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Würzburg
Affäre um Ärzte an Uniklinik Würzburg: Neue Unterlagen für Staatsanwalt und Einigung hinter verschlossener Tür?
Entscheidende Wochen im Fall der beiden entlassenen Mediziner: Der Streit um die Kündigungen könnte bald beigelegt sein. Derweil warten die Ermittler auf zwei Gutachten.
Der arbeitsrechtliche Streit zwischen zwei entlassenen Medizinern und der Uniklinik Würzburg findet zunehmend hinter verschlossenen Türen statt.
Foto: Getty Images/Montage: D. Biscan | Der arbeitsrechtliche Streit zwischen zwei entlassenen Medizinern und der Uniklinik Würzburg findet zunehmend hinter verschlossenen Türen statt.
Andreas Jungbauer
,  Benjamin Stahl
,  Manfred Schweidler
 und  Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 20.04.2025 02:31 Uhr

Im Fall der beiden vor mehr als einem Jahr gekündigten Ärzte am Uniklinikum Würzburg (UKW) stehen erste Entscheidungen an. So befinden sich die arbeitsrechtlichen Verfahren der leitenden Ärztin und ihres Vorgesetzten möglicherweise auf der Zielgeraden. Und auch die strafrechtlichen Ermittlungen könnten bald einen wichtigen Schritt vorankommen. Das ist der aktuelle Stand:

Um was geht es in dem Streit zwischen der zwei Ärzte und der Uniklinik Würzburg?

Im Februar 2024 wurden zwei leitende Mediziner der Uniklinik fristlos entlassen, seitdem wehren sich die Ärztin und ihr Vorgesetzter rechtlich dagegen - mittlerweile vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg. Der Ärztin wird eine Kompetenzüberschreitung vorgeworfen: Sie soll einer Notfall-Patientin vor einem Eingriff eigenhändig ein Blutdruckmittel gespritzt haben, obwohl dafür ausschließlich der beteiligte Anästhesist zuständig gewesen sein soll. Die OP endete tödlich. Ihr Vorgesetzter soll die falsche Ausstellung des Totenscheins veranlasst haben. Beide bestreiten jegliches Fehlverhalten.

Parallel laufen strafrechtliche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Würzburg gegen beide Mediziner wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, fahrlässigen Körperverletzung und gefährlichen Körperverletzung sowie der möglichen Beihilfe dazu. Auch hier weisen die Ärzte alle Vorwürfe zurück, für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Wie ist der Stand der arbeitsrechtlichen Verfahren?

Die Klagen gegen die fristlosen Kündigungen lagen zuletzt beim Landesarbeitsgericht (LAG) in Nürnberg. Im Fall der leitenden Ärztin fand bereits eine Berufungsverhandlung statt, ein Urteil wurde nicht verkündet. Die Parteien sollten erst noch Gelegenheit haben, eine außergerichtliche Einigung zu finden.

Nachdem diese nicht zustande kam, haben sich Klägerin und Uniklinik nach Main-Post-Informationen offenbar auf die Durchführung eines sogenannten Güterichterverfahrens geeinigt. Ein solches läuft derzeit auch im Fall ihres Vorgesetzten. Auch bei ihm könnte es nach mehr als einjähriger Auseinandersetzung also zu einer gütlichen Einigung kommen. Eine solche beinhaltet üblicherweise eine finanzielle Abfindung. Zumindest die Verfahren vor dem Arbeitsgericht wären dann erledigt.

Wie verhalten sich die Beteiligten vor dem Arbeitsgericht?

Eine Anfrage der Redaktion, ob sie nun eine Einigung im Güterichterverfahren am LAG Nürnberg anstreben, ließen die Anwälte beider Mediziner unbeantwortet. Auch die Uniklinik will sich aus Gründen des Persönlichkeits- und Datenschutzes weiterhin nicht zu den Streitsachen äußern. So ist offen, ob sich die Parteien auf eine gütliche Einigung im Streit um die Kündigungen einlassen – kurz bevor die medizinischen Gutachten zu den strafrechtlichen Ermittlungen vorliegen sollen.

Für die Uniklinik könnte ein mögliches Motiv für eine Einigung sein, die betroffene Abteilung zu beruhigen und Rechtssicherheit herzustellen. Für die gekündigten Ärzte könnten die lange Dauer und die Kosten der Verfahren eine Rolle spielen. Darauf hatte bereits im Februar der Anwalt des leitenden Mediziners hingewiesen.

Was ist das Besondere an einem Güterichterverfahren?

Bei einem Güterichterverfahren geht es darum, dass zwei Konfliktparteien selbst eine Lösung für ihren Rechtsstreit finden – mithilfe eines Güterichters. Güterichter entscheiden den Rechtsstreit nicht, sondern unterstützen die Streitenden bei der Suche nach einem Konsens, heißt es beim bayerischen Justizministerium. Genutzt würden dabei "moderne Methoden der Konfliktbeilegung, insbesondere auch die Mediation".

Ein Güterichterverfahren findet nach Ministeriumsangaben nicht im Gerichtssaal, sondern am Runden Tisch statt. Voraussetzung sei, dass in einem Rechtsstreit bereits eine Klage bei Gericht eingegangen ist. "Ziel ist eine Win-win-Situation für alle Beteiligten." Das gelinge in etwa zwei von drei Fällen. Ein Güterichterverfahren ist nichtöffentlich und vertraulich. Es fallen keine zusätzlichen Gerichtskosten an.

Wie läuft ein Güterichterverfahren ab?

