Es gibt nur noch wenige von ihnen und sie werden von Jahr zu Jahr weniger: Zeitzeugen, die die Zerstörung Würzburgs durch britische Bombenflugzeuge am 16. März 1945 persönlich miterlebt haben. Gleichzeitig wird die zeitliche Distanz zu diesem dramatischsten Einschnitt in der Würzburger Stadtgeschichte immer größer. Und nicht nur das: Heute ist der historische Blick auf den 16.März ein anderer als noch vor 30 Jahren. Denn inzwischen ist es allgemeiner Konsens, dass die Bomben, die auf Würzburg gefallen sind, die Stadt nicht zufällig zerstörten, sondern Ursachen hatten: Hass, Hetze, Rassismus und Antisemitismus im Dritten Reich. Dies alles führt dazu, dass der 16. März heute ein anderer Gedenk- und Erinnerunstag ist, als er dies in der Vergangenheit war. Und es sind auch aktuelle Ereignisse, die dem 16. März eine zusätzliche Dimension geben.
Terror der Wehrmacht rächte sich am 16. März
Das stellten Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Kulturreferent Achim Könneke in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen, als sie das Programm für den Gedenktag in diesem Jahr vorstellten, in dem sich die Zerstörung Würzburgs kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs zum 75. Mal jährt. Schuchardt betonte, dass man das für Würzburg bis heute traumatische Ereignis in direktem kausalem Zusammenhang mit dem Jahr 1933 (Machtergreifung Hitlers) und dem Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 sehen müsse. Mit ihren Luftangriffen auf Guernica (1936) und Coventry (1940) habe die deutsche Wehrmacht Terror in die Zivilbevölkerung anderer Länder getragen. Die Zerstörung Würzburgs mehrere Jahre später sei eine direkte Folge dieser Angriffe gewesen.
Erinnerung darf kein leeres Ritual sein
Wie Schuchardt betonte auch Kulturreferent Könneke die Bedeutung von Erinnerungskultur in der heutigen Zeit. Sie dürfe heute nicht mehr nur "städtisch ritualisiert" sein, sondern müsse unterschiedliche Akteure einbeziehen und auch verschiedene Aspekte berücksichtigen. Dies treffe für die Erinnerung an den 16. März zu, so Könneke, denn das Veranstaltungsprogramm biete ein sehr breites Spektrum an Inhalten und Akteuren.
Besonderen Wert legten Kulturreferent und OB aber darauf, dass "in Zeiten von Hetzte, Rassismus und Antisemitismus" deutlich gemacht werden müsse, dass genau dies die Zerstörung Würzburgs als Konsequenz gehabt habe, so der Kulturreferent. "Die Anfänge sind längst wieder da", mahnte Könneke. Deshalb dürfe die Erinnerung an den 16. März 1945 "kein leeres Ritual" sein. Könneke: "Die Qualität der Erinnerungskultur zeigt sich daran, was sie für das Handeln heute bedeutet".
Junge Menschen für den 16. März sensibilisieren
Das Programm für die Erinnerungs- und Gedenkveranstaltungen zum 16. März steht in diesem Jahr unter dem Motto "Auf den Gräbern steckten Stabbrandbomben wie Fackeln in der Erde", ein Zitat aus dem Buch "Als Feuer vom Himmel fiel". Zur Erklärung: Würzburg wurde am 16. März 1945 zunächst mit schweren Sprengbomben und Luftminen angegriffen, die Dächer und Fenster der Häuser zerstörten. Danach luden die Bomber etwa 300 000 Stabbrandbomben ab, die die gesamte Innenstadt binnen kürzester Zeit in ein einziges Feuermeer verwandelten, aus dem es kein Entrinnen mehr gab.
Eines der Hauptanliegen bei den Gedenkveranstaltungen in diesem Jahr ist es, auch junge Menschen für das Thema 16. März zu sensibilisieren. So wird in diesem Jahr eine Klasse der Gustav-Walle-Schule eine Performance gestalten. Außerdem wird die Dokumentarfilmgruppe einer Schule aus Rothenburg ob der Tauber einen Film zeigen.
Ausstellung der Geschichtswerkstatt
Bereits seit einigen Tagen ist im Foyer des Rathauses die alljährlich zum 16. März stattfindende Fotoausstellung der Geschichtswerkstatt zu sehen. Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto "Chronologie der Zerstörung Würzburgs im Zweiten Weltkrieg" und dauert noch bis zum 27. März. Sie kann während der Öffnungszeiten des Rathauses von Montag bis Freitag besichtigt werden.
Zur Ausstellung sind zwei neue Broschüren erschienen. Die eine zeigt zahlreiche Bilder und Plakate aus der Ausstellung auf 100 Seiten, die zweite beinhaltet Erinnerungen von Helmut Försch aus der Zeit von 1945 bis 1950. Außerdem hat die Geschichtswerkstatt zum 75. Jahrestag des 16. März eine halbstündige DVD veröffentlicht, die die Chronologie der Luftangriffe in Bildern zeigt.
