Viele Vertriebene aus der Ukraine kommen derzeit mit dem Bus oder auch in Sonderzügen nach Würzburg, sind bereits registriert worden oder dann in den Erstaufnahmestellen der Stadt oder des Landkreises angemeldet. Immer wieder gibt es aber auch geflüchtete Menschen, die privat mit dem Zug in Würzburg ankommen. Was ist mit ihnen? Ein Passant, sein Name ist dieser Redaktion bekannt, hat am Bahnhof beobachtet, wie geflüchtete Menschen nach ihrer Ankunft umherirrten. Kein Wegweiser, keine Information, sei am Bahnhof auf den ersten Blick ersichtlich gewesen, berichtet er.
Es sei kein großer Zustrom an Flüchtlingen aus der Ukraine, die auf privatem Weg per Zug nach Würzburg kommen, heißt es von der Stadt Würzburg. "Momentan ist es so, dass die Stadt Würzburg niemanden hat, der 24 Stunden vor Ort am Bahnhof steht. Aber sämtliche Bahnbedienstete, die Bahnhofsmission und die Bundespolizei sind informiert, um hilfesuchenden ukrainischen Vertriebenen weiterzuhelfen", sagt der Pressesprecher der Stadt Würzburg, Christian Weiß. Bisher seien zudem viele Menschen hier angekommen, die Freunde oder Bekannte vor Ort haben, berichtet er weiter, "so dass diese ein bestimmtes Ziel hier hatten".
Bahnhofsmission beobachtet mehr ankommende Flüchtlinge
Dies bestätigt auch Johanna Anken, die bei der Bahnhofsmission arbeitet. Aber in den letzten Tagen hätten die Mitarbeitenden der Bahnhofsmission die Beobachtung gemacht, dass zahlenmäßig mehr Flüchtlinge ankämen und auch mehr Menschen darunter sind, die noch kein Dach über dem Kopf haben. "Tatsächlich ist es so, dass bei uns inzwischen fast täglich Geflüchtete ankommen, vor allem Frauen mit Kindern oder auch nur Frauen." Manche hätte Verwandte vor Ort, bei anderen aber sei es wichtig eine erste Versorgung herzustellen, erklärt Anken.
Häufig würden die Menschen in der Nacht mit einem der letzten Züge in Würzburg ankommen. So sei es auch in den vergangenen Tagen vorgekommen, dass Frauen und Kinder in der Bahnhofsmission Unterschlupf für die Nacht fanden. Manche reisten dann am nächsten Tag mit dem Zug weiter, "andere vermitteln wir am nächsten Morgen in die Kürnachtalhalle, wo sie sich registrieren können". Wie Christian Weiß bericht, würden die Geflüchteten vom Bahnhof abgeholt und in die Erstaufnahmeeinrichtung gebracht. "Keiner wird allein gelassen", bekräftigt er.
Ukrainische Kriegsflüchtlinge werden in der Bahnhofsmission am Würzburger Hauptbahnhof verpflegt
Bei den Menschen, die in der Bahnhofsmission eintreffen, gehe es erstmal um die unmittelbare Versorgung mit Essen und Getränken und, dass sie Bedürfnissen wie "auf die Toilette gehen" nachgehen können. Persönlich bewegten einen die Schicksale der Menschen natürlich, erzählt Anken weiter. "Wir versuchen so gut wie möglich eine Kommunikation zu ihnen aufzubauen und verfügen auch über Tablets mit einem Übersetzungsprogramm. Das funktioniert erstaunlich gut." Anken vermutet, dass es in der nächsten Zeit weiter zunehmen wird, dass Flüchtlinge auf privatem Weg am Bahnhof in Würzburg ankommen und bleiben. "Das ist die Beobachtung, die wir hier vor Ort machen."
