zurück
Würzburg/Marktbreit
Bahnstrecke Würzburg-Marktbreit-Treuchtlingen: Im Schnitt fallen jede Woche mehr als zehn Züge aus
Reisende und Pendler in der Region leiden unter der großen Unzuverlässigkeit des Bahnangebots. Warum die Bestandsaufnahme wenig Hoffnung macht.
Nach wie vor läuft der Bahnverkehr auf der Strecke Würzburg-Treuchtlingen nicht rund. Im Bild fährt ein blau-weißer Go-Ahead-Zug am Bahnhof in Ochsenfurt ein.
Foto: Daniel Peter | Nach wie vor läuft der Bahnverkehr auf der Strecke Würzburg-Treuchtlingen nicht rund. Im Bild fährt ein blau-weißer Go-Ahead-Zug am Bahnhof in Ochsenfurt ein.
Michael Czygan
 |  aktualisiert: 04.02.2024 02:40 Uhr

Zuverlässigkeit geht anders: Mehr als zehn Züge jede Woche sind im Jahr 2023 auf der Strecke Würzburg-Treuchtlingen ausgefallen, insgesamt 544 Züge. Das geht aus der Statistik hervor, die die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) auf Nachfrage dieser Redaktion erstellt hat. Die BEG ist für die Organisation des Schienenpersonenverkehrs im Freistaat zuständig. 

Auch wenn sich die Situation nach Ansicht regelmäßiger Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer im Lauf des Jahres gebessert hat, ruckelt es auf der Verbindung Würzburg-Treuchtlingen, die seit Dezember 2022 vom Anbieter Go-Ahead Bayern betrieben wird, weiterhin gewaltig: Mal bremsen Baustellen die Züge aus, mal fehlt es an Personal. Das eingesetzte Wagenmaterial ist nur eingeschränkt barrierefrei, Toiletten sind nicht funktionsfähig. Und der versprochene Zwei-Stunden-Takt für eine umsteigefreie Regionalexpress-Verbindung Würzburg-München ist noch gar nicht umgesetzt.

Der SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib aus Ochsenfurt (Lkr. Würzburg), der selbst regelmäßig auf der Strecke unterwegs ist, nennt die Situation "nach wie vor unbefriedigend" und verlangt von der Staatsregierung Abhilfe. Der zuständige Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) findet Zugausfälle und Zugkürzungen ebenfalls "inakzeptabel", kurzfristige Verbesserungen will er in einem Schreiben an Halbleib aber nicht versprechen. Der Minister verweist auf den Bund, der für die Infrastruktur zuständig ist. 

Wie viele Züge sind zwischen Würzburg und Treuchtlingen ausgefallen?

Laut BEG kam es auf der gesamten Linie RE80 Würzburg-Treuchtlingen-Augsburg-München zwischen Dezember 2022 und Dezember 2023 zu 3011 Zug- oder Teilausfällen, das entspricht 241.965 Zugkilometern. Auf der Teilstrecke Würzburg-Treuchtlingen sind es in beide Richtungen insgesamt 544 Zugausfälle, zusammengerechnet 76.284 Zugkilometer.

Eine exakte Ausfallquote für diese Strecke lasse sich nicht ermitteln, sagt die BEG. Im gesamten "Augsburger Netz Los 1", zu dem Verbindungen wie Augsburg-Ulm gehören, waren im Dezember 2022 laut Eisenbahngesellschaft 22,8 Prozent der geplanten Zugkilometer ausgefallen. Diese Quote fiel im Lauf des Sommers 2023 auf nur 3,8 Prozent im Juli, stieg aber im Oktober wieder auf 21,1 Prozent. Im November lag die Ausfallquote bei 9,4 Prozent, im Dezember 2023 bei 11,5 Prozent. 

Was sind die Gründe für die Zugausfälle?

59 Prozent der Zugausfälle sind durch Bauarbeiten begründet. Verantwortlich dafür ist der Infrastrukturbetreiber Deutsche Bahn (DB) Netz, der dem Bund gehört. 25 Prozent der Zugausfälle sind auf Personalmangel zurückzuführen, neun Prozent auf Probleme mit den Fahrzeugen. 

Was sagt die DB Netz zu den Zugausfällen?

Nach heftiger Kritik von Go-Ahead Bayern räumte die DB Netz Ende 2023 Defizite ein: "Das Schienennetz ist zu alt, zu voll und zu kaputt." Deshalb müsse man immer wieder Baustellen einrichten - teilweise auch kurzfristig. Man bedauere sehr, den Reisenden derzeit nicht die Qualität und Zuverlässigkeit anbieten zu können, die diese "zu Recht" erwarteten. Go-Ahead hatte beklagt, seit Monaten im Baustellenmodus fahren zu müssen. Täglich gebe es Störungen bei Signalanlagen, Weichen, Bahnübergängen, Stellwerken und den Oberleitungsanlagen.

