Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Monaten haben sich die Mitglieder der Sektion Würzburg des Deutschen Alpenvereins (DAV) kontrovers mit der Finanzlage des Vereins beschäftigt. Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung wurde nach knapp zweistündiger Diskussion der Haushaltsplan für 2019 mit großer Mehrheit verabschiedet. Nach einem Minus von gut 118 000 Euro im vergangenen Jahr rechnet der Vorstand auch 2019 mit einem Defizit von bis zu 103 000 Euro. Mit knapp 10 000 Mitgliedern ist die Sektion Würzburg einer der größten unterfränkischen Vereine.
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Ein kurzer Blick zurück: Anfang Mai hatten der Vorsitzende Martin Rainer und seine Vorstandskollegen bei der regulären Mitgliederversammlung ein unübersichtliches Zahlenwerk für den Jahresabschluss 2018 präsentiert. Nicht alle der damals anwesenden 106 Mitglieder konnten den Inhalt der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung nachvollziehen. Der Vorstand wurde nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit entlastet – ein gutes Drittel enthielt sich der Stimme.
Unter anderem gab es Unstimmigkeiten wegen eines Betrags von rund 160 000 Euro, der dem Beirat des Vereins bei einer Sitzung Anfang April als Sammelposten "variable Kosten" präsentiert worden war. In der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung bei der Mitgliederversammlung kam diese Summe dann nicht mehr vor, weil die einzelnen Posten gesondert dargestellt wurden.
Geschäftsführerin hat gekündigt
Dieser für einige Mitglieder verwirrende Sachverhalt konnte inzwischen von der ehemaligen Geschäftsführerin Christina Racke-Nestler aufgeklärt werden, die das Defizit im Jahresabschluss 2018 im Detail erläuterte. Künftig sollen in Beiratssitzungen des Vereins keine Sammelposten mehr dargestellt werden, um ähnliche Missverständnisse zu vermeiden. Die Geschäftsführerin hat inzwischen gekündigt und Anfang Juli einen neuen Job angetreten. Ihre Stelle wird nicht neu besetzt, stattdessen sucht der Verein jetzt einen Assistenten oder eine Assistentin für den Vorstand.
Auch 2019 wird der Verein aller Voraussicht nach rote Zahlen schreiben, obwohl sich die Zahl seiner Mitglieder seit der Eröffnung des Kletterzentrums vor zehn Jahren von 6000 auf knapp 10 000 gesteigert hat. Die Einnahmen-Ausgaben-Planung des Vorstands für das laufende Jahr sieht ein Minus von rund 103 000 Euro vor. "Wir haben die Zahlen von 2018 als Grundlage genommen", sagte Hüttenreferent Kurt Markert, der die Zahlen mit dem Steuerberater der Sektion analysiert und bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung präsentiert hat.
103 000 Euro Verlust für 2019 als "Worst-Case-Szenario"
Das berechnete Minus-Ergebnis sei "ein Worst-Case-Szenario, dieser Verlust ist nicht gesetzt. Wir haben eine sehr konservative Haushaltsplanung gemacht und werden höchstwahrscheinlich besser abschneiden", betonte der Vorsitzende Martin Rainer. Ein Defizit müsste aus der Rücklage des Vereins ausgeglichen werden, die dadurch im ungünstigsten Fall von aktuell knapp 480 000 Euro auf 377 000 Euro schrumpfen würde. Die Kassenlage der Sektion ist deshalb so gut, weil die Mitglieder vor zwei Jahren eine Sonderumlage in Höhe des Mitgliedsbeitrags bezahlt haben. 460 000 Eur0 kamen zusammen, mit denen die Sektion in den kommenden Jahren die Darlehen und Zinsen für die Investitionen aus der Vergangenheit bezahlen will.
Den mit rund 87 000 Euro größten Verlust fährt wohl auch in diesem Jahr die Kletterhalle ein, die der Verein inzwischen seit einem guten Jahr selbst betreibt. Die kalkulierten Einnahmen durch Eintritte, Kursgebühren und den Bistrobetrieb genügen nicht, um die anfallenden Betriebskosten sowie Tilgung und Zinsen des Darlehens auszugleichen.
Kletterzentrum fährt ein Minus von 87 000 Euro ein
Die Attraktivität der Halle mit ihren rund 90 Kletterrouten wurde von den Mitgliedern kontrovers mit dem Vorstand diskutiert. Unter anderem wurde Kritik daran geäußert, dass die Routen im Kletterzentrum nicht häufig genug "neu geschraubt", also geändert und damit attraktiv gehalten werden. Das ist eine Frage der Kosten: "Ein guter Routenschrauber bekommt einen Tagessatz von 120 bis 150 Euro und schafft maximal drei Routen am Tag", so Vorstandmitglied Roland Zschorn.
"Damit steht und fällt die Attraktivität der Halle. Es macht keinen Sinn, an dieser Stelle zu sparen", hielt ihm der ehemalige Vereinsvorsitzende Karlheinz Lang entgegen. Er kritisierte die "vielen roten Positionen" im Haushalt und forderte einen detaillierten Finanzierungsplan für die kommenden Jahre. "Ihr müsst an diesen Stellen weg von Rot und in die Nähe von Grün kommen. Wir waren damals konsequent und haben Dinge abgewiesen, die wir uns nicht leisten konnten", redete er seinen Nachfolgern im Vorstand ins Gewissen.
Wird die Falteshütte bei Karlstadt geschlossen?
Viel Geld kosten auch die drei Hütten des Vereins, bei denen immer wieder Reparaturen und Sanierungen durchgeführt werden müssen. Während bei der Vernagthütte im Ötztal mit einer schwarzen Null kalkuliert wird, steht bei der Zillertaler Edelhütte für 2019 ein Verlust in Höhe von rund 22 000 Euro im Haushaltsplan. Auch die "Falteshütte" bei Karlstadt (Lkr. Main-Spessart), bei der Investitionen anstehen, belastet den Etat.
"Die Falteshütte gehört weg. Und der Wirt der Edelhütte muss an uns eine Umsatzbeteiligung bezahlen", forderte deshalb Roland Zschorn. Mit diesem Vorschlag wollen sich Vorstand und Beirat in einer Arbeitsgruppe bis zur Mitgliederversammlung im kommenden Jahr befassen.
Spätestens dann soll auch die seit längerem vakante Position des Schatzmeisters wieder besetzt werden. Bislang war die Suche des Vorstands erfolglos geblieben. Weder in der regulären noch in der außerordentlichen Mitgliederversammlung wollte sich ein Mitglied zur Wahl stellen. Jüngst habe sich eine Interessentin gemeldet, die sich dem Vorstand bald vorstellen werde, teilte Martin Rainer mit, ohne einen Namen zu nennen. Sie könnte als kommissarische Schatzmeisterin eingesetzt und dann von der Mitgliederversammlung im kommenden Jahr offiziell ins Amt gewählt werden.