Veranstaltungen am 16. März
9 Uhr: Ökumenischer Gottesdienst im Dom mit Bischof Franz Jung und Gästen: Bischof Tomas Holub (Pilsen, Tschechien), Lord Bishop Christopher Cocksworth (Coventry) und Regionalbischöfin Gisela Bornowski (Ansbach-Würzburg).
10 Uhr: Film und Diskussion "Und der Frieden war schon so nah" – Eine deutsche Dorfgeschichte im Dritten Reich. Ein Film der Dokumentarfilmgruppe der Oskar v. Miller-Realschule Rothenburg o.d.T. Veranstalter ist das Komitee Würzburger Friedenspreis, die Veranstaltung findet im Ratssaal des Rathauses statt.
10.30 Uhr: Totengedenken und Kranzniederlegung durch OB Christian Schuchardt an der Gedenkstätte 16. März 1945 am Hauptfriedhof:
10.50 Uhr: Die Ökumenische Nagelkreuzinitiative lädt ein zum "Weg der Versöhnung" der Ackermann-Gemeinde vom Hauptfriedhof zum Kilianeum.
14 Uhr: Empfang für die Trümmerfrauen im Wappensaal des Rathauses
14.30 Uhr: Verlegung einer Gedenkplatte durch die Stadt Würzburg und die Nagelkreuzinitiative am "Denkmal der Versöhnung" vor der Kirche St. Stephan
15 Uhr: Friedensgebet für Europa mit Gästen aus Coventry, Pilsen und Würzburg in St. Stephan
15.30 Uhr: Treffen von Zeitzeugen des 16. März 1945 im Wappensaal des Rathauses
17 Uhr: Performance "Wir erinnern" von Schülern der 10. Klasse der Gustav-Walle-Mittelschule mit Unterstützung des Projekts "Treibstoff.Kunst" in der Behr-Halle im Rathaus.
18 Uhr: Städtische Gedenkveranstaltung im Rathaus mit Vorstellung einer neuen Dokumentation des Stadtarchivs über die Toten des 16. März 1945. Außerdem gibt es Beiträge zum damaligen Geschehen mit dem Blick auf das Hier und Heute. Für diese Veranstaltung ist eine Anmeldung unter 16maerz@stadt.wuerzburg.de erforderlich.
19 bis 21.20 Uhr: Nacht der Friedenslichter in der Adolph-Kolping-Kapelle des Kolping-Centers Mainfranken: Offenes Kommen und Gehen. Von 21.20 bis 21.40 Uhr ist die Dachterrasse geöffnet, um von dort aus das Mahnläuten zu verfolgen.
19.30 Uhr: Gedenkkonzert im Dom. Auf dem Programm stehen "Ein deutsches Requiem" von Johannes Brahms sowie die Uraufführung von "Nachtkinder", ein Werk der Kompositionsklasse der Musikhochschule Würzburg. Mitwirkende sind Sarah Wegener (Sopran), Stefan Zenkl (Bariton), die Würzburger Domsingknaben, die Mädchenkantorei am Dom, Würzburger Domchor und Orchester Camerata. Kartenvorverkauf in der Tourist-Info im Falkenhaus sowie in der Dom-Info in der Domstraße 40.
20 Uhr: In den Kammerspielen des Mainfranken Theaters lesen Mitglieder des Schauspielensembles Texte zum 75. Jahrestag des Bombenangriffs. Karten gibt es für zehn und acht Euro.
Ab 21 Uhr: Lichtergedenken mit Kerzen in der Plattner-, Schönborn- und Domstraße. Jeder kann sich beteiligen
21.10 Uhr: Ökumenische Gedenkfeier der Ackermann-Gemeinde in St. Paul in Heidingsfeld mit anschließendem Zug zur St. Laurentiuskirche.
21.20 bis 21.40 Uhr: Mahnläuten aller Kirchenglocken Würzburgs.
22.15 Uhr bis Mitternacht: Stille und Gebet in der Marienkapelle am Markt.
Auch vor und nach dem 16. März finden weitere Gedenkveranstaltungen statt. Eine Übersicht über alle Veranstaltungen gibt es unter www.wuerzburg.de/16maerz
Das ist ja ekelerregend.
Was können wir daraus lernen? Am ehesten doch wohl: Die wenigen Deutschen im Widerstand haben viel riskiert und einen hohen Preis gezahlt. Doch noch viel, viel höher war der Preis, der zu zahlen war von einer schweigenden Mehrheit, von den vielen, die zu wenig riskiert haben.
Die Lehre aus der Bombennacht von Würzburg bleibt, dass man Hass, Ressentiment und Fanatismus niemals Raum zur Entfaltung geben darf.
Die Weltgemeinschaft hatte doch begriffen, dass Nazi-Deutschland einen Angriffs- und Vernichtungskrieg führt.
Der Bombenkrieg sollte die Deutschen in die Knie zwingen, damit der Krieg ein schnelles Ende findet. Diese Rechnung ist zwar nicht aufgegangen, aber was hilft´s?
