vereinbart worden, dass der Umgang mit Gefahrstoffen zum 30. September 2024 eingestellt und der Betrieb Ende 2024 endgültig geräumt wird. "Damit steht rechtsverbindlich fest, wann die Nutzung endet", so Juks.
Wie SFM Chemicals den Baustopp begründet
Inzwischen hat auch STEFES-Geschäftsführer Karsten Fischer Stellung genommen. "Wir wären gerne schon längst ins Industriegebiet Wolfgang umgezogen", sagt Fischer im Gespräch mit der Redaktion und nennt eine Reihe von Gründen, warum dies bisher nicht möglich gewesen sei. Zunächst habe die Corona-Pandemie die Planungen verzögert, dann sei es schwierig gewesen, überhaupt eine Baufirma zu finden.
Die steigenden Baupreise, der rasante Anstieg der Energiekosten und die Verunsicherung aufgrund des Ukraine-Kriegs hätten schließlich dazu geführt, die Neubaupläne zunächst auf Eis zu legen. Stattdessen wolle sich SFM ab Herbst 2024 in einer für den Umgang mit Gefahrstoffen zugelassenen Halle im Raum Ochsenfurt einzumieten. Aussichtsreiche Verhandlungen dazu liefen bereits.

"Wir werden die Produktion zunächst in kleinerem Maßstab und mit weniger Personal weiterführen", so Geschäftsführer Fischer weiter. Die rund zwei Dutzend Mitarbeitenden seien bereits informiert worden. Weil ohnehin einige von ihnen demnächst in den Ruhestand gehen, seien keine betriebsbedingten Kündigungen nötig.
SFM Chemicals hält an den Umsiedlungsplänen fest
"Wir begeben uns in eine Warteschleife, haben aber weiterhin vor, am Wolfgang zu bauen", bekräftigt Fischer. Dass man deshalb eine bereits zugesicherte Förderung nicht in Anspruch nehmen konnte, sei bedauerlich. Man werde zu gegebener Zeit einen neuen Förderantrag stellen.
Hotel-Investor Beck zeigt sich erleichtert. Trotzdem hat die mehr als einjährige Verzögerung für ihn einen bitteren Beigeschmack. "Das ist für mich mit erheblichen Kosten verbunden", sagt er, "die Preise, die ich damals ausgehandelt habe, sind heute nicht mehr relevant." Etwa ein Vierteljahr brauche er nun, um die Baustelle wieder anlaufen zu lassen. "Die Firmen müssen das auch erst wieder eintakten", so Beck. Seinen ehrgeizigen Zielen tut das keinen Abbruch: Sobald SFM auszieht, sollen Hotel und Veranstaltungshalle fertig sein, also im Herbst 2024.
Der jetzt schon bestehende Teil des Flockenwerkes, scheint auch nicht mehr so gut zu laufen, jedesmal wenn ich Fahrradfahrergruppen vorbeischicken will, hisst es: „geschlossen.“
Wenn dann doch mal offen ist, kommt die Rückmeldung: „viel Geld für wenig Gegenleistung.“