Auf der Strecke Würzburg-Treuchtlingen setzt Go-Ahead Wagenmaterial der Potsdamer Firma WFL-Logistik ein. Dabei gibt es unter anderem Probleme mit verstopften Toiletten und fehlender Barrierefreiheit. Das Bild zeigt einen Zug am Bahnhof in Winterhausen im Landkreis Würzburg.   
Foto: Daniel Peter | Auf der Strecke Würzburg-Treuchtlingen setzt Go-Ahead Wagenmaterial der Potsdamer Firma WFL-Logistik ein. Dabei gibt es unter anderem Probleme mit verstopften Toiletten und fehlender Barrierefreiheit.

Wie hat sich die Pünktlichkeit der Züge entwickelt?

Wenn die Züge fahren, dann sind sie zumindest größtenteils pünktlich. Laut BEG hat sich die Pünktlichkeit von 80,9 Prozent im Dezember 2022 auf 87,2 Prozent im Jahr 2023 verbessert.

Wie ist die Personalsituation und fehlen immer noch Mitarbeiter? 

Die BEG hat Betreiber Go-Ahead im Juni verpflichtet, die Rekrutierung von Personal, allen voran von Lokführern, zu verbessern. Die Personaldecke sei aufgrund des allgemeinen Fachkräftemangels nach wie vor dünn, allerdings sei die Zahl der personalbedingten Zugausfälle im Lauf des Jahres "erheblich" zurückgegangen. Auch der Einsatz von Fahrzeugen des Potsdamer Unternehmens Wedler Franz Logistik (WFL) trage zur personellen Entlastung bei.

Wie ist die Qualität des Wagenmaterials?

Die vertraglich zugesicherten Siemens-Neufahrzeuge entsprechen den vertraglichen Vorgaben zur Barrierefreiheit, sie sind auch mit Klimaanlagen ausgestattet. Die Doppelstockwagen von WFL, die nach derzeitigem Stand noch bis Ende März eingesetzt werden sollen, verfügen über keine Klimaanlagen, sie sind nur teilweise barrierefrei. Sie sind mit Klapprampen ausgestattet, sodass ein Zustieg mithilfe des Zugpersonals möglich ist. Probleme bereiten laut BEG weiterhin die Zugtoiletten.  Sie seien häufig nicht nutzbar - aufgrund von Frostschäden im Winter oder wegen Verstopfungen durch unsachgemäße Benutzung. 

Wann kann man umsteigefrei mit der Regionalbahn nach München durchfahren?

Eigentlich sollten die Go-Ahead-Züge ab Dezember 2022 im Zwei-Stunden-Takt von Würzburg bis München durchgebunden sein: eine interessante Direktverbindung vor allem auch für Ausflügler, die das Deutschland-Ticket nutzen. Laut BEG gibt es durchgehende Fahrten "nur vereinzelt". Grund dafür ist das Zugmaterial von WFL, das zwischen Würzburg und Treuchtlingen unterwegs ist. Diese Züge können nicht einfach an moderne Go-Ahead-Fahrzeuge angekoppelt werden. Die BEG geht davon aus, dass das Fahrplankonzept mit den durchgehenden Verbindungen ab April 2024 umgesetzt wird, wenn die WFL-Züge nicht mehr zum Einsatz kommen.

Warum fahren keine "Verstärkerzüge" zwischen Würzburg und Marktbreit?

Zusätzlich zum regulären Zugverkehr zwischen Würzburg und Treuchtlingen sollen zwischen Würzburg und Marktbreit zu Stoßzeiten sogenannte "Verstärkerzüge" fahren, die von DB Regio betrieben werden. Eigentlich. Aufgrund von Personalmangel und "Problemen in der Werkstattinfrastruktur in Würzburg" fallen diese Verbindungen voraussichtlich bis 7. Juni 2024 aus, teilweise gibt es Schienenersatzverkehr. Der Ochsenfurter SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib spricht von "Schlag ins Gesicht" von Pendlerinnen und Pendlern.

Muss Go-Ahead für nicht erbrachte Leistungen Strafe bezahlen?

Wie die BEG mitteilt, werden grundsätzlich "alle Schlechtleistungen" gemäß den vertraglichen Vereinbarungen sanktioniert. So gebe es bei Zugausfällen kein "Bestellerentgelt", zusätzliche Strafen werden bei Personal- und Fahrzeugmangel fällig. Genaue Angaben zur Höhe der Sanktionen könne man aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht machen.