Wie Sascha Jülka, Leiter Bahnhofservice Würzburg der Deutschen Bahn, berichtet, hängen an einigen Stellen in der Bahnhofshalle Infoblätter in ukrainischer Sprache, "hier können die geflüchteten Menschen den QR-Code einscannen und bekommen umfassende Informationen, an wen sie sich jetzt beispielsweise wenden können und wie es nun weitergeht". Seine bisherige Erfahrung ist, dass viele Geflüchtete auf der Durchreise in Würzburg sind.
Lösungsstrategien entwickeln und Hilfestellung geben
Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien umfassend instruiert, gäben Hilfestellung, wo diese gebraucht wird, zum Beispiel in puncto Reiseverbindungen. Auch der Kontakt zur Bahnhofsmission werde hergestellt, "zum Teil begleiten wir die geflüchteten Menschen dorthin". Mobile Übersetzer seien auf die Diensthandys gespielt worden, "damit die Kommunikation besser klappt", auch würden Übernachtungsrucksäcke bei Bedarf verteilt - mit verschiedenen nützlichen Utensilien darin. Jülka lobt die Zusammenarbeit mit der Stadt und der Bundespolizei: "Wir tauschen uns regelmäßig aus, arbeiten alle zusammen. Wenn jemand hier strandet, wird eine Lösung gefunden, hier muss keiner auf der Straße stehen."
Wie es von der Regierung von Unterfranken heißt, die für die Verteilung der Geflüchteten im Regierungsbezirk zuständig ist, seien für Notfälle auch Plätze im Hostel Babelfish Würzburg angemietet. Und: "Die Bundespolizei ist von uns instruiert, dass niemand am Bahnhof herumirren muss."
Gibt es am Würzburger Hauptbahnhof nicht genut Informationstafeln für ukrainische Kriegsvertriebene?
Den Vorwurf, dass es zu wenige, sofort ersichtliche Informationen für die Flüchtlinge am Bahnhof gebe, findet Johanna Anken von der Bahnhofsmission nicht gerechtfertigt. "Wir arbeiten Hand in Hand zusammen und jeder tut in der Krise sein Möglichstes, um allen gerecht zu werden." Man müsse aber auch klar sagen, dass Würzburg nicht Berlin oder München sei, "wo in jedem Zug Flüchtlinge ankommen". Und: Manches zeige eben erst die Praxis und "dann müssen Lösungsstrategien entwickelt werden".
Im nächsten Schritt, berichtet Pressesprecher Weiß, sollen am Bahnhof die großen Bildschirme in den Unterführungen, die zu den Gleisen führen, in Zusammenarbeit mit einer Agentur als Hinweisschilder genutzt werden - "zweisprachig und mit allen wichtigen Infos versehen". Gerade laufe noch die Abstimmung mit der Regierung von Unterfranken. Weiß berichtet, dass die tagesaktuellen Nachrichten - die neben verschiedener Werbung sonst auf den Bildschirmen laufen - von der Agentur herausgenommen wurden, "damit die Menschen nicht sofort bei Ankunft am Bahnhof wieder mit dem Ukraine-Krieg konfrontiert sind".
Gibt es genaue Zahlen, wie viele Vertriebene am Bahnhof ankommen?
Wie viele Flüchtlinge genau am Tag per Zug nach Würzburg kommen, lässt sich laut Weiß nur schwer einschätzen. Die Menschen, die privat anreisten, könnten das ja zunächst für 90 Tage auch ohne ein Visum tun. "Wir animieren zwar alle, sich registrieren zu lassen, auch wegen eventueller sozialer Leistungen, aber es ist keiner verpflichtet."
Auch die Bundespolizei kann keine genauen Zahlen nennen. Ein größerer Zustrom jedenfalls sei noch nicht beobachtet worden. Eine Frau, die in der Bahnhofshalle arbeitet, spricht von "zwischen fünf bis zu 50 Flüchtlingen täglich". Wie viele es auch derzeit sind, eines ist klar: "Falls der Zustrom an geflüchtetem Menschen am Bahnhof größer werden sollte, handeln wir der Lage entsprechend", sichert der städtische Pressesprecher zu.