Die wortgewandten Finanzzauberer der Internet-Plattform "Daxiron" saßen weit entfernt von ihren Würzburger und Aschaffenburger Betrugsopfern: In Montenegro, Schweden und auf Zypern fühlten sich jene, die Kunden über das Reichwerden mit der Kunstwährung Bitcoin belogen, offenbar jahrelang sicher.
Doch jetzt haben Internet-Fahnder aus Franken und Niedersachsen nach zweijähriger Spurensuche zugegriffen: Sie melden die Festnahme dreier Männer im Alter zwischen 24 und 33 Jahren, die jetzt in Untersuchungshaft auf ihre Auslieferung nach Deutschland warten.
Bitcoin-Geschäfte: Versprechen der wundersamen Geldvermehrung
Sie sollen tausende Investoren geprellt haben, die leichtgläubig den Versprechen von wundersamer Geldvermehrung auf den Leim gingen. Anwälte machen den Betrogenen nur sehr vage Hoffnung, dass sie auch nur einen Teil des verlorenen Geldes wiedersehen.
Nino Goldbeck, Sprecher der Sonderfahnder der Zentralstelle Cybercrime (ZCBB) in Bamberg, kann auf Anhieb aus der langen Liste der Betrogenen auch Opfer aus Unterfranken nennen. Eine Frau aus Aschaffenburg zum Beispiel habe "2020 mehr als 30.000 Euro investiert".
56-Jährige aus Würzburg träumte von sorgenfreiem Leben
Typisch ist der Fall einer 56-jährigen Würzburgerin. Im Gespräch mit der Redaktion räumt die Pflegefachkraft ein, die mit ihrem Gehalt gerade so über die Runden kommt, von Bitcoins und Aktien keinerlei Ahnung gehabt zu haben. Sie habe von einer finanziell sicheren Zukunft geträumt - als Rentnerin weit weg von Unterfranken, im warmen Thailand.
Als sie im Internet mit "Daxiron" Kontakt aufnahm, habe sich ein Finanzexperte umgehend bei ihr gemeldet. Er habe, gut geschult, von traumhaften Gewinnen beim Kauf von Bitcoins geschwärmt: Mit einem Investment würde sie so reich wie in der bekannten Fernseh-Show "Höhle der Löwen". Dafür könne man ruhig 250 Euro riskieren - oder auch 500 oder 5000 Euro. Die 56-Jährige vertraute - und zahlte und zahlte.
Betrogene zahlen noch jahrelang viel Lehrgeld
Als es ans Auszahlen ging, war der Finanzexperte plötzlich nicht mehr zu erreichen. Zwei Jahre und gut 20.000 Euro später ist die Würzburgerin hoch verschuldet. Sie zahlt teures Lehrgeld samt Zinsen für die Kredite, mit denen sie ihren Traum einer sorglosen frühen Rente genährt hatte.
Bei der Kripo in Würzburg oder Aschaffenburg können Ermittler reihenweise solche Fälle nennen. Bei Kollegen im niedersächsischen Göttingen laufen bundesweit die Informationen zusammen, auch aus Unterfranken.
Fall "Daxiron": Büros in Deutschland, in Schweden und auf Zypern durchsucht
Seit Herbst 2021 laufe die Ermittlungen im Fall "Daxicon". Gemeinsam mit Fahndern von Eurojust und Europol durchsuchten die Ermittler jetzt sechs Büros in Deutschland sowie weitere auf Zypern und in Schweden. Der in Göttingen zuständige Erste Staatsanwalt Mohamed Bou Sleiman betont gegenüber dieser Redaktion: "Die Anleger werden dabei darüber getäuscht, dass die investierten Beträge tatsächlich nicht gewinnbringend angelegt und auf Wunsch nebst den erzielten Gewinnen ausgezahlt werden."
"Daxiron" bot über seine Webseite "Zugang zu den weltgrößten Finanzmärkten" und versprach, "das Trading mit diversen Assets" zu ermöglichen - also mit Aktien, Rohstoffen, Indizes oder Währungspaaren. Das Angebot "eignet sich sowohl für Anfänger als auch für professionelle Trader", versicherte die Finanzplattform.
Finanz-Betrug in Millionenhöhe: Kunden verschiedener Plattformen betroffen
Alles leere Versprechen, weiß die deutsche Finanzaufsicht. Alleine über die Plattform Daxiron sei es zu einem Schaden in Höhe von 3,3 Millionen Euro gekommen, "wobei davon auszugehen ist, dass der tatsächlich durch diese Plattformen verursachte Schaden um ein Vielfaches höher liegt", sagt der Sprecher der Göttinger Staatsanwaltschaft. Betroffen seien auch Kunden der Plattformen "Blue-Lable", "i-Banners", "AllCinvest" und "Greenlinepro".
Enrico Ball von der Polizei Unterfranken berichtete zuletzt von einer Betrogenen aus Würzburg, die es besonders hart traf. Sie habe nicht nur ihr eigenes Vermögen eingesetzt, "sondern lieh sich auch hohe Geldsumme bei Freunden und Bekannten". Um das geliehene Geld zurückzahlen zu können, habe die Betroffene letztlich sogar ihr Haus verkaufen müssen.
Im aktuellen Fall warten die Ermittler jetzt auf die Auslieferung der Festgenommenen nach Deutschland.