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OCHSENFURT
Hotel und Stadthalle liegen auf Eis
Das ehemalige Flockenwerk in Ochsenfurt sollte eigentlich schon längst abgerissen sein. Doch Joachim Beck bekommt keine Baugenehmigung für sein Vorhaben.
Foto: Claudia Schuhmann | Das ehemalige Flockenwerk in Ochsenfurt sollte eigentlich schon längst abgerissen sein. Doch Joachim Beck bekommt keine Baugenehmigung für sein Vorhaben.
Claudia Schuhmann
 |  aktualisiert: 07.04.2020 11:44 Uhr

Joachim Beck hat alles versucht. Doch aktuell kann er zum geplanten Hotel mit Stadthalle nur sagen: „Das Projekt ist im Moment tot.“ Wie berichtet, will der Ochsenfurter Geschäftsmann auf dem Gelände des ehemaligen Flockenwerks der BayWa in Ochsenfurt ein Hotel mit 40 Zimmern bauen, zu dem auch Café, Konditorei sowie Bar und ein Veranstaltungsraum für knapp 400 Personen gehören sollen. Doch seit einiger Zeit weiß Beck, dass er vom Landratsamt keine Baugenehmigung erhalten wird.

Grund ist der dem Bauvorhaben benachbarte Betrieb SFM Chemicals, ehemals Ploss Chemicals in der Floßhafenstraße, der Pflanzenschutzmittel herstellt. Dieser Betrieb ist als „Störfallbetrieb“ eingestuft, in dessen Umgebung aufgrund der europäischen Seveso-III-Richtlinie beziehungsweise deren Umsetzung in nationales Recht besondere Bestimmungen gelten. Störfallbetriebe sind nach der Störfallverordnung Betriebe, in denen bei plötzlichen Störfällen gefährliche Stoffe austreten können.

Sicherheitsabstand von 200 Metern

So kann in einem Umkreis von 200 Metern um den Ochsenfurter Betrieb keine sogenannte „schutzbedürftige Nutzung“ zugelassen werden. Das, sagt Beck, gehe aus einem Gutachten des Bayerischen Landesamtes für Umwelt (BLfU) hervor, das im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens vom Landratsamt Würzburg um eine Einschätzung zum angemessenen Sicherheitsabstand gebeten worden war. Dieser Sicherheitsabstand müsse in jedem Einzelfall anhand der Gegebenheiten in dem jeweiligen Betrieb gutachterlich ermittelt werden, heißt es aus dem Bauamt.

„Diese Bestimmungen sind wie Beton“, sagt Beck. Nach intensiven Gesprächen mit allen Beteiligten weiß er, dass Ausnahmen nicht in Betracht kommen. „Die einzige Möglichkeit wäre der Einbau einer vollautomatischen Löschanlage in dem Betrieb.“ Dadurch könne der Sicherheitsabstand verringert werden. Allerdings spreche man bei solch einer Anlage über sehr hohe Kosten, gibt Beck zu bedenken.

Der Betrieb arbeitet korrekt

Der Betrieb, sagt er, mache nichts falsch und arbeite korrekt. Das bestätigt auch das Landratsamt Würzburg auf Nachfrage. Der Betrieb werde regelmäßig kontrolliert, Beanstandungen haben es bisher keine gegeben. Aber sein bloßes Vorhandensein erschwert neue Nutzungen in seiner Umgebung. Die Rechtslage wirkt sich Beck zufolge nicht nur auf sein Hotelprojekt aus. Die im Rahmen des ISEK geplante städtebauliche Entwicklung des ganzen Areals „Weststadt“ könne in Gefahr sein.

Das befürchtet auch Ochsenfurts Bürgermeister Peter Juks. Für ihn, wie auch für Beck, kam die Problematik um die Seveso-III-Richtlinie wie der sprichwörtliche Blitz aus heiterem Himmel. „Das hatte wirklich niemand auf dem Schirm“, sagt Juks. Seit Jahresbeginn ist der unmittelbar westlich an die Altstadt anschließende Bereich der „Weststadt“ Sanierungsgebiet.

Entwicklung der Weststadt ist auch betroffen

Das heißt, dass es für private Bauvorhaben dort erhöhte steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten gibt und für öffentliche Vorhaben eine Förderung beantragt werden kann. Das gesamte Areal soll neu geordnet, Brachflächen sollen aktiviert werden. Diese Entwicklung könnte nun erst einmal zum Stillstand kommen.

