An sich standen bei der Eröffnung der Landesausstellung in der Würzburger Residenz vier Musikstücke auf dem Programm. Das Orchester des Matthias-Grünewald-Gymnasiums spielte indes nur die Hälfte. Zwei Kompositionen von Hermann Zilcher waren kurzfristig gestrichen worden. Der Komponist gilt als durch die Nazi-Zeit belastet. NSDAP-Mitglied Zilcher, Gründer des Würzburger Mozartfestes, wurde nach dem Krieg in einem Entnazifizierungsverfahren als „Mitläufer“ eingestuft.
Schon im Vorfeld der Veranstaltung sei klar geworden, dass man mit dem Zeitplan in Schwierigkeiten kommen würde, so Josef Kirmeier vom Haus der Bayerischen Geschichte, das die Ausstellung „Wiederaufbau und Wirtschaftswunder“ veranstaltet. Hermann Zilchers NS-Verstrickungen seien den Ausstellungsmachern erst nach und nach bekannt geworden. Sie seien dann „auch ein Grund gewesen, warum man ihn nicht unbedingt spielen muss“. Gerade im Zusammenhang mit einer Ausstellung, die auch Gräueltaten und Zerstörungen durch die Nazis thematisiert, wäre eine Aufführung der Zilcher-Stücke unglücklich gewesen, so Kirmeier.
Vorgesehen – und in den Einladungen zur Eröffnung auch ausgedruckt – waren zwei Teile aus Hermann Zilchers Musik zu Shakespeares „Wie es euch gefällt“. Das Programm sei vom Leiter des Orchesters, Ulrich Stinzendörfer, vorgeschlagen worden, „und wir haben das zunächst etwas unkritisch übernommen“, so Kirmeier. Stinzendörfer verweist darauf, dass die Werke 1917 komponiert worden seien, also weit vor der Nazi-Zeit. Überrascht von der Streichung war er auch deshalb, weil er das Programm schon einmal beim Philologen-Verbandstag 2006 aufgeführt habe. Auch das Philharmonische Orchester Würzburg habe mehrfach Zilcher-Kompositionen aufgeführt.
Der Spätromantiker Hermann Zilcher (1881 bis 1948) stand laut „Wikipedia“ auf der „Gottbegnadeten“-Liste der wichtigsten Komponisten des NS-Staats. Hermann Zilchers Tochter Helga verwies schon vor Jahren – wie auch Ulrich Stinzendörfer jetzt – darauf, dass neuere Forschungen den Mozartfest-Gründer entlasten. Hermann Zilcher sei den braunen Machthabern nicht geheuer gewesen. Seine Familie sei von Hitlers Spitzeldienst, der Gestapo, überwacht worden.
Standpunkt
Der Umgang mit NS-Komponisten
Von Ralph Heringlehner
Die Frage, wie mit Komponisten umgegangen werden soll, die das Hitler-Regime unterstützten oder von ihm profitierten, sorgt immer wieder für Diskussionen. In einer funktionierenden Demokratie darf es nicht sein, dass Künstler und ihre Werke pauschal verboten werden. Aber: Blauäugiger Umgang mit Kunst, die ins braune Unrechts-System passte, ist auch falsch. Wichtig ist, jeden Einzelfall zu beurteilen. Einen Skandal hätte es nicht gegeben, wenn die Werke des Würzburger Nazi-Mitläufers Hermann Zilcher bei der Eröffnung der Landesausstellung gespielt worden wären. Sie im Zusammenhang mit einer Schau, die auch NS-Gräuel behandelt, aus dem Programm zu nehmen, war aber die bessere, sicherere Lösung. Der Fall darf indes nicht als generelle Verteufelung des Zilcher-Werks verstanden werden. Auch Richard Strauss kooperierte mit den Nazis – ohne dass jemand daran denkt, seine Werke nicht zu spielen.