Erst vor wenigen Monaten war das britische Unternehmen Go-Ahead als Betreiber zahlreicher Zugstrecken in unserer Region gestartet, nun kommt die deutsche Tochtergesellschaft in neue Hände. Die Österreichischen Bundesbahnen, kurz ÖBB, wollen Go-Ahead Deutschland noch in diesem Jahr übernehmen. Der Kaufvertrag ist am Donnerstag unterzeichnet worden, teilten beide Unternehmen mit. Zwar müssen noch wettbewerbsrechtliche Genehmigungen abgewartet werden. "Der Abschluss der Transaktion - das Closing - scheint aber noch in diesem Jahr realistisch zu sein", sagte Go-Ahead-Sprecher Winfried Karg unserer Redaktion.
Go-Ahead ist in Bayern bekannt durch die blau-weißen Züge. Das Unternehmen betreibt seit Ende 2021 im Allgäu die Zugstrecke zwischen München und Lindau. Ende 2022 kamen Strecken im Augsburger Netz dazu, insbesondere die Strecken von Augsburg nach München, nach Würzburg, nach Aalen und nach Ulm. Um die Strecken betreiben zu können, hatte Go-Ahead eigens eine Tochtergesellschaft gegründet, Züge gekauft und Lokführer angeworben und ausgebildet. In Langweid nördlich von Augsburg werden die Züge gewartet. Der Start in den Wintermonaten verlief allerdings recht holprig. Bei kaltem Winterwetter kam es zu Zugausfällen; Personalengpässe bereiteten Probleme.
Go-Ahead hat eine neue Strategie und neue Eigentümer
Die Probleme beim Start seien aber nicht der Grund für den Verkauf gewesen, sagte Sprecher Andrew Clark von der britischen Go-Ahead-Muttergesellschaft unserer Redaktion. Der Grund liege vielmehr in einer neuen Strategie des Unternehmens. "Go-Ahead will sich auf Bus- und Zugdienstleistungen in Metropolregionen konzentrieren", so Clark. Beispielsweise hat Go-Ahead im australischen Melbourne den Zuschlag für den Betrieb der Straßenbahnen bekommen, im britischen Manchester betreibt es künftig die Busse, auch in den schwedischen Bus-Markt sei man eingestiegen. Die süddeutschen Nahverkehrsnetze seien nicht mehr Kern der Strategie. Das Unternehmen hat zudem einen Eigentümerwechsel hinter sich. Seit 2022 gehört die Gesellschaft zu 51 Prozent dem australischen Busunternehmen Kinetic Group und zu 49 Prozent dem spanischen Mobilitätsanbieter Globalvia.
Die ÖBB sieht den Kauf als Chance für Wachstum: „Die ÖBB setzen mit dem Kauf von Go-Ahead Deutschland den eingeschlagenen Internationalisierungskurs konsequent fort", sagte ÖBB-Chef Andreas Matthä. "Das Ziel ist klar: Wir wollen gemeinsam in Deutschland wachsen", teilte Sabine Stock mit, Vorständin der ÖBB-Personenverkehr AG. Die ÖBB hat hierzulande zuletzt bereits durch die Übernahme von Nachtzügen Bekanntheit erlangt. Die Deutsche Bahn wollte diese nicht mehr weiterbetreiben.
Professor Christian Böttger: "Umtriebiges Management bei der ÖBB"
"Dass die ÖBB an einer Expansion interessiert ist, ist seit Längerem bekannt", sagte Professor Christian Böttger unserer Redaktion, Bahnexperte von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. "Das Unternehmen hat ein sehr umtriebiges Management." Mit der Übernahme der Nachtzüge habe man hierzulande außerdem ein positives Image aufgebaut. Er denkt, dass die großen Probleme beim Start von Go-Ahead in Bayern durchaus ein Grund für den Verkauf gewesen sein könnten. Die ÖBB scheint überzeugt zu sein, es besser hinzubekommen. Go-Ahead Deutschland werde "von der Expertise und dem Know-how der ÖBB-Personenverkehr AG profitieren", teilte ÖBB-Vorständin Stock mit.
"Ich stehe der Übernahme positiv gegenüber", sagt auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Christoph Schmid. "Nachdem das Verkehrsunternehmen regelmäßig mit Negativmeldungen in den Medien stand, hoffe ich nun, dass mit Veränderungen in der Unternehmensstruktur Verbesserungen eintreten." Als passionierter Bahnfahrer kenne er das österreichische Unternehmen gut und konnte sich stets auf die Züge der ÖBB verlassen. "Wenn die ÖBB bei Go Ahead diesen Standard erreicht, dann kann die Mobilitätswende gelingen!", teilte Schmid mit.
Der Name "Go-Ahead" wird in Deutschland durch die Übernahme wohl bald verschwinden. Das Unternehmen soll aber seine rechtliche Eigenständigkeit bewahren und mit dem bestehenden Management weitergeführt werden. Auch für die rund 1000 Mitarbeiter in Bayern und Baden-Württemberg soll sich nichts ändern, sagte Sprecher Winfried Karg. Sie wurden am Donnerstag und Freitag per Mitarbeitervideokonferenz informiert.
Winfried Karg, Go-Ahead: "Für die Fahrgäste ändert sich nichts"
Und wie sieht es für die Kundinnen und Kunden aus? "Für die Fahrgäste ändert sich nichts", betont Karg. "Die Fahrzeuge, der Fahrplan, die Fahrpreise bleiben bestehen und laufen weiter wie bisher", sagt er. Die Verträge mit der Bayerischen Eisenbahngesellschaft sollen erfüllt werden. Für die Allgäuer Strecken laufen sie bis Ende 2033, für das Augsburger Netz bis Ende 2034.