
Lydia Riedel will eigentlich nicht, dass über sie geschrieben wird. Eine Mitarbeiterin der Redaktion ist zufällig an ihrem Garten vorbei, mit ihr ins Gespräch gekommen und war beeindruckt. Doch Lydia Riedel meint, dass das Versorgen ihres 800 Quadratmeter großen Gartens nichts besonderes sei. Ebenso wenig, dass sie tapfer gegen die extreme Dürre ankämpft und seit drei Monaten jeden Morgen ab 7 Uhr bis zu zwei Stunden lang zehn Kilo schwere Gießkannen schleppt. "Muss ja gemacht werden", sagt die Leinacherin. 87 Jahre ist Lydia Riedl alt.

Lieber zeigt die Gärtnerin ihre Beete, in denen ordentlich aufgereiht Wirsingpflänzchen und Mangold und dahinter Zucchini und Paprika wachsen. "Die sind in der Hitze verbrannt", erklärt Lydia Riedel die runzeligen Stellen der grünen Schoten. Auch die Stangenbohnen werden trotz reichlich Wasser heuer nichts. Deshalb hat sie jetzt nochmal Buschbohnen nachgesät. "Aber Tomaten und Gurken wachsen trotz der Trockenheit dagegen erstaunlich gut." Die 87-Jährige präsentiert einen Korb des roten und grünen Gemüses, das sie täglich erntet.
Auch Brombeeren muss sie heute noch pflücken, die Weinbergpfirsiche brauchen noch ein bisschen, bis sie reif sind. Neun Sorten Obst wachsen in ihrem Garten hinter dem Spielplatz im Hirschtal. Was macht die alleinlebende Leinacherin mit der ganzen Ernte? "Die Beeren verarbeite ich zu Saft." Außerdem verteilt sie Obst und Gemüse an ihre vier Kinder. Das Gärtnern hat sie im Blut, sie stammt aus einer Familie, die sich selbst versorgt hat.
Wenn man die drahtige 87-Jährige durch den Garten sausen sieht, fragt man sich, ob sie ihr Alter wohl gar nicht spürt. "Ach, natürlich zwickt es mich hier und da, wenn ich morgens aus dem Bett aufstehe", sagt Lydia Riedel. "Aber im Garten vergess' ich das."

Sie würde auch langsamer machen als früher. Während sie noch vor einigen Jahren ganze Tage im Garten verbracht hat und dann über die lange Treppe in ihre Wohnung im oberen Ortsteil Leinachs gelaufen ist, lässt sie sich heute um die Mittagszeit von ihrer Tochter oder dem Sohn nach Hause fahren. "In der Hitze muss man täglich wässern", sagt Lydia Riedel auf die Frage, ob sie auch mal einen Tag nicht in den Garten kommt. Urlaub im Sommer? "Den habe ich hier."
Das Wasser kommt aus dem eigenen Brunnen
"Der Garten ist ihr Lebenselexier", sagt Sohn Thomas Anetsberger. Er pumpt täglich rund 1500 Liter Wasser aus dem Gartenbrunnen in mehrere Tonnen, aus denen seine Mutter dann mit der Gießkanne schöpft. "Aus der Kanne kommt das Wasser besser an die Wurzeln und schwemmt den Boden nicht so auf, wie mit dem Schlauch. Aber wenn wir das Wasser nicht pumpen könnten, ginge es gar nicht", meint Lydia Riedelsberg. Aber jetzt müsse sie weiter machen: Noch die Zwiebeln gießen und dann hacken. "Alle zwei Tage wird aufgebrochen, sonst dringt das Wasser nicht mehr in die Erde." Zum Abschied sagt die 87-Jährige: "Kommen Sie im Frühjahr wieder, da blüht alles wunderschön."