Denn unter „schutzbedürftige Nutzungen“ fallen laut Auskunft des Bauamts am Landratsamt Würzburg unter anderem Wohnnutzungen, öffentlich genutzte Flächen beziehungsweise Gebäude oder Freizeitgebiete. All diese Nutzungen dürfen innerhalb des festgesetzten Abstands zum Betrieb nicht zugelassen werden. Gewerbebetriebe kämen hingegen in Frage, so die Auskunft des Bauamts.

Gespräche über Lösungsmöglichkeiten

Sowohl für Joachim Beck als auch für Bürgermeister Juks stellt sich nun die Frage, ob und wenn ja, wie, die Vorhaben in der Weststadt doch verwirklicht werden könnten. Neben dem Einbau der erwähnten vollautomatischen Löschanlage wäre ein Umzug des Betriebes wohl die einzige Möglichkeit. Dazu verpflichtet werden kann der Betrieb nicht, denn er genießt Bestandsschutz.

Mit den Verantwortlichen laufen Gespräche über mögliche Lösungen. Dabei soll es eben auch um die Frage gehen, ob sich die Inhaber des Betriebes eine Verlagerung vorstellen könnten. Über den Inhalt dieser Gespräche wollte sich ein Verantwortlicher bei SFM Chemicals auf Nachfrage dieser Redaktion aktuell noch nicht äußern. Bisher seien die, so wörtlich „sehr intensiven Gespräche“ aber zumindest nicht negativ verlaufen, sagt Joachim Beck. Allerdings sei alles noch im Gange, von einem Ergebnis könne derzeit noch nicht gesprochen werden.

Deutlich konkreter und optimistischer äußert sich Peter Juks. Er sieht nach den Gesprächen seitens des Betriebes eine Bereitschaft zur Umsiedelung. Denn auch für den Betrieb könne sich im Hinblick auf dessen Entwicklungsmöglichkeiten ein neuer Standort positiv auswirken, meint Juks. Konkret werde an eine Fläche im Industriepark St. Wolfgang gedacht, wo keine schutzbedürftigen Nutzungen geplant seien.

Mittels einer Bauvoranfrage für dieses Grundstück solle nun erst einmal die Zulässigkeit im Hinblick auf die Seveso-III-Richtlinie geprüft werden. Was die Kosten für die mögliche Betriebsumsiedelung angehe, so gebe es Möglichkeiten, diese mit staatlicher Unterstützung anzugehen, sagt Juks. Denn die Richtlinie blockiere immerhin die Entwicklung eines ganzen Stadtteils.

Beck hat das Gelände noch nicht gekauft

Joachim Beck hat den Bauantrag inzwischen zurückgezogen. Gekauft hat er das Flockenwerk-Areal bisher noch nicht. „Das habe ich immer von einer unanfechtbaren Baugenehmigung abhängig gemacht“, sagt Beck. Sollte SFM Chemicals seinen Betrieb tatsächlich verlagern, könnte er eine solche noch bekommen.

Die Seveso-III-Richtlinie

Die Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments, besser bekannt als Seveso-III-Richtlinie, regelt laut Bundesumweltministerium Anforderungen an Betriebe, von denen bei Unfällen mit gefährlichen Stoffen erhebliche Gefahren ausgehen können. Die Richtlinie wurde mittlerweile in nationales Recht umgesetzt, unter anderem durch eine Änderung der Störfallverordnung. Zwischen Störfallbetrieben und schutzbedürftigen Nutzungen soll ein angemessener Sicherheitsabstand gewahrt werden.

Die Einstufung als Störfallbetrieb muss ein Betrieb grundsätzlich selbst vornehmen. Die zuständige Immissionsschutzbehörde überprüft diese Einstufung. Bei Neuansiedlungen in der Umgebung solcher Betriebe sind außerhalb des angemessenen Sicherheitsabstands schutzbedürftige Nutzungen nicht zugelassen. Schutzobjekte sind laut Bundesimmissionsschutzgesetz „ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete“.

 
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  • Arcus
    Das fällt den ochsenfurter Prodagonisten aber früh ein. Ein Anruf beim Landratsamt hätte genügt. Scheinbar ist aber das Verhältnis von Stadt und Landkreis belastet.
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