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Würzburg
Angespannte Lage auf den Intensivstationen: So planen die Kliniken derzeit in Unterfranken
In Bayern steigen die Corona-Zahlen, die Intensivbetten werden knapp. Doch was passiert, wenn die Stationen zu 100 Prozent belegt sind? Der Würzburger Notfallmediziner Matthias Held beantwortet die wichtigsten Fragen.
Auch in Unterfranken sind die Intensivstationen durch die Corona-Pandemie zusätzlich stark belastet. Das Bild zeigt die Intensivstation des Würzburger Juliusspitals Anfang des Jahres.
Foto: ArchivJohannes Kiefer | Auch in Unterfranken sind die Intensivstationen durch die Corona-Pandemie zusätzlich stark belastet. Das Bild zeigt die Intensivstation des Würzburger Juliusspitals Anfang des Jahres.
Désirée Schneider
 |  aktualisiert: 08.02.2024 15:11 Uhr

Die Auslastung der Intensivstationen an bayerischen Kliniken ist alarmierend hoch. Laut Intensivregister sind aktuell rund 90 Prozent der Intensivbetten im Freistaat belegt - etwa jedes dritte davon mit einem oder einer Corona-Infizierten (Stand 23. November). Um besonders betroffene Kliniken zu entlasten, haben unterfränkische Krankenhäuser bereits Patientinnen und Patienten aus Südbayern aufgenommen. Doch auch in Unterfranken sind die Betten knapp. Was passiert, wenn Intensivstationen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen? Welche Möglichkeiten bleiben dann noch für die Behandlung von Notfällen? Dr. Matthias Held, Notfallmediziner und Ärztlicher Direktor am Klinikum Würzburg Mitte (KWM), erklärt, wie Intensivstationen planen.

Waren die Intensivstationen in der Region auch schon vor der Corona-Pandemie überlastet?

Grundsätzlich unterliege die Auslastung der Intensivstationen auch abseits von Corona immer einer starken Dynamik, sagt Matthias Held. Gerade im Herbst und Winter sei die Bettennachfrage erfahrungsgemäß aufgrund vermehrter Infekt-Erkrankungen deutlich höher als im Sommer. "Durch diese Infektionen haben wir dann auch mehr vorerkrankte Patienten, die schwerer und kritisch krank werden können", sagt der Mediziner. Dies sei zum Beispiel im Winter und Frühjahr 2018 der Fall gewesen, als ein starker Anstieg der Influenza-Fälle die Kliniken in der Region stark forderte.

Matthias Held ist Ärztlicher Direktor des Klinikums Würzburg Mitte (KWM).
Foto: Thomas Obermeier | Matthias Held ist Ärztlicher Direktor des Klinikums Würzburg Mitte (KWM).

Das Problem sei jetzt aber, dass zu diesen weitgehend kalkulierbaren saisonalen Krankheitsfällen zusätzlich die verhältnismäßig behandlungsintensiven Patientinnen und Patienten mit schweren Corona-Verläufen hinzukämen. Für deren Behandlung bräuchte man deutlich mehr Personal, das jedoch nicht ohne Weiteres zur Verfügung stehe.

Bedeuten volle Intensivstationen, dass die Kliniken handlungsunfähig sind?

"100 Prozent Belegung heißt nicht, dass wir handlungsunfähig sind", sagt Held. Man müsse immer die tägliche Fluktuation auf der Intensivstation im Blick behalten. Etwa durch Patientinnen und Patienten, deren Therapiefortschritte eine Verlegung von der Intensiv- auf die Normalstation zuließen. Eine gewisse Plan- und Steuerbarkeit sei also durchaus vorhanden, sagt Held. Dies sei notwendig, um im Ernstfall Kapazitäten für Notfälle schaffen zu können. "Das ist die Aufgabe, die wir auch jenseits der Corona-Pandemie immer vor Augen haben müssen", sagt der Mediziner. "In der Intensivmedizin muss man immer in der Lage sein, unvorhergesehene Notfälle zu versorgen."

Sind die Maximalkapazitäten in Phasen hoher Belegung jedoch so gut wie ausgeschöpft, sei es auch abseits der Pandemie bereits gängige Praxis, vorsorglich die Verlegung stabilerer Patientinnen und Patienten von der Intensiv- auf die Normalstation zu planen, erklärt Held. "Das ist eine Priorisierung, die nichts mit der Triagierung über Leben und Tod zu tun hat und die letztlich jede Intensivstation mehrfach am Tag durchspielen muss." Triage bedeutet, dass Erkrankte nach Dringlichkeit und dem voraussichtlichen Behandlungserfolg eingeteilt werden. Das findet im Extremfall Anwendung, wenn die Ressourcen im Krankenhaus knapp werden, etwa wegen Personalmangel oder Überbelegung. 

Müssen Kliniken versuchen, Intensivbetten freizuhalten, um im Notfall Corona-Patientinnen und -Patienten behandeln zu können?

Am Donnerstag, 18. November, erließ die Regierung von Unterfranken eine Anordnung, wonach Kliniken nicht dringliche Behandlungen verschieben müssen. So könne man etwa Personal umschichten, die Intensivbetreuung verstärken und die Auslastung der Betten etwas reduzieren. Zusätzliches Personal von der Normal- auf die Intensivstation abzuordnen ist laut Held aber nicht ohne Weiteres möglich. "Jedoch kann man in Krisensituationen wie jetzt durchaus Personal aus der Anästhesie-Pflege, das normalerweise im OP arbeitet, auch in der Intensivmedizin einsetzen - was dann aber eben mit Einschränkungen im OP-Betrieb einhergeht."

Was passiert, wenn ein akuter Notfall eingeliefert wird, die Intensivstation jedoch voll ist?

Gerade in Zeiten hoher Auslastung sei man immer im Austausch mit anderen Kliniken in der Region über die tagesaktuellen Kapazitäten der Stationen, sagt Held. Für die Corona-Pandemie seien zudem sogenannte "Ärztliche Leiter Krankenhauskoordinierung" bestimmt worden. Diese hätten einen Überblick über regionale sowie überregionale freie Intensivbetten und könnten im Ernstfall die Aufnahme von Patientinnen und Patienten in anderen Häusern erfragen. 

Aktuell sei die Versorgung in der Region noch gewährleistet, meint Held. Niemand müsse sich sorgen, im Notfall nicht behandelt zu werden. Die Beanspruchung sei jedoch groß. "Stand jetzt glaube ich, dass wir handlungsfähig sind und noch Kapazitäten haben", sagt Held, "aber es ist etwas, was einen jeden Morgen mit einer gewissen Anspannung die Arbeit wiederaufnehmen lässt".

 
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