Totes Holz liegt auf dem Boden. Mehrere über 60 Jahre alte Buchen sind im Botanischen Garten abgestorben. Wo sich bislang die Baumkronen zu einem geschlossenen grünen Dach vereinten, ist jetzt eine Lichtung. "Der Wald ist offen. Wenn im Herbst ein Sturm kommt, haben einzelne Bäume keinen Schutz mehr", sagt Dr. Gerd Vogg, der wissenschaftliche Kustos des Gartens. Als Folge des heißen und trockenen Sommers 2018 befürchtet er weitere Verluste.
Morsche Äste gefährden die Sicherheit der Besucher
Als die Temperaturen in diesem Juli neue Rekorde erreichten, fielen morsche Äste von den Bäumen. Drei Wochen lang war der Eingang am Leitengraben gesperrt, da der Weg durch den Wald nicht sicher gewesen wäre. Die Bäume wurden gefällt, sie waren nicht zu retten. Das Totholz bleibt. "Wir lassen es als Lebensraum für Tiere, Insekten und Pilze stehen", erklärt Vogg.
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Ursache für diese fatalen Schäden im Wald des Botanischen Gartens war der extreme Sommer des vergangenen Jahres. Mit einer durchschnittlichen Regenmenge von 600 Litern pro Quadratmeter im Jahr ist Mainfranken ohnehin schon die trockenste Region Bayerns. Im vergangenen Jahr fielen sogar nur 472 Liter. Zudem lag die Temperatur 2018 um mehr als zwei Grad über dem langfristigen Mittel. Dadurch verschärfte sich Mainfrankens kritische Lage.
Die gestressten Bäume haben sich nicht mehr erholt
Ein Baum sei an sich recht träge und ertrage über eine längere Zeit auch Stress, sagt Vogg. "Ihm können sie alles Mögliche antun, man sieht es ihm erst einmal nicht an. Aber eines Tages bricht er dann zusammen." Somit wurden die Schäden, die Hitze und Dürre angerichtet hatten, erst ein Jahr später sichtbar. Weil auch der folgenden Winter viel zu regenarm war, erholten sich die gestressten Bäume nicht mehr, sondern starben.
Vogg habe sich gefragt, ob die Bäume zu retten gewesen wären. Aber er verneint das. "Ein großer Baum benötigt im Sommer mehrere hundert Liter am Tag. Wir können einen Wald dieser Größe nicht mehr bewässern." Das Baumsterben sei nicht zu verhindern gewesen. Er befürchtet: "Noch mehr extreme Sommer und wir haben bald keinen Wald mehr."
In der Wissenschaft sei der Klimawandel unumstritten: "Die Extreme nehmen zu. Aber dieses Übermaß stellt uns vor große Probleme." Als Bildungseinrichtung sieht sich der Botanische Garten in der Pflicht, sein Wissen darüber zu vermitteln. "Wir wollen bei unseren Studenten den Blick auf das Ganze schärfen, dass sie keine Momentaufnahme sehen, sondern Zusammenhänge verstehen", sagt Anna Schumacher, die Koordinatorin des "LehrLernGartens".
Mitte Juni sind die Wasserspeicher meist schon leer
Hitze und Dürre haben auch finanzielle Folgen. Um die Pflanzen nicht mit kostbarem Trinkwasser zu gießen, müsse der Botanische Garten noch mehr Regenwasser sammeln und speichern. Derzeit fassen seine Zisternen rund 40 000 Liter Wasser. "Aber das ist noch viel zu wenig, denn in den vergangenen Jahren waren sie Mitte Juni meist schon leer", berichtet Vogg.
Auch die Wälder werden sich auf lange Sicht verändern, sagt der Botaniker. "Im Naturwald setzen sich jene Arten durch, die mit extremen Verhältnissen zurechtkommen." Eiche und Hainbuche seien toleranter gegenüber Hitze und Dürre. Dennoch befürchtet Vogg: "Während dieser massiven Veränderungen werden wir über zwei bis drei Generationen ein ganz großes Problem haben."
Felsheide und Präriestauden als Hitzegewinner
Im Botanischen Garten gab es aber auch Gewinner: Pflanzen, die von den extremen Bedingungen begünstigt werden. "Die mediterrane Felsheide stand so gut da wie noch nie", sagt Vogg. Nordamerikanische Präriestauden blühten ohne einen Tropfen Wasser. Auch mediterrane Kork- und Steineichen wachsen im Steinbachtal im Freien: "Seit drei Jahren haben wir sie draußen. Sie haben es überstanden, weil die letzten Winter nicht besonders kalt waren."