Hätten die Alliierten sich deswegen zurückziehen sollen? Das war keine Option. Deutschland besiegen oder in 10 Jahren wieder Krieg vor der Haustüre.
"Man hat die Deutschen entweder zu Füßen oder an der Gurgel" So war das damals mit den Deutschen.
Heute sind wir *Gottseidank* einfach nur unsympathisch, wenn auch verlässlich. Na also.
Ebenso dürfte unstrittig sein, dass sich nur wenige Deutsche diesem verbrecherischen Unrechtsregime widersetzten. Viele davon haben es mit dem Leben bezahlt.
Noch viel, viel mehr Deutsche haben als Profiteure, Sympathisanten oder Mitläufer (und sei es aus Angst) oder auch als Verführte mit ihrem Leben bezahlt.
Und Nein: Ich will das Grauen, das Leid und den Terror bei der Zerstörung damit nicht relativieren. Die Eigendynamik eines Krieges ist im Nachhinein schlecht nachzuvollziehen.
Das ist ja ekelerregend.
sehen sich in der Pflicht, alles zu tun,
um für heute und in Zukunft zu verhindern,
dass eine Hass-Ideologie in unserer Gesellschaft erneut wirksam werden kann.
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Die Werte des Grundgesetzes und ihre klare Umsetzung sind eine Basis dafür.
Die Qualität der Sprache in unserem gesellschaftlichen Diskurs kann unser Amalgam sein - oder sie kann den öffentlichen Raum vergiften, spalten, Grenzen ziehen.
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„Ihr aber lernet, wie man sieht, statt stiert
Und handelt, statt zu reden noch und noch.
So was hätt' einmal fast die Welt regiert!
Die Völker wurden seiner Herr, jedoch
Dass keiner uns zu früh da triumphiert –
Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.“
B. Brecht, 1957
Arturo Ui, Epilog
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„Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligthum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng getheilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.“
F. Schiller, 1808
Luftmarschall Harris hatte die Genehmigung zur Flächenbombardierung ohne Restriktionen (Area Bombing Directive). Seine Absicht war, auf die Moral der deutschen Zivilbevölkerung zu zielen, indem man die Städte bombardiert. Man dachte, durch Bombardierung von Wohngebieten würde man den Kampfwillen brechen. Was sich allerdings als wenig erfolgreich erwies.
So gesehen war Würzburg nur ein weiteres Ziel auf deren Liste. Es wurde eben bis zur Kapitulation weitergebombt, auch wenn das Ende im März 1945 schon absehbar war.
Zum Glück war Deutschland schon so weit am Ende, sonst hätten vielleicht wir die ersten US Atombomben abbekommen, anstelle von Hiroshima und Nagasaki.
Nein. "Wer hat denn damals das deutsche Volk gefragt, ob es kapitulieren will? Das ist die große Frage. Natürlich weiß ich, dass Widerstand gegen die Nazis lebensgefährlich war. Aber das war es nicht von Anfang an. Dass die Nazis Verbrecher sind hat man ja schon vor der Machtergreifung wissen können. Da hätte man sie noch stoppen können. Aber die Weimarer Republik (damals schon am Zerbröseln und quasi regierungsunfähig) war eben nicht so akzeptiert wie ein starker Führer.
Tja! Iss halt die deutsche Tragik! Wollen halt immer Ordnung und Disziplin statt Larifari. Vertrauen in den starken Staat haben wir ja heute noch.
Ich würde sagen, Sie haben mich net so ganz verstanden. Naja, sei´s drum. Ist ja auch ein großes schwieriges Thema und es ist auch nicht einfach, sich immer präzise mit Worten auszudrücken, geschweige denn, alles darüber zu wissen und einzuordnen. Da erinnere ich mich dunkel an eine Radiopassage von vor ein paar Jahren, die mir im Gedächtnis geblieben ist, es wurde da ein Mann aus China gefragt (vermutlich ein Historiker, aber das habe ich nicht behalten), was er zur Französischen Revolution sagen könne und der sagte, es sei noch zu früh, sich darüber ein Urteil zu bilden. Das könnte mit dem 2 WK auch so sein. Die Emotionen, die dieses Thema auslöst, sind noch zu stark.
Klar scheint mir aber zu sein, dass gegenseitige Vorwürfe die Aussöhnung behindern. Es gab da einen Würzburger Stadtrat, der mich vor ein paar Jahren nervte, weil er im Gedenkraum für den 16. März im Grafeneckart den Bombenangriff auf Würzburg als Kriegsverbrechen der RAF beschrieben sehen wollte.
Ich hielt das stets für eine verhängnisvolle Schuldzuweisung, die die Spaltung befördern würde. Es ist vollkommen legitim, den Untergang des historischen Würzburgs und den Tod von 5000 Menschen im Gedächtnis zu behalten. Das werden auch Besucher aus England oder den USA begreifen. Daher bin ich auch zufrieden damit, dass das die offizielle Linie der Stadtleitung ist. Es ist für diejenigen, die diese Zeit nicht mehr aus persönlicher Erfahrung kennen, vielleicht auch leichter, diese Sicht der Dinge zu akzeptieren.