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Veitshöchheim
ARD-Morgenmagazin aus Veitshöchheim: Yared Dibaba über Sex und die Franken
Bei der Fußball-EM ist Deutschland zwar raus, aber das ARD-Morgenmagazin sendet weiter aus Veitshöchheim. Warum diese Woche aufregend sein wird, erzählt Yared Dibaba im Interview.
Yared Dibaba wird für das ARD-Morgenmagazin in dieser Woche wieder rund um den Mittelpunkt der EU in Veitshöchheim unterwegs sein, um über die Franken und ihre Lebensart zu berichten. 
Foto: Thomas Obermeier | Yared Dibaba wird für das ARD-Morgenmagazin in dieser Woche wieder rund um den Mittelpunkt der EU in Veitshöchheim unterwegs sein, um über die Franken und ihre Lebensart zu berichten. 
Thomas Fritz
 |  aktualisiert: 15.07.2024 09:50 Uhr

Noch eine Woche, vom 5. bis 9. Juli, steht Veitshöchheim im Mittelpunkt des ARD-Morgenmagazins, weil der Mittelpunkt der Europäischen Union auf einem Acker im Ortsteil Gadheim liegt und gerade die Fußball-Europameisterschaft in zehn europäischen Städten und im asiatischen Baku ausgetragen wird. Bei den Live-Schalten nach Veitshöchheim geht es aber nicht nur um Fußball, sondern auch um die Franken, ihre Kultur, ihre Vorlieben, ihre Lebensart. Darüber berichtet kein Franke, sondern der vor allem im Norden bekannte Moderator Yared Dibaba. Im Gespräch mit dieser Redaktion klärt er auf, was er bisher von den Franken gelernt hat, warum sie den Norddeutschen ähnlich sind und wieso er mit seinen 52 Jahren so gerne über Sex spricht. Das Interview fand am 24. Juni, einen Tag vor dem Messerangriff in Würzburg statt. 

Frage: Lassen Sie uns über Sex reden!

Yared Dibaba: Ohjaaa. Das finde ich gut. 

Ohjaaa, so heißt Ihr WDR2-Podcast. Zusammen mit Anabell Neuhof sprechen Sie über viele Themen rund um das Thema Sexualität. Und ganz ehrlich, als Franke wird man schon ein bisschen rot beim Zuhören. 

Dibaba: Das kann ich gut nachvollziehen. Mir ist es auch nicht von Anfang an leicht gefallen, darüber zu sprechen. Obwohl ich gleich forsch gesagt habe, 'klar, lasst uns über Sex reden'. Wir machen ja auch Witze über Sex. Aber das heißt ja nicht, dass wir auch darüber sprechen. Wir haben alle ein ganz natürliches Schamgefühl - und das ist auch völlig in Ordnung. 

Reden Sie denn gerne über Sex?

Dibaba: Nicht immer, nicht überall und auch nicht mit jedem. Aber jetzt schon öfter als vor der Sendung. Durch den Podcast habe ich gelernt, über Sex zu reden. Ich habe aber auch meine Schamgrenzen kennengelernt.

Ist Ihnen dabei nichts peinlich?

Dibaba: Natürlich gibt es Themen, die einem peinlich sind. Für unsere allererste Sendung zum Thema Selbstbefriedigung war meine Kollegin bei einem sehr intimen Massagekurs. Vorher hätte ich so ein Thema nie angesprochen, schon gar nicht in einem Interview. Aber im Grunde genommen ist Sex genauso normal wie essen, trinken, schlafen. Warum haben wir da so ein Problem damit?

Vielleicht ist es ja auch eine Frage der Mentalität? Sie als Norddeutscher sind doch eher prüde, oder?

Dibaba: Ach, ich weiß gar nicht, ob wir Norddeutschen prüde sind oder gar prüder als die Süddeutschen. Wir im Norden sind Protestanten, hier im Süden sind viele katholisch. Da kann man sich jetzt darüber streiten, wer prüder ist. 

Wir Franken würden eher unter der Bettdecke über Sex sprechen.

Dibaba: Aber sie sprechen darüber. Schauen Sie sich den Fasching in Franken an. Da ist auf einmal die Welt völlig offen und danach wird nicht wieder darüber gesprochen. So etwas haben wir im Norden nicht. Ich glaube, die Menschen sind mehr oder weniger gleich prüde. 

Wurden Sie eigentlich aufgeklärt?

Dibaba: Ja. Es gab so ein kleines Magazin mit dem Titel "Muss-Ehen muss es nicht geben". Aber so richtig aufgeklärt wurde ich nicht. Und so offen hat man damals auch gar nicht gesprochen. Die Eltern haben gedacht, das macht die Schule, und die Schule dachte, das machen die Eltern. Und wir Jugendliche haben uns untereinander ausgetauscht und mal bei Doktor Sommer in die Bravo geschaut. Das war's dann schon. 

Im Gespräch: Yared Dibaba (links) und Redakteur Thomas Fritz bei einem Spaziergang in Veitshöchheim. 
Foto: Thomas Obermeier | Im Gespräch: Yared Dibaba (links) und Redakteur Thomas Fritz bei einem Spaziergang in Veitshöchheim. 
Sind Sie eher der Romantiker oder der Draufgänger?

Dibaba: Das werde ich an dieser Stelle nicht sagen. 

Schade! Dann lassen Sie uns mal über die Franken reden. Was haben Sie denn schon über uns gelernt, seitdem Sie in Veitshöchheim sind?

Dibaba: Die Franken sind selbstbewusst, sie lieben ihre Kultur, haben eine gewisse Selbstironie und sind den Norddeutschen ähnlich, aber auch den Oromos. 

Sie sind im südlichen Teil Äthiopiens, in der Region Oromo geboren. Wo ist die Verbindung zu den Franken?

Dibaba: Weil die Oromos auch sehr zurückhaltend und reserviert sind. Und deswegen fühle ich mich hier bei den Franken auch sehr wohl. Und es leben hier in der Gegend auch viele Oromos, die aus Äthiopien aus politischen Gründen geflüchtet sind. Sie wurden vertrieben. Ich bin mit einigen im Gespräch und weiß, dass sie hier eine neue Heimat gefunden haben und auch gerne bleiben würden. Aber der eine oder andere ist auch von einer Abschiebung bedroht und soll zurück in ein Land, wo Bürgerkrieg herrscht.

Gibt es denn auch irgendetwas Negatives, das Ihnen nicht so gut an den Franken aufgefallen ist?

Dibaba: Mir ist ehrlich gesagt jetzt nichts aufgefallen, wo ich sagen würde, das ist typisch Fränkisch. Auch, wenn ich hier durch Veitshöchheim gehe – das ist so malerisch. Jeder hat sein Haus, seinen Garten mit Liebe gepflegt. Das sieht auch jeder Gast sofort und spürt: Ja- die lieben das hier. Und auch die Menschen sind sehr angenehm, vor allem angenehm normal, nicht überkandidelt. Das finde ich sehr nett. 

Sie treten diesen Donnerstag in Veitshöchheim im Meegärtle auf und wollen den Franken norddeutsche Kultur beibringen. Was fehlt uns denn?

Dibaba: Ich werde den Franken Plattdeutsch beibringen. Auch, weil ich weiß, dass viele gerne an der Küste Urlaub machen. Und andersherum machen viele aus dem Norden Urlaub im Frankenland. Ich glaube, das trägt zur Völkerverständigung bei, wenn der Franke plattdeutsch kann, wenn ein Norddeutscher kommt. Mehr Gastfreundschaft geht doch nicht. 

Haben Sie denn schon was Fränkisches gelernt?

Dibaba: Wo gemmer denn na? Dieser Satz fiel oft, als ich im letzten Jahr schon zur Fastnacht in Franken in Veitshöchheim war. 

Vielleicht sind Sie ja auch einmal auf die "Alte Liebe" gegangen. Das Ausflugsschiff legt in Veitshöchheim an. Was verbinden Sie denn mit alter Liebe?

Dibaba: Ich verbinde mit alter Liebe etwas Heimatliches, meine Heimat Oromia. Dort bin ich vor 42 Jahren im Februar weggegangen. 

Haben Sie Heimweh?

Dibaba: Ja, auf jeden Fall. Ich war 2019, nach 25 Jahren, wieder in Oromia und es bricht mir das Herz, dass ich nicht immer einfach so hingehen kann, wie ich es möchte. Ich konnte meinen Kindern noch gar nicht meine Heimat zeigen. Sie wissen nicht, wie ich dort gelebt habe, wo ich herkomme. Sie haben bisher noch nicht meine Cousins, Onkel und Tanten kennengelernt, die alle noch dort leben. Und das ist noch das kleinere Leid. Viele Menschen verlassen ihre Heimat zu Fuß, übers Wasser mit Schlauchbooten, riskieren ihr Leben, manche verlieren unterwegs noch ihre Familie – sie können gar nicht mehr zurückkehren. Das ist tragisch. Deswegen verbinde ich mit alter Liebe etwas Schweres. 

Wenn Sie in dieser Woche wieder als Moma-Reporter in und um Veitshöchheim unterwegs sind, werden Sie auch die Naturisten besuchen, die die Freikörperkultur pflegen.

Dibaba: Jetzt wollen Sie wissen, ob ich dann etwas an habe oder nicht. 

Werden Sie?

Dibaba (lacht herzhaft): Ich werde definitiv etwas anhaben. 

 
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Kommentare
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  • K. F.
    oh je - hoffentlich ist die em bald rum, so einen käs braucht doch niemand!
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  • K. E.
    Dann schreiben Sie doch auch keinen! Wie sie schon bemerkt haben, braucht das niemand.
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