Grundsätzlich gilt: Ein Güterichterverfahren ist freiwillig. Nur wenn alle Parteien einverstanden seien, würden die zuständigen Richter ein Verfahren an die Güterichter übergeben, heißt es aus dem Justizministerium. Aufgabe der Güterichter ist es, die Parteien bei der Suche nach einer einvernehmlichen Lösung zu unterstützen. Sie sind dafür speziell ausgebildet.

Dabei bleibt der Inhalt der Gespräche streng vertraulich. Solange ein Güterichterverfahren läuft, wird im Gerichtsverfahren abgewartet. Bei einer Einigung endet der Rechtsstreit. Wird keine Lösung gefunden, wird das Gerichtsverfahren fortgesetzt. Hierbei dürfen Informationen aus dem Güterichterverfahren nicht verwendet werden.

Wie ist der aktuelle Stand der strafrechtlichen Ermittlungen?

Die Staatsanwaltschaft Würzburg ermittelt wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, fahrlässigen Körperverletzung und gefährlichen Körperverletzung sowie der möglichen Beihilfe dazu. Die Mediziner weisen alle Vorwürfe zurück. Im März 2024 hatte die Polizei an der Würzburger Uniklinik Unterlagen beschlagnahmt, darunter Patientenakten. Erst kürzlich seien aber "noch weitere Dokumente vorgelegt" worden, heißt es auf Anfrage bei der Staatsanwaltschaft. "Offenbar", so ein Sprecher, habe "der Gutachter noch ergänzende Unterlagen haben" wollen.

Die Staatsanwaltschaft hatte im Oktober 2024 einen Sachverständigen mit der Prüfung von mutmaßlich fehlerhaften OPs beauftragt, an denen die beiden Mediziner beteiligt gewesen sein sollen. Ursprünglich war von 22 Einzelgutachten die Rede – ein Gutachten für jeden Fall, der auf einer anonymen Liste auftaucht, die Anfang 2024 an die Polizei geschickt worden war.

Nun heißt es, der Gutachter sei zunächst nur beauftragt worden, die beiden Eingriffe zu untersuchen, bei denen Patienten gestorben sind. "Erst in einem zweiten Schritt sollen - nach Absprache im Einzelfall - andere Fälle gutachterlich überprüft werden", so der Sprecher der Staatsanwaltschaft.

Die Gutachten sollen Ende Mai vorliegen. Aus dem Polizeipräsidium Unterfranken hieß es, sie seien "richtungsweisend für die weiteren Ermittlungen".

 
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  • Alfred Neumann
    Ich will Ihnen nur sagen Herr Deeg, dass Ihre Gedankengänge nur für einen klitzekleinen Menschenkreis nachvollziehbar sind.

    "Was soll der Hinweis auf "Verschwörung" und "Nationalitäten" - haben Sie schlecht geträumt?"
    Die "deutschen Operationssäle" haben Sie eingeworfen, nicht ich.
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  • Günter Lutz
    Leider verstößt der Kommentar gegen die Kommentarregeln auf mainpost.de. Wir haben den Kommentar deshalb gesperrt.
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  • Benjamin Stahl
    Lieber Leserinnen und Leser,
    zur Klarstellung hier: Auf Anweisung des Anästhesisten ist es möglich, dass auch jemand anderes etwas spritzt. Das passiert aber wohl nur in Ausnahmefällen, wie unsere Recherchen ergaben. Im konkreten Fall kamen die Arbeitsgerichte bislang zu der Auffassung, dass es eben keine Aufforderung des Anästhesisten gab.
    Ihre Anregung, Herr Deeg, einmal zu erklären, wer eigentlich für was im OP zuständig ist, nehmen wir gerne auf!
    Viele Grüße aus der Redaktion,
    Benjamin Stahl
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  • Martin Deeg
    Danke für die Klarstellung.
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  • Alfred Neumann
    "...."Sie soll einer Notfall-Patientin vor einem Eingriff eigenhändig ein Blutdruckmittel gespritzt haben, obwohl dafür ausschließlich der beteiligte Anästhesist zuständig gewesen sein soll."....
    ...
    ...."Anästhesist und Pflegekraft sind im Moment des Alarms mit anderen Maßnahmen beschäftigt. "...."
    Für klar denkende Menschen ist da kein Widerspruch erkennbar.

    "Es muss doch mal möglich sein abzuklären ob es gängige Praxis ist, ..."
    Es geht nicht um "gängige Praxis", sondern es geht um Vorschriften, die Handlungsbereiche klar definieren. Im konkreten Fall herrscht Uneinigkeit, ob eine Anweisung nach den Vorschriften erteilt wurde oder nicht.

    Keine Verschwörung der Obrigkeit, auch wenn das in Ihrer Welt nicht vorzukommen scheint.

    Und Nationalitäten sind in OP-Säalen nicht relevant, denn da geht es um Menschenleben.
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  • Martin Deeg
    Sind Sie OP-Arzt? Oder was genau wollen Sie mitteilen, Herr Neumann?

    Was soll der Hinweis auf "Verschwörung" und "Nationalitäten" - haben Sie schlecht geträumt?
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  • Martin Deeg
    ...."Sie soll einer Notfall-Patientin vor einem Eingriff eigenhändig ein Blutdruckmittel gespritzt haben, obwohl dafür ausschließlich der beteiligte Anästhesist zuständig gewesen sein soll."....

    In vorherigem Artikel heißt es dazu:

    ...."Anästhesist und Pflegekraft sind im Moment des Alarms mit anderen Maßnahmen beschäftigt. "....

    Es muss doch mal möglich sein abzuklären ob es gängige Praxis ist, dass - auf Anweisung des Anästhesisten und bei anderweitiger "Beschäftigung" von diesem - im akuten Fall auch die leitende OP-Ärztin "eigenhändig" eine Injektion vornimmt?

    Wie läuft das in deutschen Operationssälen?
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