Hat die Übernahme von Go-Ahead durch die ÖBB etwas verändert? 

Im Oktober 2023 haben die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) den Bahnbetreiber Go-Ahead Deutschland übernommen. Laut BEG hat das keine Konsequenzen für die bestehenden Verträge mit Go-Ahead Bayern. Auch im Fahrzeugdesign seien nach derzeitigem Stand keine Änderungen geplant. Go-Ahead setzt in Bayern blau-weiße Züge ein.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Marktbreit
Ochsenfurt
Winterhausen
Goßmannsdorf
Michael Czygan
CSU Würzburg
DB Netz AG
DB Regio AG
Schienenstrecken
Verkehrsminister
Volkmar Halbleib
Züge
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Werner Schuck
    Obacht bei den Kommentierungen.
    In dem Artikel geht es eigentlich um drei Firmen, die alle nicht die geforderten Leistungen erbringen. Auf der Schiene Go-Ahead (Probleme mit Zügen und Personal) und die DB Regio (fährt einfach mal gar nicht bis Juni!), und dann auch noch die DB Netz, die es nicht schafft die Infrastruktur bereitszustellen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Johannes Metzger
    So ist es
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Johannes Metzger
    Ich bin gespannt wie das Personalproblem, das sich ja auf Grund des demographischen Wandels massiv verschärfen wird, in Bayern gelöst wird. Hier erwarte ich von der BEG und dem zuständigen bayr. Ministerium eine Perspektive.
    Nur auf die aktuellen Probleme zu starren, ist zu kurz gedacht.
    BTW: Dass der Landtagsabgeordnete Halbleib die Strecke nach München mit dem RE zurücklegt ist zu begrüßen, bekommt er doch so zumindest gelegentlich den Eindruck wies in UFR mit dem SPNV bestellt ist.
    Ich nutze den SPNV auch. Aber nach München ist der Weg von OCH nach WÜ und dann mit dem ICE weiter nach München deutlich schneller. Und - die bay. Landtagsabgeordneten dürfen ja alle kostenlos die 1.Klasse im ICE (ich glaub aber nur in Bayern)nutzen.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Thomas Kron
    Das Schienennetz und die Bahn selbst wurden in den letzten Jahren kaputgespart.
    Nur mal zur Erinnerung die Liste der Verkehrsminister seit 2009:
    2009-2013 Ramsauer CSU
    2013-2017 Dobrindt CSU
    2017-2018 Schmidt CSU
    2018-2021 Scheuer CSU
    Letzter hat übrigens ein Erbe von 243 Millionen hinterlassen, weil er eine Vertrag mit Mautberteibern unterschrieben hat, obwohl noch keine Rechtssicherheit bestanden hat! Damit hätte man einiges Reparieren können
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Alfred Holler
    Und was hat das jetzt mit dem Akt. Fall zu tun, in dem eine englische Firma (Go ahead) die DB-Tochter Regio im Ausschreibungsverfahren ausgestochen hat und jetzt nicht liefern kann? Können Sie das erklären ??
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Thomas Kron
    Für die Infrastruktur (Schienen
    Weichen etc.) ist nicht goahead sondern die Deutsche Bahn und damit der Bundesverkehrsminister verantwortlich. Im übrigen gehört goahead Deutschland seit Januar 2024 der ÖBB. Es besteht also Hoffnung dass es zumindest in Sachen Personal besser wird. Die Österreicher können Bahn!
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Barbara Meyer
    Und genau dafür hat er Bahnvorstand Millionen als Boni bekommen ? Oder ?
    Personalmangel oder schlechte Bezahlung ? Wieviel "Boni" bekommen die Bahnarbeiter ?
    Bei der Bahn ist "OBEN" die gleiche Abzocke, wie beim RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg)
    mit seiner Ex-Intendantin (Schlesinger). Für diese Umverteilung werden die Bürger immer mehr gemolken. GEZ, Steuern, kaputte Strassen, marode Schulen, überteuerte Energie, usw.
    Heute hat die EU weitere 50 Millarden für das Korruptionsloch Ukraine rausgeschmissen.
    Wo gehen unsere 900 Milliarden Steuereinnahmen/Jahr hin ? Folge der Spur des Geldes.
    Seltsam, denn hier werden die Bürger immer ärmer...
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Alfred Holler
    Da ist nicht "die Bahn" schuld, sondern der Privatbetreiber "go ahead".
    Insofern liegen Sie mit Ihrem Rundum... völlig daneben.
    Guten Tag
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten