Not macht erfinderisch, das gilt auch für den Pflegenotstand. Die Würzburger Uniklinik macht nun einen Schritt, den sie selbst als "revolutionär" bezeichnet: Pflegekräfte können im neu geschaffenen "Flexteam" frei entscheiden, wo, wann und wieviel sie arbeiten möchten. Damit sollen Ausfälle kompensiert und die Stammteams gestärkt werden.
Es sollen 160 zusätzliche Vollzeitstellen entstehen
160 zusätzliche Vollzeitstellen sollen auf diese Weise entstehen. Weil viele wohl nur in Teilzeit oder stundenweise einsteigen, rechnet man am Klinikum mit rund 300 zusätzlichen Kräften. Ein bis zwei Jahre habe man für den Aufbau veranschlagt, sagte Pflegdirektor Marcus Huppertz bei einer Pressekonferenz.
Eltern, Rentnerinnen und Rentner, Studierende – "alle sind willkommen", so Teamleiterin Cashanna Schöller. Eine Voraussetzung müssen sie allerdings erfüllen: eine pflegerische oder medizinische Qualifikation. Minimum dabei ist die einjährige Ausbildung als Pflegefachassistenz.
Gesucht sind ansonsten examinierte Alten- und Krankenpflegerinnen und -pfleger, medizinische Fachangestellte, anästhesie- und operationstechnische Assistentinnen und Assistenten sowie Notfallsanitäterinnen und -sanitäter. Medizinstudierende kommen für eine solche Festanstellung in Frage, wenn sie bereits eine praktische Ausbildung absolviert haben.
Das Uniklinikum will mit dieser Initiative ("FLEX4UKW") schlummerndes Pflegepotenzial heben. Beispielsweise Mütter oder Väter, die nur einen bestimmten Tag in der Woche oder zu gewissen Uhrzeiten oder Schichten arbeiten können oder wollen. Andere sind vielleicht nur am Wochenende verfügbar.
Elf verschiedene Arbeitsbereiche zur Auswahl
Interessierte können ihr persönliches Zeitfenster melden und sich für ein so genanntes Cluster entscheiden – einen Fachbereich, in dem sie tätig sein möchten. Beispielsweise in der Kinderklinik, Notaufnahme, Onkologie oder Operativen Medizin. Elf solcher Cluster wurden gebildet. Die Arbeitsverträge werden unbefristet ausgestellt, von der 450-Euro-Kraft bis zum Vollzeitjob. Ein Dreierteam sichtet und koordiniert die Bewerbungen. Die ersten lägen bereits vor.
Ist es pure Verzweiflung, die zu dem ungewohnten Personalprogramm führt? Die Uniklinik dementiert. "Wir sind nicht verzweifelt, wir sind überzeugt", sagt Pflegedirektor Huppertz. Überzeugt, dass die Suche mit starren Personalprofilen nur noch begrenzt fruchtet. Stattdessen wende man sich nun dem Arbeitsmarkt zu und frage: "Was hast Du uns zu bieten?"
Können die flexiblen Pflegekräfte die Leiharbeit überflüssig machen?
Vorzeichen werden damit umgekehrt – und das ist auch eine Kampfansage an die Leiharbeit. Sie ist Trägern von Kliniken und Seniorenheimen ein Dorn im Auge, weil die Leihpflegekräfte deutlich teurer eingekauft werden müssen als das Stammpersonal. Und die Leihpflege ködert Mitarbeitende eben mit jener Flexibilität an Dienstzeiten, wie sie nun die Uniklinik selbst verspricht. Rund 50 Leiharbeitende sind aufgrund von Engpässen derzeit dort tätig. Sie durch eigenes Personal zu ersetzen, wäre für die Klinik auch finanziell von Vorteil.
Dienstplan nach eigenen Wünschen: Kann das funktionieren? Die Niederlande machen es vor. Dort habe man dieses System bereits in den Nuller Jahren etabliert, erklärte Marcus Huppertz. Außerdem habe man Erfahrungswerte aus anderen deutschen Krankenhäusern eingeholt. Bayernweit ist Würzburg das erste Universitätsklinikum, das mit dem flexiblen Personalpool arbeitet.
Eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zwischen Stamm- und Flexteam befürchten die Verantwortlichen nicht. Hubert Riedmann, Stationsleiter der Herz-Thorax-Chirurgie: "Auch die Stammkräfte profitieren, wenn sie Ausfälle nicht permanent selbst auffangen müssen, sondern wir dafür zusätzliches Personal haben." Ziel sei ein verlässlicher und stabiler Dienstplan.
Info und Kontakt: www.ukw.de/flex4ukw
Es sollte also sichergestellt sein, dass diese Flexteams dann auch alle potentiellen Dienste gleichermaßen ausreichend abbilden!
wenn ich mich fürs Flexteam gemeldet habe und kriege gleich eine Nachtschicht aufgedrückt, obwohl mein Kind krank ist/ ich keine Betreuung habe, ist die Sache sofort wieder gestorben.
Haben Sie schon mal dran gedacht, dass jemand die flexiblen Stunden evtl. gar nicht für die eigene Work-Life-Balance braucht, sondern wegen anderer, z. B. familiärer Verpflichtungen?
Warum macht man das nicht auch für das Stammpersonal?
ich vermute mal, es bleibt allen unbenommen, den Status von "Stammpersonal" nach "Flex" zu ändern/ damit wird das UKW rechnen müssen.